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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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endlich in die Luft.
    Statt aber nun geradewegs nach Schloss Raakus zurückzukehren, legte sich Ranvidar in eine große Kurve und überflog das Anwesen noch einmal. »Vielleicht können wir etwas erkennen«, rief sie. »Halt die Augen auf, Bruder Schreiber.«
    Ich schluckte meine Antwort hinunter, dass meine kurzsichtigen Schreiberlings-Sehwerkzeuge mit den Augen eines Riesenadlers kaum konkurrieren konnten, und ebenso verkniff ich mir eine Bemerkung, dass wir doch eigentlich hatten zurückfliegen wollen. Ich klammerte mich fest, verfluchte den kalten Wind und wartete darauf, dass Ranvidar endlich die Lust verlor. Als mir langweilig wurde, schaute ich mir das Anwesen an. Das Haus sah aus, als wäre es verlassen und unbewohnt. Was auch immer seine Bewohner dort unten treiben mochten, es hinterließ keine Spuren, die aus der Luft auszumachen waren.
    Das sah wohl endlich auch Ranvidar ein, denn sie beendete die Runde und nahm Kurs auf Raakus. Ich seufzte erleichtert und freute mich auf eine heiße Tasse Schokolade, ein heißes Bad und warme Kleider. Mir war lausig kalt!
    Ranvidar setzte mich wieder vor meinem Fenster ab. Ich glaube, Adler haben das mit den Türen noch nicht richtig verstanden – auch wenn dieser spezielle Adler ganz offensichtlich das Konzept des Kellers begriffen hatte.
    Ich kletterte also etwas mühsam mit steifen Gliedern aufs Fensterbrett und hockte mich rittlings darauf, um noch ein paar Worte mit der Adlerfrau zu wechseln. Ich versprach ihr, sofort mit Maris zu reden und ihn auch zu fragen, ob er uns zum Wasserbergschen Anwesen begleiten würde. Die Frage, wie Ranvidar uns beide dorthin transportieren würde, verkniff ich mir. Wahrscheinlich hatte sie vor, erneut den knurrigen Gurmendor dafür einzuspannen.
    Dann war ich entlassen und ließ mich ins Zimmer fallen. Ich war müde wie ein Hund, hungrig wie ein Rudel Orks und durchgefroren wie ein neugeborenes Lamm im Frühlingsschnee, aber ich schleppte mich zur Tür und rief nach Maris. Nur, mein Begleiter war immer noch fort. Langsam machte ich mir Sorgen, aber diese Sorgen erstickten fürs Erste in einem Gähnen, das mir beinahe den Kiefer ausgerenkt hätte. Maris war schließlich ein erwachsener Elbe. Ich ließ meine Kleider und die schmutzigen Stiefel fallen und liegen, wo ich stand und kroch unter meine Decke.
    Maris saß neben meinem Bett, als ich erwachte. Ich hatte noch das letzte Echo eines erschreckten Schnarchens im Ohr und setzte mich verlegen und hastig auf.
    Â»Gut geschlafen, Bruder Schreiber?«, fragte der Barde lächelnd. Ich musterte ihn misstrauisch. Maris war schon wieder in so aufgeräumter Stimmung, dass es ein wahres Wunder war. Ich kannte ihn als einen sanftmütigen und gleichmäßig freundlichen, aber nicht auffällig fröhlichen Elben. Aber in der letzten Zeit, seit wir hier im Schloss weilten, neigte er dazu, ständig in sich hineinzugrinsen wie ein geisteskranker Fischhändler.
    Â»Was ist los?«, erwiderte ich gallig. »Hat endlich jemand den Meistersänger vom Turm gestoßen? Du bist so unausstehlich gut gelaunt, Maris Elbenstern.«
    Er lächelte schon wieder und tätschelte meine Schulter. »Was man von dir beim besten Willen nicht behaupten kann, alter Freund. Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?«
    Ich warf die Decken von mir und stand auf. »Ein ausgewachsener Adler«, beschwerte ich mich und suchte nach einer Bürste, um meine schlammverkrusteten Stiefel zu reinigen.
    Maris nickte verständnisvoll. »Ranvidar kann sehr hartnäckig sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Was hat sie mit dir angestellt?«
    Ich knurrte und erzählte ihm die ganze Geschichte meiner Entführung und die unrühmliche Rolle, die ich als Einbrecher hatte spielen müssen.
    Maris hörte zu, schüttelte den Kopf, gab verständnisvolle Laute von sich – alles Dinge, die ich von ihm erwartete – und begann am Ende, als ich ihm von meiner Flucht erzählte, leise in sich hineinzulachen.
    Â»Maris Elbenstern!«, sagte ich empört. »Welcher Dämon reitet dich, dass du so unverschämt albern daherkommst – du, das würdevollste Mitglied des Bardensteins?«
    Maris wischte sich die Augen. »Verzeih mir, mein Lieber«, sagte er. »Aber die Vorstellung, wie du mit Ranvidar durch dieses Wäldchen stolperst …«, wieder brach er in Gelächter aus.
    Ich muss

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