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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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der Raum unten zur Verfügung, und der von der MUR sitzt schon auf seinem Platz.«

25
    London, Madame Iv Lilys Büro
Dienstag, 28. Dezember, 9.59 Uhr
    Madame Ivs Nachricht war eindeutig gewesen. Victoria sollte um Punkt zehn Uhr bei ihr sein. Sie atmete tief durch und öffnete die Tür zum Loft.
    Â» Madame?«, rief sie in dem Glauben, die Lehrerin wie gewohnt in ihrem Privatbüro anzutreffen.
    Â»Madame ist noch unterwegs«, antwortete eine Stimme von der anderen Seite des großen Raumes. Sie kam von einer Frau um die vierzig in einem handgearbeiteten Patchwork-Wollkleid, das Victoria an die alten Decken ihrer Großmutter erinnerte. Sie stand an einem der großen, zur Princes Street gelegenen Fenster und blätterte in einem Buch. Victorias erster Eindruck war der einer Hippie-Frau, die im LSD -Rausch der Siebzigerjahre aufgewachsen war und nicht so recht in die heutige Zeit passte. Aber etwas an ihr kam ihr bekannt vor. Sie hatte das Gefühl, ihr schon einmal begegnet zu sein.
    Genau, das war die Frau, die sie am Weihnachtstag vor ihrem Haus gesehen hatte. Diese beunruhigende Gestalt, die plötzlich im Nichts verschwunden war.
    Victoria ließ sich nicht allzu sehr aus der Fassung bringen und lächelte ihr zu: »Und … wann wird sie zurück sein?«
    Die Frau schloss das Buch und stellte es, ohne zu antworten, zurück an den einzigen freien Platz im Regal.
    Â»Wir haben uns noch nicht miteinander bekannt gemacht. Ich bin für dich aus Dublin angereist. Mein Name ist Raye Sunshine Challoner«, sagte sie und reichte ihr die Hand.
    Ein Wicca- Name, stellte Victoria fest. Sie kannte diese neuheidnische Glaubensrichtung, die der ehemalige englische Beamte Gerald Gardner in den Fünfzigerjahren als einzig gültige Wahrheit verkauft hatte und zu der sich in den beiden darauffolgenden Jahrzehnten zahlreiche, vom LSD benebelte Eltern bekannten, die damit auch die Praxis übernahmen, ihren Kindern grauenhafte Namen zu geben. Victorias Banknachbar, ein netter, aber vollkommen verrückter Junge, hieß Eternal Sky, und als er sie das erste Mal zu sich nach Hause einlud, um ihr seine Eltern vorzustellen, begriff sie auch, weshalb: Weihrauchvergiftung. In dieser Wohnung waren überall Räuchergefäße, und die Luft war dermaßen dick, dass sie in Form einer Art Sandelholzpudding in die Lungen drang.
    Nun stand sie Raye Sunshine gegenüber. Victoria seufzte.
    Â»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte sie Raye, wobei sie ein wenig zu breit grinste und den Kopf leicht zur Seite neigte. »Madame Iv ist ein paar Tage fort und hat mich gebeten, sie zu vertreten.«
    Ihre Stimme war melodiös und ein wenig betörend. Victorias Wicca -Argwohn schien nicht unbegründet zu sein. »Gut, dann … werden wir also zusammenarbeiten«, war das Einzige, was sie zu erwidern wusste.
    Â»Sehr schön!«, nickte Raye begeistert. »Ich ziehe mir noch meinen Mantel über, dann können wir gehen. Heute werden wir über uns sprechen. Im Park!«
    Victoria war sprachlos angesichts dieses Vorhabens. Madame hatte ihr niemals so etwas vorgeschlagen, und sie fühlte sich einem solchen Spaziergang nicht gewachsen, schon gar nicht mit einer Unbekannten, die sich wie Janis Joplin kleidete. »Eigentlich«, wandte sie zaghaft ein, »habe ich mit Madame die Buchstaben des Ogham-Alphabets gelernt.«
    Raye setzte erneut ihr breites Grinsen auf: »Natürlich. Gehen wir jetzt?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie ihren blumenbestickten grünen Mantel und öffnete die Bürotür. »Du hast ein Auto, stimmt’s?«, fragte sie gut gelaunt.
    Â»Um ehrlich zu sein, nein«, antwortete Victoria.
    Raye strahlte: »Wunderbar, denn Autos sind schlecht für unsere Mutter Erde. Sehr gut. Wir werden einen schönen, belebenden Spaziergang machen.«
    Gegen diese Frau war man machtlos. Aber Victoria beschloss, ihr zu folgen. Madame Iv hätte sie niemals einer Geistesgestörten überlassen. Sie trat hinter Raye in den Flur. »Schließen Sie … nicht ab?«, fragte sie und deutete auf die Tür.
    Raye kniff die hellen grauen Augen zusammen. Dann machte sie eine Handbewegung, wie um zu sagen, dass es keinen Anlass zur Sorge gäbe. Victoria begann zu befürchten, dass Madame Iv nichts von dieser Verrückten wusste. Vielleicht hatte sie die Tür aufgebrochen, war ins Haus eingedrungen und hatte sich die Geschichte mit

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