Die Seele der Elben
drein, wie sie sich fühlte. Er hatte sein Flickenwams aufgeknöpft und spielte mit der klingelnden Kappe, warf sie hoch und fing sie wieder auf. Als er Vanandel erblickte, stand er auf und ächzte dabei.
»Was ist es bei dir? Auch die FüÃe?«, fragte Vanandel mitfühlend.
Er schüttelte den Kopf und deutete auf seine buntscheckige, enganliegende Hose. »Die schnürt mir alles ab«, sagte er. »Ich bin froh, dass dein Vater auf dem Ball keinen Narren neben sich sehen will, sondern einen würdevollen Barden!«
Vanandel lachte und öffnete ihre Tür. »Komm rein. Was willst du überhaupt? Ich muss mich umziehen, und das ist eine längere Prozedur!«
Sie verschwand hinter einem Paravent.
»Wo ist eigentlich deine Zofe?«, fragte der Barde.
»Ich habe ihr gesagt, dass sie mir heute nicht mehr unter die Augen kommen soll«, erwiderte Vanandel fröhlich. »Sie hat mich heute Morgen dermaÃen tyrannisiert, dass ich sie rausgeworfen habe. Also, was willst du?«
»Lluigolf.« Der Barde schüttelte seine Kappe, und die Glöckchen läuteten fröhlich.
»Was ist mit ihm?«
»Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass Uldisâ Tochter in ihn verliebt ist. Es hat ihn jedenfalls heftig erwischt.«
Vanandel stöhnte. Garness fuhr fort: »Ich habe einen Brief in der Tasche, den ich ihr geben soll.«
»Und? Warum kommst du damit zu mir?« Vanandel knöpfte ihr Mieder zu und strich die Falten ihres Rockes glatt. Sie kam hinter dem Paravent hervor, musterte sich im Spiegel und seufzte. »Ich sehe immer aus, als hätte ich gerade den Stall ausgemistet«, sagte sie missmutig.
Garness beugte sich vor und zupfte eine Locke aus ihrer Frisur, damit sie sich keck über ihre bloÃe Schulter ringelte. »Du siehst sehr hübsch aus«, sagte er.
Vanandel deutete einen Knicks an. »Danke, Herr Narr«, sagte sie spitz.
»Bitte, Fräulein Prinzessin.« Sie funkelten sich an, dann erweichte Vanandels Miene. »Ich bin schrecklich schlecht gelaunt«, sagte sie. »Dieses ganze Verlobungstheater geht mir auf die Nerven.«
»Was hast du eigentlich vor?«, fragte er. »Du wirst doch im Leben nicht mit diesem Tölpel und seinem Vater ins Lange Land umsiedeln.«
Vanandel antwortete nicht gleich. »Ich weià es noch nicht«, sagte sie dann gleichgültig. »Wahrscheinlich bleibt mir nicht viel anderes übrig. Was ist also mit Lluis?«
Garness runzelte die Stirn. »Soll ich diesen Brief abliefern oder nicht?«, fragte er geradeheraus. »Ich will nicht, dass diese arrogante Elbenbande über Lluis lacht!«
Vanandel drehte sich um und sah ihn mit offenem Mund an. »Das hätte ich von dir nicht erwartet«, sagte sie.
»Es wäre zu seinem Besten«, verteidigte er sich. »Oder glaubst du auch nur einen Moment, dass die hochnäsige kleine Gans seine Vernarrtheit erwidert?«
»Nein, das meine ich nicht«, sagte sie. »Aber gib ihr den Brief. Vielleicht lacht sie ihn ja aus â höchstwahrscheinlich wird sie das tun â, aber das dürfte genau die richtige Medizin für diese Verrücktheit sein.«
»Du bist herzlos und kaltschnäuzig«, sagte Garness nicht ohne Bewunderung.
»Oh, danke.« Vanandel befeuchtete einen Finger, um ihre Wimpern zu ordnen und die Augenbrauen glattzustreichen.
»Sag mal, du kennst Maris doch recht gut, oder?«, fragte sie betont beiläufig. »Was ist er so für ein Mensch?«
»Elbe, meinst du«, erwiderte Garness und kniff die Augen zusammen. »Warum interessiert er dich?«
»Oh â pff«, machte Vanandel und griff zur Puderquaste. »Er sagte, dass ihr befreundet seid, und das fand ich merkwürdig. Er ist so ganz anders als du.«
»Das klingt nicht sehr freundlich«, beschwerte sich Garness. »Als wäre ich es nicht wert, dass jemand wie Maris mich seinen Freund nennt.«
Vanandel verkniff sich mit Mühe eine spitze Bemerkung und puderte stattdessen energisch ihre Nase. »Nun erzähl mir schon von ihm«, sagte sie. »Wie kommt es, dass ein Blinder ausgerechnet als Bibliothekar arbeitet? Geht das überhaupt?«
Garness lehnte sich bequem zurück und faltete die Hände vor einem Knie. »Er ist schon etwas Besonderes«, sagte er versonnen. »Ich glaube, er ist länger am Bardenstein als jeder andere; und es stand mehr als einmal zur Diskussion, ihn zum
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