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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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schlagen zu können, der lediglich etwas geschickter ist als andere?«
    Hart stürzte die Amazone vor. Mythor hatte Mühe, ihren wütend vorgetragenen Hieben auszuweichen. Das Klirren der Schwerter schien Scida noch mehr anzustacheln, und die Kriegerin in ihr kam zum Durchbruch.
    Der Sohn des Kometen hatte aus seinen Fehlern gelernt. Er wich aus und ließ die Angreiferin ins Leere laufen, wartete Scidas Hiebe ab, um im gleichen Atemzug seinerseits vorzustürmen. Keiner schonte den anderen.
    Es gelang Mythor tatsächlich, die Amazone in Bedrängnis zu bringen. Aber obwohl ihr Atem keuchend ging und ihre Bewegungen schwächer wurden, glaubte er, einen Ausdruck von Zufriedenheit in ihren Augen erkennen zu können.
    Scida wich zurück, bis sie die Wand in ihrem Rücken spürte. Um Mythors schnell wechselnde Angriffe abzuwehren, mußte sie auch ihr zweites Schwert ziehen.
    »Was sagst du nun?« schnaufte er, als sie versuchte, ihm, indem sie beide Klingen überkreuzten, Alton aus der Hand zu hebeln.
    »Du brüstest dich zu früh, Tau. Kein Mann darf sich rühmen, Scida besiegt zu haben. Die meisten, die es wagten, haben ihr Leben gelassen.«
    »Dann werde ich der erste sein.«
    »Dir fehlt noch viel, um dies zu erreichen.« Mit einem Kampfschrei stieß sie sich ab und stürmte vor. Als Mythor zuschlug, zuckten ihre beiden Klingen hoch und klirrten gegen das Gläserne Schwert. Die Arme nur leicht angewinkelt, hielt sie sich den Mann vom Leib.
    Er versuchte, ihre Deckung zu durchbrechen, scheiterte aber kläglich. Mit »Herz« und »Seele« zugleich war Scida unüberwindlich. Ihre nachlassenden Kräfte verstand sie ausgezeichnet durch geschickte Drehungen auszugleichen.
    Sie machte Anstalten, die Höhle zu verlassen.
    »Du gibst auf?« keuchte Mythor, als es ihm endlich gelang, das längere ihrer Schwerter zur Seite zu schlagen.
    »Ich schenke dir die Zeit, die nötig ist, Geist und Körper in Einklang zu bringen. Nichts darf dein Gemüt belasten.«
    Scida hatte die Tür erreicht. Mythor wollte ihr folgen, was sie aber geschickt zu verhindern wußte.
    »Gehe in dich«, rief sie ihm zu. »Die Kunst der Schwertführung ist nicht nur eine Frage der Kraft.«
    Dann war der Kämpfer der Lichtwelt wieder allein, und er fragte sich, warum er der alternden Amazone nicht wirklich die Stirn geboten hatte.
    Durfte er Ramoa und Gerrek einer bloßen Hoffnung wegen vergessender Hoffnung, kämpfen zu lernen wie die Kriegerinnen Vangas?

4.
    Tage vergingen, und manche kamen ihm vor, als wollten sie nie enden. Andere wieder neigten sich, kaum daß die Morgendämmerung heraufgezogen war.
    Scida kam oft und forderte Mythor zum Kampf. Sie deckte seine Blößen auf, ohne diese zu ihrem Vorteil zu nutzen und machte ihn auf seine Fehler aufmerksam, bis es kaum mehr Grund gab, ihn zu kritisieren. Er merkte selbst, daß seine Sicherheit mit der Zeit wuchs.
    Den Grund, weshalb Scida ihn wie eine Amazonenschülerin unterrichtete, nannte sie jedoch nie. Überhaupt gab sie sich nicht sonderlich redselig und beschränkte ihre Äußerungen auf Ratschläge, wie er sein Schwert zu führen habe.
    Eines ihrer Worte beeindruckte Mythor mehr als alle anderen:
    » Die Klinge in deiner Hand ist Leben, ist Leib und Seele zugleich. Sie mag dir den Tod bringen oder deinem Gegner den Sieg davontragen wird indes der, dessen Gedanken wie die Wogen des Ozeans sind, stürmisch und unaufhaltsam, und die jedes Zaudern vermissen lassen. «
    Einige Male versuchte er, sie zu besiegen und derart zu zwingen, mit den Antworten auf seine Fragen nicht länger hinter dem Berg zu halten. Aber trotz Alton und Scidas hohem Alter wollte ihm das nie gelingen. Und wenn es doch aussah, als würden die Kräfte der Amazone versagen, verstand sie es, den Kampf abzubrechen und den Sohn des Kometen sich selbst zu überlassen.
    Anfangs hatte er die Tage gezählt. Nach einem vollen Mond aber gab er es auf. Die Vorstellung, über einen derart langen Zeitraum hinweg von allem Geschehen abgeschnitten zu sein, war nicht dazu angetan, seine Stimmung zu heben.
    Inzwischen war mindestens ein weiterer halber Mond vergangen. Mythor glaubte, genug gelernt zu haben, um es mit beinahe jeder Frau aufnehmen zu können.
    Er beschloß, alles auf eine Karte zu setzen. Nicht nur die Freiheit lockte ihn, es war auch und vor allem seine Sehnsucht, die Fronja galt. Und es war das ungeklärte Schicksal seiner Gefährten, die zusammen mit ihm nach Gondaha gelangt waren.
    An diesem Tag ließ Scida sich nicht blicken.

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