Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
rosenzarten Lippen, ihre süße Stimme, die seinen Namen flüsterte.
    Â»Wo warst du nur die ganze Zeit?«, fragte er, sich dunkel an eine schmerzliche Zeit der Trennung erinnernd.
    Sie legte den Zeigefinger auf seine Lippen und murmelte: »Schsch. Nicht so viel reden.«
    Er lachte, denn das hatte sie schon so oft zu ihm gesagt. Er zog sie an sich, um sie zu küssen.
    Der Boden unter der Weide war weich wie ein Federbett. Sie lag an seiner Schulter und spielte schläfrig mit seinen Fingern. »Mein Ring«, wisperte sie. »Trägst du ihn noch?«
    Er richtete sich halb auf und drehte an dem Ring an seinem kleinen Finger, um ihn abzuziehen. Sie schloss ihre Hand darum und lächelte. »Du hast ihn für mich verwahrt. Das ist so lieb von dir.« Sie nahm den Ring vorsichtig wie eine zarte Blume zwischen ihre Fingerspitzen und drehte ihn vor ihren Augen. »Es ist ein so schöner Ring«, sagte sie versonnen. »Wenn ich mich nur erinnern könnte, wo ich ihn herhabe. Weißt du es vielleicht?«
    Lluis dachte nach. Er hatte den Ring zum ersten Mal an Siirans Hand gesehen, als – als … aber er fand keine Erinnerung, nur ein Gefühl der Leere und des Verlustes, vor dem er zurückschreckte wie vor einem sengenden Feuer. Er zuckte bedauernd die Schultern. »Du hast ihn wohl von deinem Vater bekommen«, sagte er.
    Sie hauchte über den Ring und steckte ihn an den Finger. »Nein, nicht von meinem Vater«, sagte sie. »Aber es ist nicht wichtig.« Ihr Lächeln ließ sein Blut schneller durch die Adern fließen. Ihre Lippen näherten sich seinem Ohr, um es sanft zu beknabbern.
    Â»Oh«, machte sie überrascht und hob die Hand, um sein Haar aus der Stirn zu streichen. »Oh, natürlich!« Sie erklärte den Ausruf nicht weiter, obwohl er sie fragend anblickte.
    Sie näherte ihre Lippen seinem Mund, und ihr süßer Atem strich über seine Wangen. »Du musst einen Ersatz bekommen«, flüsterte sie. »Dafür, dass du meinen Ring gehütet hast. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, habe ich etwas für dich.« Ihre Lippen waren weich und kühl.
    Dann war sie fort, und Lluigolf fand sich alleine in seinem Versteck. Die Stelle an seinem Finger, wo der Ring so lange Zeit gesessen hatte, fühlte sich seltsam nackt und kalt an. Lluis streckte sich und schüttelte mühsam die Benommenheit ab, die ihn manchmal mit so großer Gewalt überfiel. Er sah sich um. Das war ein Platz, wie Siiran sie immer geliebt hatte. Seine Siiran, seine einzig Geliebte. Morgen, hatte sie gesagt. Immer musste sie fort, nach Hause, zu ihrem schrecklichen Vater, der sie so eifersüchtig hütete wie ein Liebhaber.
    Lluis hob die Hand, um die Zweige beiseitezustreifen, als eine hochgewachsene Gestalt vor dem Versteck auftauchte. Lluis erkannte helles Elbenhaar und tauchte schnell wieder in die schattige Dämmerung unter der Weide. Siirans Vater auf der Suche nach seiner Tochter und ihrem Liebhaber!
    Der Mann ging nicht fort, er blieb stehen und blickte durch die Zweige. Lluis hielt den Atem an und bewegte sich nicht. Er war durch den Stamm und die Wurzeln der Weide verborgen, ihr Vater konnte ihn nicht sehen.
    Sein Stoßgebet blieb jedoch ungehört. Der Mann schob die Zweige beiseite, beugte sich ein wenig nieder – Lluis hatte ganz vergessen, wie groß er war – und kam herein.
    Lluis kroch in sich zusammen, kauerte hinter der Weide und fluchte lautlos. Er hatte für seinen Geschmack genug Auseinandersetzungen mit Siirans Vater hinter sich, das war nichts, was er wiederholen mochte. Aber allem Anschein nach blieb ihm nichts anderes übrig, denn nach hinten konnte er wegen des kleinen Teichs, an dessen Ufer die Weide stand, nicht ausweichen.
    Â»Hallo?«, sagte der Elbe. Seine Stimme klang erstaunlich freundlich. »Ich bitte um Verzeihung, wenn ich störe. Ich habe gehört, dass hier jemand atmet und fragte mich, wer das wohl ist und ob er möglicherweise Hilfe braucht.«
    Lluis richtete sich verlegen auf. Sich zu verstecken wie ein kleines Kind, was für ein beschämendes Verhalten! »Ich bin es«, sagte er rau. »Lluigolf.«
    Â»Lluigolf«, sagte der Elbe nachdenklich. »Der junge Halbelbe, richtig?«
    Lluis nickte knapp. Die fragende Miene des anderen blieb unverändert, und seine hellen Augen fixierten einen Punkt irgendwo hinter Lluis. Ganz offensichtlich war er mit den Gedanken ganz

Weitere Kostenlose Bücher