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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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mit einem neuen Spielzeug. Einen kurzen Moment lang gab sich Lena, vielleicht verstärkt durch jene graue, aber gleichzeitig auch unglaublich klare Meeresatmosphäre, ihrer sentimentalen Stimmung hin. Sie erinnerte sich an jene Mischung aus Schroffheit und Sanftmut, die Derzhavin eigen und nur ihr bekannt war: seine Fähigkeit zu überraschen, so wie damals, als sie ihn kennenlernte.
    Â»Ich möchte, dass du diesen Ort verlässt und auf mich wartest.«
    Â»Wie lange?«
    Â»Vier Jahre.«
    Und dazu diese aufrichtige Lebensfreude, die er auch in den schwierigsten Momenten auszustrahlen vermochte. Sie vertrieb diesen Gedanken. Ihre Entscheidung war bereits gefällt: Gavril gehörte der Vergangenheit an. Und so glanzvoll es mit ihm auch gewesen sein mochte, ihre Zukunft würde gemessen daran nur umso blendender werden.
    Als sie an der kleinen Mole an der Westseite von Lambay Island anlegten, stand dort bereits jemand und wartete auf sie. Ein rüstiger Mann um die sechzig, mit dichtem weißen Bart, einer blauen Jacke und einer Wollmütze in derselben Farbe. Er sah nicht besonders grimmig aus, sondern erweckte eher den Anschein, als würde das Vertreiben von Touristen zu seinen alltäglichen, langweiligen Pflichten gehören.
    Â»Diese Insel ist in Privatbesitz«, erklärte er. »Ihr könnt hier nicht an Land gehen.«
    Vjačeslav saß noch immer am Steuer, während Arvo und Čerubina mit dem Vertäuen beschäftigt waren. Der Mann schien ihre mangelnde Routine zu bemerken.
    Schließlich ergriff Lena für alle das Wort. »Umso besser«, begann sie mit flötender Stimme. »Wir sind russische Touristen und haben ein Problem.«
    Â»Ich heiße Michael O’Hara«, sagte der Mann, »und ich spreche hier stellvertretend für die Eigentümer. Ich wiederhole nochmals: Diese Insel ist in Privatbesitz. Ihr könnt nicht an Land gehen.«
    Â»Das wissen wir«, räumte Lena ein. »Wir haben auch gar nicht die Absicht, einen Fuß auf die Insel zu setzen.«
    O’Hara sah sie überrascht an.
    Â»Wir wollten die Küste entlangfahren, aber wir haben Probleme mit dem Motor. Es kann eigentlich nichts Schlimmes sein. Aber es wäre gut, wenn mal jemand einen Blick darauf werfen könnte.«
    Lenas Gesichtsausdruck, eine Mischung aus Sorge und Hoffnung, schien Eindruck auf O’Hara zu machen. Er ließ sich erweichen.
    Â»Aber ihr steigt nicht aus …«, warnte er.
    Dann drehte er ihnen den Rücken zu und lief eilig auf das helle Gebäude am Ende der Mole zu. Nach kurzer Zeit erschien er wieder in Begleitung eines anderen, deutlich älteren, ziemlich hageren Mannes.
    Als sie an Bord waren, stellte O’Hara seinen Freund vor. »Das ist Tim. Tim McCarthy. Er ist noch ein bisschen betrunken, aber er versteht was von Motoren.«
    Â»Erklärt mal, was los ist«, sagte Tim mit einem schrägen Lächeln, ohne die Augen von Lena abzuwenden.
    Â»Gehen wir runter«, schlug Čerubina höflich, aber entschlossen vor.
    O’Hara bemerkte, dass Lena der Frau einen kurzen missbilligenden Blick zuwarf, und er zögerte einen Augenblick. Er sah erst zu Arvo, dann zu Vjačeslav und erkannte in beiden etwas ihm Wohlbekanntes, den Blick gefährlicher Männer.
    Â»Kommt, ich geh vor«, sagte Lena lächelnd und stieg hinunter.
    Â»Ich warte hier oben auf euch«, erwiderte O’Hara zögernd.
    Vjačeslav legte ihm eine Hand auf die Schulter: »Aber wir laden euch auf ein Gläschen ein …«
    O’Hara schüttelte den Kopf.
    Vjačeslav sah ihm in die Augen. »Wenn Sie ablehnen, bin ich beleidigt«, sagte er drohend und packte ihn fester an der Schulter.
    Die beiden Iren sahen sich an. Tim breitete die Arme aus.
    Â»Zier dich nicht so, Michael: Ein kleines Gläschen sollte man niemals abschlagen.«
    Widerwillig folgte O’Hara ihnen die Stufen hinab.
    Kaum waren sie unter Deck, zog Čerubina die Pistole: »Setzt euch dorthin!«
    Tim war vollkommen verdattert, aber er und sein Freund folgten dem Befehl.
    Â»Es gibt auf Lambay Island nichts zu stehlen«, beeilte sich O’Hara zu erklären. Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen, und die blauen Augen quollen ihm fast aus den Höhlen.
    Lena legte ihre Hand auf die des Mannes. »Hör gut zu, Michael. Und du auch, Tim. Wir sind hier, um etwas zu erledigen. Aber wir wollen dabei von niemandem gestört werden.

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