Die Séance
erinnerte Jed munter.
“Engagiert von wem?”, fragte Tiggs skeptisch.
Jed zuckte noch einmal die Achseln. “Von einem Schriftsteller, der womöglich danebengelegen hat.”
Tiggs starrte ihn an und schüttelte den Kopf. “Es muss sich um einen Nachahmer handeln”, sagte er leise.
“Dann aber um einen verdammt gerissenen”, sagte Jed.
Jerry trat unruhig auf der Stelle. “Du weißt ja, wir können dir nichts bieten, das nicht sowieso schon veröffentlicht worden ist – selbst wenn wir was hätten”, sagte er.
“Schenk dir das, Jerry”, sagte Tiggs. “Ich weiß, dass du ihn mit zu der Autopsie genommen hast.” Er zeigte mit dem Finger auf Jed. “Und ich weiß, Sie haben Kopien von den alten Akten. Also, wenn Sie irgendwas herausfinden …”
“Sie wissen verdammt gut, dass ich niemals sachdienliche Informationen zurückhalten würde, Lieutenant”, sagte Jed.
“Manchmal glaube ich, verdammt gut Bescheid zu wissen”, sagte Tiggs, “und manchmal bin ich nicht sicher, ob ich einen feuchten Kehricht weiß.”
“Der alte Partner von Kidd …”, begann Jed.
“In Rente. Aber natürlich habe ich mit ihm gesprochen”, sagte Jerry, und fügte hinzu: “Aber keiner kann dich daran hindern, selber mit dem Mann zu reden, außer, er weigert sich.”
Jed sah Tiggs an.
“Von mir aus. Ich würde im Augenblick auch Unterstützung aus der Hölle annehmen, wenn da welche angeboten würde”, sagte er schulterzuckend.
Jed verzog das Gesicht. Sicher, der aktuelle Fall hatte mordsmäßig Schlagzeilen gemacht, aber es war ja nicht so, als ob schon Monate vergangen wären und die Polizei ins Leere ermittelt hätte. Wieso also der Druck?
“Die State Troopers haben gerade eine zweite Leiche gemeldet, am Interstate 4”, sagte Jerry. “Ich … äh … ich bin gerade auf dem Weg zum Fundort.”
Tiggs hob beide Hände. “Zum Teufel”, sagte er, “wenn Sie mich nicht fragen, kann ich auch nicht Nein sagen.”
Er drehte sich um und marschierte wieder in sein Büro.
Jed folgte Jerry Dwyer auf die Straße.
Mit dem Kaffeebecher in der Hand ging Christina zu einem der Außentische des Coffee-Shops. Die Sonne schien, der Himmel war blau, und eine leichte Brise wehte. Perfekt.
Sie schlug die Zeitung auf und überflog den Lokalteil, besonders all die Anzeigen für die Halloween-Partys in den Themenparks. Sie fragte sich müßig, ob Dan den Waschbär Ralph mit Reißzähnen spielen oder sich eher als eine Art Frankenstein-Waschbär verkleiden musste.
Während sie dasaß, die Augen auf die Zeitung gerichtet, merkte sie plötzlich, dass sie nicht mehr allein war, dass jemand sich zu ihr an den kleinen Tisch unter dem Sonnenschirm gesetzt hatte.
Und dann fing es an.
Wie Eiswasser lief es ihr den Rücken runter.
Sie wollte überhaupt nicht aufsehen.
Und doch …
Sie spürte, dass sie es musste.
Die Brise wurde heftiger, es war beinahe, als würde sie eine Berührung spüren. Eine sanfte, seidene Berührung, nostalgisch, ergreifend …
Das ist nur ein Luftzug, sagte sie sich, und sah endlich auf.
Sie atmete aus, fühlte sich wie eine Närrin. Kein Mensch da.
Sie lächelte, peinlich berührt von ihrer eigenen Verrücktheit, nahm den Kaffeebecher und ging zu ihrem Wagen. Zehn Minuten später bog sie in ihre Einfahrt.
Kaum war sie im Haus, spürte sie es wieder. Dieser schreckliche eiskalte Hauch. Als ob sie nicht allein wäre. Als ob da jemand wäre, der sie beobachtete.
Hier ist niemand, sagte sie sich. Überhaupt niemand. Das ist derselbe Blödsinn, der schon in dem Coffee-Shop passiert ist.
Trotzdem ging sie sofort wieder nach draußen. Sie würde das Haus nicht wieder allein betreten. Sie setzte sich auf die Veranda und probierte zuerst Mikes Nummer mit dem Handy; legte auf, als nur sein Anrufbeantworter ansprang. Als Nächstes rief sie Dan an, und er hob tatsächlich ab.
“Was gibt’s, Kusinchen?”, fragte er.
“Was machst du gerade?”
“Fernsehen gucken und die Zeit totschlagen bis zu meinem Auftritt am Abend”, erzählte er. Dann fragte er vorsichtig: “Wieso?”
Sie zögerte. “Könntest du möglicherweise mal vorbeikommen?”
“Schätze schon. Warum?”
“Ich … es ist bescheuert. Ich denke dauernd, jemand könnte im Haus sein”, gab sie zu.
Er schwieg fast eine Minute. Sie hörte ihn seufzen. “Christie … hast du Angst, Granma könnte im Haus spuken oder so was?”
“Nein!”
“Okay. Ich bin in ein paar Minuten da.”
Sie wartete und wand sich bei dem Gedanken, dass sie
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