Die Schwingen des Todes
zueinander sein, Pete.«
»Absolut«, log Decker.
»Ja, absolut.« Novacks Tonfall wirkte zynisch, aber er hakte nicht weiter nach. »Sie kommen also gerade von der Polizei in Fort Lee?«
Eigentlich aus dem Leichenschauhaus von Bergen County. Wissen die da, was sie tun?«
»Ja, Bergen bekommt die Leichen zum Teil von uns, es ist ja gleich über die Brücke. Ich will nicht behaupten, dass der Park a ls Abladeplatz für Leichen dient - das Gelände wird ständig überwacht, weil es viele Besucher dort gibt -, aber es ist ein weitläufiges Areal, und das ist nicht das erste Mal, dass dort eine Leiche gefunden wurde.« »Gibt es eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit?«
»Im Idealfall, ja. Aber in der Praxis kommt es darauf an, wer die Ermittlungen leitet.«
»Ein gewisser Martin Fiorelli.«
»Den Namen hab ich schon mal gehört, aber ich hatte noch nicht das Vergnügen, mit ihm oder überhaupt der Polizei von New Jersey zusammenzuarbeiten. Ich kenne ein paar Leute, die mit denen zu tun hatten. Ich will niemanden mies machen oder so, aber die kleineren Polizeibehörden glauben immer, das NYPD würde auftauchen und alles an sich reißen. Das mag in manchen Fällen gerechtfertigt sein; wir haben einige echte Nervensägen. Aber das ist noch lange kein Grund, Informationen zurückzuhalten. Es wäre für mich nämlich von großem Interesse zu erfahren, ob die ballistische Untersuchung eine Übereinstimmung ergibt schließlich sieht es so aus, als würde es sich um dieselbe Vorgehensweise handeln.«
»Der einzelne Schuss in den Kopf war auf dem Identifizierungsfoto zu erkennen, aber sie wurde auch in die Brust getroffen«, sagte Decker.
»Tatsächlich? Haben Sie das selbst gesehen?«
»Nein, ich habe am Tatort den Bericht des Leichenbeschauers überflogen. Ich wollte, ich hätte mehr Zeit gehabt, ihn zu studieren, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, mich um meinen Bruder zu kümmern.«
»Wie geht es ihm?«
»Nicht besonders.« Decker aß den letzten Löffel Suppe. Nun fühlte er sich besser. »Keinem von uns geht es besonders gut.« »Das kann ich mir vorstellen.« Novack schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, wie lange die Leiche schon dort lag, und frage mich, ob das Mädchen nicht zur gleichen Zeit wie Ephraim umgebracht wurde.«
»In dem Bericht stand, der Tod sei etwa zwei bis vier Stunden vor dem Zeitpunkt eingetreten, an dem sie gefunden wurde.«
»Sie war also noch warm?«
»Ja.«
»Wie schrecklich. Keine Totenst.«
»Nicht die Spur«, kam ihm Decker zuvor. »Keine erkennbare Leichenblässe.«
An die Stelle des Schocks traten bei Decker nun Schuldgefühle. Warum in aller Welt hatte er diesem Dreckskerl vertraut! Vielleicht konnte er ihn verhaften lassen? Aber mit welcher Begründung?
».ganz klar, dass das Mädchen Zeugin von irgendetwas wurde. Vielleicht entkam sie, wurde aufgespürt und ermordet.«
Konzentrier dich, Decker! »Oder vielleicht hing sie von Anfang an mit drin.«
»Sie hat ihrem Onkel etwas angehängt?« Novacks Gesicht verriet, dass er ihm das nicht abkaufte.
»Möglicherweise galt es ihr«, tastete sich Decker vor. »Der Onkel war zur falschen Zeit am falschen Ort.«
»Er war der Drogenabhängige«, entgegnete Novack.
»Der seit über zwei Jahren clean war.« Decker signalisierte der Kellnerin, ihm noch eine Tasse Kaffee zu bringen. »Wir wissen es ganz einfach nicht.«
»Wir wissen es nicht?« Novack sah ihn kühl an. »Sie sind jetzt also Ehrenmitglied der Mordkommission des 28. Reviers? Ich dachte, Sie wollten weg und hätten sich schon längst verabschiedet. «
»Also, ich will ja niemandem zu nahe treten, aber ich dachte , wenn ich schon von so weit her komme, dann bleibe ich lieber noch eine Weile.«
»Wie lange?«
»Am Freitag bin ich weg.«
Die beiden Männer mus terten einander.
»Ehrlich, Mick. Am Freitag bin ich weg. Ich muss zu meinen Eltern. Sie sind bestimmt schon sauer, weil ich meinen Besuch um zwei Tage verschoben habe.«
»Und warum?« Novack kratzte sich am Kopf. »Worum geht's Ihnen, Pete?«
»Ich habe versagt. Ich will noch einmal von vorn anfangen, jetzt, wo ich ein bisschen mehr über die Familiendynamik weiß.«
»Erzählen Sie mir die Einzelheiten, Pete«, forderte Novack ihn auf. »So etwas macht einen ermittelnden Detective sehr froh.«
»Also gut, hören Sie zu. Ich weiß, dass Chaim sich über die Beteiligung seines Bruders am Geschäft ärgerte. Aber vielleicht hatte er ja einen Grund für seine Feindseligkeit.«
»Zunächst
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