Die Seele der Elben
ärgerlich den Kopf und sagte: »Ich rede vollkommen blödsinniges Zeug. Ich kenne sie doch gar nicht!«
Garnessâ belustigte Miene war einem deutlich besorgten Gesichtsausdruck gewichen. »Es klingt durchaus ein wenig wirr«, sagte er vorsichtig. »Fühlst du dich ansonsten gut, Lluis?«
»Ausgezeichnet«, gab Lluis zurück. »Ich habe mich noch nie so gut gefühlt wie im Moment.«
Garness stützte das Kinn in die Hand. »Du warst immer ein bisschen zu ruhig für meinen Geschmack. Vielleicht tut es dir mal ganz gut, verrückt zu sein. Genieà es, Lluis. Aber sieh zu, dass du auch noch eine ordentliche Portion echte Chaantrea in dein Leben bekommst â nicht nur das Phantom.« Seine Augen funkelten vergnügt. »Und wenn du jemanden brauchst, der geheime Briefchen überbringt oder süÃe Botschaften flüstert: Der Narr eignet sich gut für das eine und der Barde versteht sich ausgezeichnet aufs andere.«
Lluis dankte ihm ein wenig überrascht für das groÃherzige Angebot.
»Morgen auf der Verlobungsfeier«, sagte Garness. »Sie werden da sein. Was soll ich ihr sagen?«
Lluis schluckte. »Ich ⦠ich weià nicht â was würdest du ihr sagen, wenn du an meiner Stelle wärst?«
Garness streckte sich wie eine träge Katze. »Ich? Ich würde ihr ein Ständchen bringen. Oder ihr ein Gedicht widmen. Sie zu einem Frühstück im Grünen entführen, mit Wein und süÃem Gebäck, an einem murmelnden Bach oder inmitten einer sanftgrünen Aue.« Er grinste. »Lass dir was einfallen, Herzensbrecher. Wie hast du die Mädchen denn sonst herumgekriegt?«
Lluis schluckte. »Mmmh«, machte er verlegen. Garness sah ihn fragend an.
»Ich habe nicht so sehr viel Ãbung darin, Mädchen herumzu⦠mich mit Mädchen zu verabreden«, gab Lluis zu. »Da war Siiran«, er unterbrach sich, weil ihn ein scharfer Stich durchfuhr, als er den Namen seiner toten Liebsten nannte. Hatte er sie denn über Chaantreas Liebreiz so vollkommen vergessen können? Unwillkürlich fuhr er mit dem Daumen über ihren Ring. Es prickelte.
»Chaantrea ist â¦Â«, begann er, aber Garness hob in gespieltem Entsetzen beide Hände.
»Ich weiÃ, ich weiÃ! Ihr Antlitz ist strahlender als die Sonne, lieblicher als der Mond und ihr Lächeln lässt die Vögel ihre schönsten Lieder singen.«
»Das ist schön«, sagte Lluis. »Darf ich mir das aufschreiben? Du hast doch gesagt, dass du ein Briefchen von mir überbringen würdest.«
Der Barde reichte ihm grinsend eine Feder und ein Stück Papier. Er stellte sich hinter Lluis und sah ihm kopfschüttelnd bei seinen Bemühungen zu, bis ihm schlieÃlich der Geduldsfaden riss und er Lluis einen feurigen Liebesbrief in die erwartungsvolle Feder diktierte.
»Und jetzt danke mir nicht«, sagte er, als er das Briefchen versiegelte und einsteckte. »Ich kann dir nicht versprechen, dass mein Botengang den gewünschten Erfolg bringt.«
Lluis dankte ihm trotzdem und verlieà den Barden.
Er war fest entschlossen, sich wieder an seine Arbeit zu begeben, aber sein Entschluss wurde in dem Moment zunichtegemacht, als er den groÃen Durchgang passierte. Er blickte hinüber zum Schlosspark, sah die Baumwipfel über der Mauer und fühlte eine groÃe Sehnsucht nach Gras unter seinen FüÃen und Laub über seinem Kopf. Er machte kehrt und lief zu der kleinen Seitenpforte, die den Gärtnern als Eingang zum Park diente.
Es war, als käme er nach Hause. Ãberall roch es nach Bäumen, Moos und frischer Erde. Er ging tiefer in den Park hinein, dorthin, wo die groÃen Bäume wuchsen. Es überraschte ihn nicht, dass unter der gröÃten Weide, deren tiefhängende Zweige den Boden streiften, eine Frau auf ihn wartete.
»Lluis«, sagte sie, nahm seine Hände und zog ihn in die natürliche Laube. Das Licht spielte grün und golden auf ihren blassen Zügen.
»Siiri«, sagte er mit einem abgrundtiefen Seufzer. Etwas Ungutes regte sich in seiner Erinnerung. War er seiner Geliebten nicht schon einmal gefolgt, in einen endlosen Wald, dessen liebliche Schönheit sich in etwas Schreckenerregendes verwandelt hatte?
Die Erinnerung verblasste, ehe sie Gestalt annehmen konnte. Da waren schlieÃlich die blauen Augen seiner Liebsten, die ihn so zärtlich anlächelten, ihre
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