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Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Titel: Die Schwesternschaft des Schwertes - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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lehnte noch immer an der Mauer, im Schneidersitz, die Arme verschränkt, doch ihr Lächeln war verschwunden. »Wo ist dein Kollege?«, fauchte sie.
    Der Bursche zuckte ängstlich zusammen. Er war sich seiner plötzlich nicht mehr ganz sicher. Der Regen klatschte nun gegen die Wände der Gasse. Und Glynis machte gnadenlos weiter.

    »Du hast den Dienst ohne ihn angefangen, nicht wahr? Er kann wohl nicht arbeiten?«
    In seinen Augen zeigte sich allmählich Unsicherheit.
    »Er träumt ein wenig, was?« Ohne Warnung streckte sie einen Arm aus, packte den seinen und drehte ihn dem Jungen auf den Rücken. Der Bursche versuchte, die Bewegung abzublocken, aber Glynis hatte ihn an die Mauer gedrängt, bevor er auch nur wusste, was sie vorhatte.
    Ein leises Stöhnen entwich ihm, als er die Spitze ihres Dolches an seinem Hals spürte.
    »Was machst du jetzt, Bürschlein?« Sie konnte seine Angst riechen, die gegen ihre Sinne anstürmte. Tränen mischten sich auf ihrem Gesicht mit dem Regen. Glynis blinzelte sie wütend fort.
    »Ist dies nicht genau der Grund, aus dem man euch lehrt, nie allein hinauszugehen?«
    Er winselte und wehrte sich zaghaft gegen die ihn haltende Hand.
    »Ist es nicht so?« Glynis riss ihn von der Mauer zurück. Sie legte ihm den Arm um den Hals und senkte ihre Klinge. »Bei zweien wäre es nicht so einfach gewesen, nicht wahr?«, fragte sie. Ihre Stimme war vor Trauer belegt. »Indem du das Problem ignorierst, hilfst du deinem Kumpanen nicht.«
    Glynis schob den Dolch in die Scheide und trat zurück. Ihre Hand griff an den kleinen Riss an ihrem Ohrläppchen. »Er wird sich jetzt einen anderen Händler suchen müssen«, fügte sie leise hinzu.
    Sobald sie den Burschen losgelassen hatte, wirbelte er herum und zog sein Schwert. Erst dann bemerkte er die Leiche, die nur wenige Schritte entfernt am Boden lag. Er schaute Glynis an. Sein Schwert sackte herab.
    Die Frau zuckte die Achseln. »Er hat die Situation missverstanden.« Sie schenkte dem Jungen ein kurzes Grinsen, dann zuckte sie noch einmal die Achseln und ging davon.

    Über Mary Fenoglio und ›Erwachen‹
    Mary Fenoglio lebt in Texas und hat schon zwei Geschichten in meinen Anthologien veröffentlicht. In ihrer aktualisierten Biografie schreibt sie, sie sei zwar älter geworden, ›ob klüger, ist dagegen fraglich; aber ganz eindeutig grauer‹.
    Tja, werden wir das nicht alle? - älter, meine ich. Grauer zu werden ist nicht einfach, wenn man so blond ist wie ich. (Wenn ich also in einem Darkover-Buch sage, dass der alte Danvan Hastur nicht grau wirkt, weil er so blond ist, weiß ich, wovon ich spreche -
    aus persönlicher Erfahrung.) - MZB

    Erwachen
    von Mary Fenoglio
    Am Morgengrauen am Tag ihrer Eheschließung ritt Linzel zum letzten Mal allein aus. Nun, da sie kurz davor stand, alles aufzugeben, empfand sie die Dinge mit besonderer Intensität: den Geruch der nachtfeuchten Wiese, den satten Duft des Laubes, den die Hufe aufwirbelten, den Gesang der erwachenden Vögel, das Gefühl des zuverlässigen Pferdes, auf dem sie saß. So konnte sie vergessen, dass die Zeit verging, und nur ihre Erkenntnis, dass das Pferd ermüdete, würde sie wieder nach Hause bringen.
    Heute zögerte sie den Rückweg besonders lange hinaus, aber da sie um die Aufregung ihrer Mutter wusste, verlief der Ausritt wesentlich kürzer als üblich. Als sie in den Stallhof kam, sah sie, dass die Zofe ihrer Mutter sie bereits erwartete. Die junge Frau hatte die Arme in die Seiten gestemmt, und ihr Gesicht war vor Verzweiflung ganz zerfurcht. Als Linzel absaß, ergriff sie ihre Herrin an der Hand, zog sie zum Haus und schimpfte sie aus. Linzel seufzte und warf einen sehnsuchtsvollen Blick zu ihrem Pferd zurück, das gerade weggeführt wurde.
    »Selbst am Tag Eurer Hochzeit muss man Euch von einem Pferd herunterziehen und ins Haus jagen!«, sagte die Frau tadelnd. »Eure Mutter ist aufgeregt, und wer weiß, was Euer zukünftiger Ehemann nun denkt!«
    Wen kümmert es?, dachte Linzel rebellisch. Ich habe nicht um diese Heirat gebeten. Mir ist es bisher ganz gut gegangen. Mahlon ne Royhann mag ja eine großartige Partie sein, wie Mutter zu sagen beliebt, und vielleicht lässt es sich in Rihannon wunderbar leben, aber ich habe mir weder ihn noch seinen Besitz ausgesucht.
    Natürlich sprach sie ihre Gedanken in diesem Moment nicht aus, ebenso wenig während der langwierigen Vorbereitungen für die große Feier. Und schon mal gar nicht, als die endlose Zeremonie ablief. Sie lächelte

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