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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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erneuten Schulterzucken.
    »Ist das ein Ja oder ein Nein?«
    Donatti schwieg. Dann klingelte eine Zeitschaltuhr.
    »Entschuldigen Sie, ich muss wieder an die Arbeit.« Er erhob sich und wartete darauf, dass Decker das Gleiche tat.
    Decker blieb sitzen.
    »Das bedeutet, dass Sie jetzt gehen«, sagte Donatti.
    Widerwillig erhob sich Decker und verließ den Raum. Chris schloss die Tür ab und steckte den Schlüssel in die Hosentasche. »Sie können auf dem gleichen Weg raus, auf dem Sie reingekommen sind.«
    Mit diesen Worten verschwand Donatti hinter einer der Türen. Decker blieb stehen und überlegte, was er nun tun sollte. Eines wusste er: Wenn er jetzt ging, würde er nie wieder eine Chance bekommen. Dann wäre er in Donattis Augen ein feiger Schwächling. Aber wenn er Donatti unter Druck setzte, würde er ebenfalls keine Antworten bekommen.
    C.D. redet nicht.
    Doch damals vor acht Jahren hatte Chris geredet, hatte Decker in Zeiten persönlicher Not viele Dinge erzählt. Auf irgendeine verdrehte Art und Weise war Decker nicht nur für Terry zur Vaterfigur geworden, sondern auch für Donatti. Während Chris im Gefängnis saß, war Decker seine Verbindung zu Terry gewesen. Und was noch wichtiger war: Decker hatte C.D. die Türen in die Freiheit geöffnet. Es stimmte, dass er ihn ins Gefängnis gebracht hatte, aber als Zweifel an den Untersuchungsergebnissen aufkamen, war es Decker gewesen, der Donattis Unschuld bewies. Wenn überhaupt noch irgendwelche Methoden bei dem Jungen zogen, dann waren es die alten Rollen und nicht die neuen.
    Es gab nichts, womit Decker Chris davon überzeugen konnte, dass er nur zu seinem Besten handelte. Aber er konnte Donatti davon überzeugen, dass Terry ihm am Herzen lag - einfach, weil es die Wahrheit war. Decker hatte dem Mädchen Geld gegeben, als es sich in einer verzweifelten Lage befand - von allen verlassen, selbst von ihren Eltern. Eintausend Dollar, die Decker d amals gut hätte selbst gebrauchen können, wanderten in den Lebensunterhalt von Donattis Sohn, zu einer Zeit, als Chris mit ihr nichts zu tun haben wollte. Heute, da sie wieder in Verbindung standen, hatte Terry ihm wahrscheinlich davon erzählt, und Chris war sicherlich empört darüber. Und dennoch -die Tatsache blieb, dass Decker sich für Terry eingesetzt hatte, und Donatti stellte Loyalität über alles.
    Decker setzte sich auf eine Holzkiste. Wenn er der Lösung dieses Mordfalls auch nur einen Schritt näher kommen wollte, brauchte er einen Insider - und wer war dazu besser geeignet als Donatti? Vorausgesetzt, dass Donatti nichts mit dem Mord zu tun hatte. Natürlich war es ein Risiko, aber was war das Leben schon ohne den gelegentlichen Adrenalinschub?
    Decker wartete ganz ruhig ab, bis Donatti wieder auftauchte. Der blieb beim Anblick Deckers wie angewurzelt stehen. »Sie sind ja immer noch da.«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Als Decker aufstand, spannten sich Donattis Muskeln an, so als ob er erwartete, dass Decker sich jeden Moment auf ihn stürzte. Stattdessen senkte Decker seine Stimme zu einem beruhigenden Flüstern: »Du hast einen wunderbaren Sohn, Donatti, weil du dir die richtige Mutter ausgesucht hast. In diesem Punkt sind wir uns einig. Was Terry betrifft, nehme ich dein Geheimnis mit ins Grab, mein Junge. Und du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass mein Wort nicht nur Gold wert, sondern auch unwiderruflich ist. Wenn du mir also helfen kannst - gut. Wenn nicht, bin ich dir auch nicht böse. Dann werde ich verschwinden, und du hörst nie wieder etwas von mir.«
    Damit drehte Decker sich um und ging.

12
    Wenn Donatti etwas mit dem Mord zu tun hatte, war es ihm jedenfalls nicht anzumerken. Andererseits hatte Chris es immer gut verstanden, Dinge zu verbergen, also konnte Decker sich nicht leisten, ihn völlig als Täter auszuschließen. Ganz offensichtlich bevorzugte Donatti Jugendliche - Teenager, die er kontrollieren und manipulieren konnte. Schließlich musste er seine Mädchen irgendwo auftreiben, und solange Shaynda verschwunden blieb, war jeder mit einer Vorliebe für junge Mädchen verdächtig. Decker hatte im Dreck gerührt - nun musste er abwarten und sehen, was an die Oberfläche gespült wurde.
    Während er zu Fuß den Riverside Drive entlangging, zog er seinen Mantel enger um sich und steckte die Hände in die Taschen. Der Himmel über ihm war rußig grau und umschloss den Hudson River wie eine verbeulte Rüstung. Ein scharfer Wind raute die Oberfläche des Flusses auf. Decker fühlte die

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