Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
zu erklären, dass sie keine Bergführerin war - am Betteln und Schluchzen der Fremden änderte sich nichts.
Was soll ich nur tun? dachte Jenna. Diesmal hinterließ ihr Stirnrunzeln tiefe Falten zwischen ihren braunen Augen. Ich kann der armen Frau sagen, dass die Führerinnen fort sind und ihr die Tür vor der Nase zuschlagen - oder ihr allein helfen.
Sie seufzte und spürte, dass es ihr vor Angst kalt den Rücken hinablief. Dennoch sattelte sie das kleine Pony und packte Verbandszeug, Wasser und ein Seil ein. Dann griff sie noch einmal nach ihrem Messer, um sich zu vergewissern, dass es am Gürtel hing.
Sie schwang sich auf das kleine Reittier und schaute die Mutter noch einmal an. »Ich werde tun, was in meiner Macht steht.« Mehr konnte sie nicht sagen.
Es war zwar Frühling, aber ein Hauch von Winterkälte schien noch in der Luft zu liegen. In den Hügeln, die dem Gebirge vorgelagert waren, war es dunstig. Von irgendwoher ertönte der entsetzliche Schrei eines Banshee, und Jenna bemerkte, dass sie sich schon wieder schüttelte. Es lag aber nicht an der kühlen Temperatur.
Sie band das Pony in einer geschützten Ecke an, sicherte das Seil an ihrem Gürtel und schaute sich um. Von hier oben hatte sie stets einen Großteil des umliegenden Geländes und die Tiefen der Schlucht überschauen können.
Was soll ich bloß machen, wenn das arme Kind tot auf dem Grund der Klamm liegt?, fragte sie sich. Dann schalt sie sich aus. Es war wohl besser, wenn sie nachdachte statt sich Sorgen zu machen.
Jenna erblickte einen Felsvorsprung. Als sie ihn gerade besteigen wollte, um nach einem passenden Aussichtspunkt zu suchen, hielt sie inne und schnappte entsetzt nach Luft …
Ein Banshee-Nest! Gleich hinter dem aufragenden Felsvorsprung.
Die junge Frau konnte es zwar von hier aus nicht sehen, aber sie vernahm die Laute des schrecklichen Geschöpfs und hörte das Grunzen seiner Jungen. Schon ihre Lautstärke hörte sich abscheulich an.
Jenna wich langsam wieder auf sicheres Gelände zurück und dankte der Göttin, dass diese sie mit einem guten Gehör versehen hatte. Sie wollte es an einer anderen Stelle versuchen - und hoffte, dass sie dort nicht auch auf eins dieser Geschöpfe stieß.
Vorsichtig und leise begab sich die junge Frau an den Rand einer anderen Stelle der Schlucht - und stürzte bei einem erneuten Geräusch beinahe in den Abgrund.
Nein, diesmal war es kein Banshee. Aber etwas nicht weniger Gefährliches.
Ein Katzenmensch! Sie kannte das Fauchen. Mit dem Messer in der Hand fuhr sie herum.
Was kann mir diese kleine Waffe schon gegen ein so großes Ungeheuer nützen!, dachte sie verzweifelt.
Das Lebewesen strolchte am Waldrand herum, und als es Jenna anschaute, reflektierten seine Reißzähne die Sonne. Es war ein riesiges, Furcht einflößendes Exemplar, und seine Schnurrhaare sträubten sich, als es erneut knurrte.
»Ich bin kein Gegner für dich«, sagte die junge Frau leise, während ihr Herz heftig in ihrem flachen Brustkorb klopfte. Bei Zandrus Höllen! Warum bin ich nicht so groß und stark wie meine Schwestern?
Aber nein … Auch ich habe etwas aufzuweisen. Alle sagen, ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Mehr habe ich allerdings nicht. Es wird Zeit, dass ich meinen Verstand einsetze!
Das bösartige Geschöpf beäugte Jenna noch immer. Es knurrte leise und schien auf eine Reaktion zu warten.
Die Frau wandte sich um und trat vom Rand der Schlucht zurück.
Sie ging weiter, bis ihr Rücken genau in die Richtung zeigte, aus der sie ursprünglich gekommen war. Und sie lief immer weiter …
Das Katzenwesen folgte ihr und nahm ihr Tempo auf. Schließlich drehte Jenna sich um, rannte los und betete darum, dass ihre Berechnungen stimmten. Mit der Katze auf den Fersen hastete sie über den Felsvorsprung, erreichte dessen Ende, sank schnell in die Knie, glitt behutsam über den Rand und klammerte sich an die felsige Unterseite.
Genau hinter ihr, doch zu schnell, um anhalten zu können, kam das Untier angeschossen. Jenna empfand Dankbarkeit, dass sie es von ihrem Aussichtspunkt aus nicht sah. Es reichte ihr schon, die Katze zu hören, als sie genau hinter dem Ende des Felsvorsprungs dem riesigen, klaffenden Schnabel entgegenfiel …
Die Laute waren abscheulich, als die Banshee-Mutter freudig kreischte und die Katze in Fetzen riss, um ihre hungrigen Nachkommen zu füttern.
Jenna, die sich wieder auf den Felsvorsprung hinaufgeschwungen hatte, war dankbar für die Ablenkung. Zwar wusste sie, dass die
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