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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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echt, denn durch die Radioaktivität wären sie alle verschrumpelt. Daneben stand ein Stativ, auf dem sich ein glänzender Sprengkörper mit dem gut sichtbaren Logo CCCP und einem roten Stern befand. Hinter dem Schreibtisch stach ein weiterer auffälliger Einrichtungsgegenstand ins Auge: ein Richtersessel aus Massivholz, der aussah wie ein Thron mit zwei vergoldeten Flügeln an der Lehne. Mehrere Armleuchter in Gestalt blühender Bäume sorgten für Licht. Am Boden verteilt lagen rund ein Dutzend roter kasachischer Wollteppiche.
    Der Mann machte es sich bequem. »Willkommen, mein Sohn. Ich bin Yuri Glinka, der Steppenadler. Und hier gehört alles mir!«
    Kirill legte den Koffer auf dem Schreibtisch ab, wobei er achtgab, nicht an das Stativ mit dem Sprengkörper zu stoßen.
    Â»Du brauchst dich nicht vorzustellen. Du bist Kirill Rotchko und arbeitest für diesen Hurensohn Gavril Derzhavin. Und nun, mein Junge, verrate mir, was ihr verdammt noch mal von mir wollt.« Er lümmelte sich auf seinen Sessel und wartete darauf, was Kirill ihm zu sagen hatte.
    Â»Warst du in jungen Jahren als Bühnenbildner tätig?«, fragte der Sibirier.
    Yuri schnellte von seinem Thron auf. Er war verblüfft. Dann brach er in Gelächter aus. Er lachte mindestens eine Minute lang und schlug sich mit den Händen auf die Schenkel. »Ah, Gabit hat mir erzählt, dass du ein lustiger Geselle bist … aber damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Was suchst du hier, Mister Russe, einen Anstreicher? Habt ihr davon nicht genug in Moskau?« Wieder begann er schallend zu lachen, sodass Kirills Kopfhörer in der Gasmaske übersteuert wurden.
    Kirill lachte nicht. »Was ist mit Gabit passiert?«, fragte er.
    Der Alte hörte auf zu lachen, räusperte sich und setzte sich auf seinem Richtersessel zurecht. »Mach dir keine Sorgen um Gabit. Er hatte ein paar Schulden bei mir, mit deren Zahlung er in Verzug war. Jetzt hat er sie nicht mehr. Besser gesagt hat er jetzt gar nichts mehr. Das Letzte, was ich ihn sagen hörte, war, dass du kommen würdest. Und wenn die Russen kommen, gefällt mir das gar nicht. Deshalb habe ich einen von meinen Leuten geschickt, um dich persönlich abzuholen. Weißt du, warum ich die Russen nicht mag?«
    Kirill zuckte mit den Schultern und wartete auf die Antwort.
    Â»Weil sie keine Kasachen sind!«, verkündete Yuri und brach erneut in Gelächter aus.
    In einer anderen Situation wäre der Sibirier nervös geworden. Er war diesem Alten praktisch ausgeliefert. Parnok war unerreichbar, und Gabit hatte man umgebracht, nachdem er ihn, in der Hoffnung davonzukommen, verraten hatte. Dennoch fand er Yuri aus unerfindlichen Gründen amüsant. »Ich weiß, dass es merkwürdig ist«, nahm er den Faden wieder auf, »aber ich bin einfach nur hergekommen, um dir ein paar Fragen zu stellen. Danach werde ich ganz schnell verschwinden.«
    Yuri starrte ihn an. »Fragen zu Bühnenbildern?«, forschte er und fing schon wieder an zu kichern.
    Â»Ja. Ich brauche Informationen zu einem Bühnenprospekt.«
    Der Alte richtete sich auf seinem Thron auf: »Zu einem Bühnenprospekt?«
    Â»Ja. Wir sprechen über die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Olga Twardowski.«
    Yuri rieb sich die behandschuhten Hände: »Weiter …«
    Â»Ich will dich nicht langweilen. Es handelt sich um eine Privatangelegenheit.«
    Â»Sehr schön. Ich höre mir gerne Privatangelegenheiten an.«
    Kirill schilderte in knappen Worten die letzten Ereignisse im Zusammenhang mit der Familie Derzhavin, erläuterte die Schlüsselrolle des Bühnenprospektes, und als er merkte, dass Yuri sich zu interessieren begann, beschrieb er ihn genauer. »Er war für den Kirschgarten von Tschechow.«
    Yuri stützte die Hände auf die Armlehnen.
    Â»Ah, der Prospekt!«, seufzte er.
    Â»Erinnerst du dich?«, wunderte sich Kirill.
    Yuri trommelte mit den Fingern auf die Armlehne. »Vielleicht …« Es war offensichtlich, dass er einen Anreiz brauchte, um seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.
    Kirill öffnete den Koffer. »Wie du siehst, möchte ich alles über diesen Prospekt erfahren.«
    Der Alte rührte sich nicht, als würde ihn das ganze Geld überhaupt nicht interessieren. »Wer könnte Olga, diese Hexe, schon vergessen? Ich habe sie gehasst. Deshalb habe ich alles ein bisschen

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