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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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einmal: Woher wissen Sie, dass er sich ärgerte?«
    »Als das mit Shayndie bekannt wurde, war ich gerade dabei, dem alten Herrn einen Kondolenzbesuch abzustatten. Ich sprach mit dem Vater über Ephraim. Versuchte, freundlich zu sein. Ephraim war tot, aber Minda und Chaim ließen noch immer kein gutes Haar an ihm. Übrigens war Chaim sehr besorgt wegen möglicher Diebstähle.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich hatte bei Ephraims Beerdigung eine Unterhaltung mit dem Ladenpersonal. Man erzählte mir, dass Chaim sich Gedanken wegen möglicher Diebstähle machte. Ephraim war für die Lagerhaltung zuständig. Vielleicht hat er geklaut. Sind Sie einmal die Unterlagen durchgegangen, die in Ephraims Wohnung lagen?«
    »Ich hab etwa die Hälfte davon überflogen. Nur Inventarlisten. Sagt mir alles nichts, weil ich keinen Vergleich habe. Ich kann nicht feststellen, ob am Inventar herummanipuliert wurde oder nicht. Glauben Sie, Chaim hat jemanden angeheuert, um seinen Bruder Ephraim zu beseitigen, weil er gestohlen hat?«
    Decker dachte über diese Frage nach.
    Es wäre nicht das erste Mal in der jüdischen Geschichte, dass ein Bruder gegen den anderen kämpfte. Brudermord kam in der Bibel häufig vor. Kain und Abel. Isaak und Ismael. Jakob und Esau. Joseph und seine Brüder. Im Buch Genesis war der Hass unter Geschwistern eher die Regel als die Ausnahme.
    »Ja, warum nicht?«
    »Weil es leichter gewesen wäre, ihn zu feuern, Decker.«
    »Dann war es vielleicht umgekehrt. Chaim hat das Geschäft bestohlen, und Ephraim hat ihn erwischt, nachdem der alte Herr dem jüngeren Sohn die Lagerhaltung übertragen hatte. Vielleicht ärgerte es Chaim, dass Ephraim so gut dastand, vor allem, weil er sich selbst schon jahrelang in den Läden abrackerte und Ephraim erst sehr viel später dazukam. Außerdem könnte Chaim den Diebstahl damit gerechtfertigt haben, dass er sich einredete, der Laden würde ihm ohnehin gehören. Wenn er jemanden bestahl, dann doch nur die Versicherung.«
    Novack horchte auf. »Chaim hat fingierte Ansprüche geltend gemacht?«
    »Das dürfte leicht zu überprüfen sein.«
    »Stimmt«, meinte Novack. »Wenn etwas an diesen neuen Informationen dran ist, dann gibt es also Juden, die kein Problem damit haben, einen Betrug zu begehen. Aber wenn Chaim seinen Bruder umlegen wollte, warum brachte er dann s eine eigene Tochter in Gefahr? Warum erledigte er Ephraim nicht in dessen Wohnung oder als dieser seine Drogenhöhle verließ - als er allein war? Warum tat er es, wenn er doch wusste, dass Ephraim gerade an diesem Tag mit Shayndie etwas unternehmen wollte?«
    »Genau diese Frage beschäftigt mich«, antwortete Decker. »Die einzige Antwort, auf die ich komme, ist die, dass man den Verdacht von sich ablenken kann, wenn man seine eigene Tochter in Gefahr bringt. Als Bruder des Opfers wird die Polizei gegen einen ermitteln, vor allem dann, wenn man zusammengearbeitet hat. Wenn aber die eigene Tochter auch zum Opfer wird, tja, dann wird sie sich eher zurückhalten.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Chaim seine eigene Tochter in Gefahr gebracht hat, um Ephraim daran zu hindern, seinem alten Herrn zu verraten, dass Chaim den eigenen Laden bestahl?«
    »Ich behaupte nicht, das hieb- und stichfest beweisen zu können. Ich zeige nur Möglichkeiten auf.«
    »Seien Sie nicht gleich eingeschnappt, Lieutenant.« Novack trank seinen Kaffee aus. »Wir stehen auf der gleichen Seite. Vielleicht haben Sie ja noch Hunger.« Wieder winkte er der Kellnerin. »Er möchte noch eine Tasse Suppe, Alma.«
    »Ich muss in zehn Minuten weg«, warf Decker ein.
    »Machen Sie schnell!«, rief Novack der Kellnerin nach.
    »Zwei Blocks von hier ist ein McDonald's, wenn es so schnell gehen muss«, grummelte Alma beleidigt und verschwand.
    Decker beugte sich über den Tisch und sprach leise. »Vielleicht hat Chaim die Killer dafür bezahlt, den Bruder umzulegen, aber das Mädchen laufen zu lassen. Vielleicht gibt es deshalb keine Beweise dafür, dass Shayndie im Hotel war. Sie ließen sie laufen. Aber irgendetwas ging schief.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht sollte sie in Panik nach Hause l aufen und ihrem Vater alles erzählen. Dann wären sie zusammen zur Polizei gegangen.. Vielleicht hätte Chaim sich eine Geschichte ausgedacht, die das Geschehen erklärt und zugleich den Verdacht von ihm abgelenkt hätte. Aber stattdessen rastete Shayndie aus und tauchte unter. Und da verloren die Killer die Nerven. Sie trauten ihr wohl nicht über

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