Die Schwesternschaft
nichts mit Russland zu tun hatte!«
Kirill presste die Kiefer aufeinander. Das Puzzle ergab allmählich einen Sinn. »Ich will die Namen der Leute, für die Sie gearbeitet haben.«
»Ich kenne sie nicht, ich habe sie nie persönlich gesehen.«
»Falsche Antwort.«
Kirill hob den Hammer.
»Meine Kontaktperson war eine Frau. Sie hat mich angerufen.«
»Ich will die Namen.«
»Ich sagte doch, dass ich sie nicht weiÃ. Ich weià nur, dass es einen Decknamen für die Operation gab.«
Kirill lieà den Hammer sinken: »Welchen?«
»Ein merkwürdiges Wort. Vermutlich irgendein Dialekt. Sicherlich kein russischer.«
»Würden Sie es mir freundlicherweise mitteilen?«, forderte ihn der Sibirier ruhig auf, wobei er mit der Handfläche über den Hammerkopf strich.
»Ambriandai«, sagte Glebov.
»Was bedeutet das?«
»Darüber habe ich nie nachgedacht. Es ist ein Deckname.«
Kirill atmete tief ein. Er war kein guter Folterknecht. Er wusste nichts über Schmerzgrenzen und auch nichts von Ãberzeugungstechniken. Er war stets dafür bezahlt worden, möglichst effizient und rasch zu töten. Leiden zu verursachen gehörte nicht in sein Gebiet, deshalb hielt er immer lieber vorher inne. »Ich will den Namen der Kontaktperson, und zwar jetzt.«
Glebov zögerte einen Augenblick, und Kirill erkannte in diesem entsetzten Gesicht etwas anderes als Angst. Es war Entschlossenheit, als wolle er jemanden beschützen und scheue dafür nicht einmal den Tod. Es war Liebe.
Das hatte gerade noch gefehlt. Es würde die Sache verkomplizieren.
Der Sibirier machte eine verärgerte Geste. Er konnte die Kammer nicht ohne die Informationen verlassen, die er brauchte. Das konnte er wegen Gavril, Catherine und Nadja nicht tun. Und er konnte es nicht wegen des Mannes von der MUR , der hinter dem Vorhang schweigend alles mitverfolgte.
Kirill umklammerte den Hammergriff mit der Faust. Er musste sich beruhigen, die Kontrolle über die Situation zurückgewinnen.
Er wandte sich zu dem milchigen Plastikvorhang um. Der Umriss des Agenten der MUR war als dunkler Schatten zu erkennen. Kirills Geste war nicht an ihn gerichtet, sie war kein Zeichen der Unsicherheit darüber, wie es weitergehen sollte. Sie war seine Verwandlung: Er hatte für einen Moment den Blick von dem Mann abwenden wollen, der gefesselt und weinend dasaÃ.
Kirill war kein Dämon, doch er kämpfte gegen die, die in ihm steckten. Er besänftigte sie durch Aktion. Manchmal auch mit Wodka. Und sie lieÃen ihn in Frieden. Aber es war nur ein Moment. Es genügte wenig, um sie zu wecken und sie erneut von seinem Körper Besitz ergreifen zu lassen.
Er hatte zwei Dämonen, und ihre Namen gingen auf alte Sagen zurück: Der erste hieà Vurdalak, ein blutgieriger Vampir. Er suchte ihn besonders häufig auf, und zwischen ihnen hatte sich eine beinahe freundschaftliche Beziehung entwickelt. Vurdalak arbeitete rasch, stillte seinen Durst und verschwand wieder. Auf seine Art war er ein romantischer Geist, der bisweilen sogar Mitgefühl für seine Opfer aufbringen konnte. AuÃerdem war Vurdalak sein Kampfname in Afghanistan gewesen. Der Zweite, der ihm nun in den Schläfen pochte, war Upyri. Ein blinder Dämon, der kein Erbarmen kannte und schnell brutal wurde: Er war schwieriger zu vertreiben, denn, so hieà es in der Legende, »der unbedachte Mensch, der sich seiner Ruhestätte zu weit nähert, läuft Gefahr, an seiner Stelle im Grab zu landen«. Sein Upyri war eiskalt, er war niemals satt, und es dauerte Wochen, sich von ihm zu befreien.
Kirill lieà ihn hinein und atmete dabei so tief wie möglich durch. Nun würde nicht länger er die Ereignisse in der Hand haben, das spürte er, kaum dass er sich erneut dem Unglückseligen vor ihm zugewandt hatte. »Doktor Glebov, ich frage Sie nochmals: Wie ist der Name der Kontaktperson? Es war eine Frau, und sie hieà â¦Â«
Glebov schüttelte den Kopf und wimmerte weiter.
»Doktor Glebov«, wiederholte der Sibirier. »Haben Sie vielleicht eine Beziehung zu der Kontaktperson?«
Der Beamte hob den Kopf und sah Kirill herausfordernd an, um ihn dann schweigend und mit einem angedeuteten Lächeln wieder zu senken. Upyri hielt sich nicht länger mit Worten auf: Er hob den Hammer und zerschmetterte das rechte Knie des Beamten.
Der Schmerzensschrei erfüllte den Raum und
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