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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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hochgezogenen Knie und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. »Es muss erst Gras über alles wachsen«, überlegte sie laut. »Mein Vater darf auf keinen Fall eine Verbindung zwischen uns beiden wittern. Das heißt, du musst abreisen, bevor ich verschwinde. Du gehst an den Bardenstein zurück und tust, was auch immer du dort zu tun hast. Staubst deine Bücher ab und zählst sie durch, was weiß ich.«
    Sie wehrte seine Hand ab und fuhr fort: »Ich warte bis zur Hochzeit. Dann lasse ich mein Imago übernehmen und verschwinde. Hier wird so viel Trubel sein, dass das kein Problem geben dürfte. Ich muss mir eine Bleibe suchen, in der ich eine Zeit lang unterschlüpfe. Ich muss mir etwas für Groszbarrt überlegen. Und ein paar Leute müssen eingeweiht werden, damit sie mir nicht aus Unwissenheit einen Strich durch die Rechnung machen. Ach, es ist so schwierig!« Sie streckte die Arme aus und ließ sich an Maris’ Schulter sinken. »Sag was«, forderte sie.
    Er ließ die Finger durch ihr Haar gleiten. »Der Teil mit ›du reist ab, bevor ich verschwinde‹ hat mir nicht sehr gefallen.«
    Â»Mir auch nicht«, gab sie zu. Sie nestelte am Ärmel seiner Tunika herum. »Du hast ein Haus in Weidenheim? Davon hast du mir nie erzählt. Lluis kommt von dort.«
    Â»Ich weiß«, er streifte ihre Stirn mit den Lippen. »Aber ich war schon einge Menschenalter nicht mehr dort. Eine Verwandte kümmert sich um das Haus.«
    Vanandel schauderte unwillkürlich und wich zurück. »Einige Menschenalter«, wiederholte sie. »Ach, Maris, ich werde irgendwann alt und runzlig sein und sterben, und du bist wieder allein.« Sie zog die Schultern hoch. »Du wirst mich ohnehin verlassen, wenn ich alt und hässlich geworden bin«, murmelte sie.
    Er zog sie wieder an sich. »Ich bleibe bei dir«, sagte er. »Ich habe so lange auf dich gewartet.«
    Sie sprachen nicht weiter über Pläne und Hochzeiten und die ungewisse Zukunft, sondern saßen Hand in Hand, schauten zum Fenster hinaus und freuten sich aneinander und an diesem so kostbaren und friedlichen Moment der Ruhe.
    Vanandel schreckte auf wie aus einem Traum, als sich unversehens die Tür öffnete. Maris hielt sie fest und sagte besänftigend: »Es ist nur Tijan, ich kenne seinen leichten Schritt. Komm herein, Bruder Schreiber.«
    Wirklich war der kleine Mönch eingetreten und verharrte an der Tür. »Ich wollte nicht stören«, sagte er mit seiner erstaunlich tiefen Stimme.
    Vanandel rückte verlegen ein Stück von Maris weg und machte Anstalten, sich zu erheben. »Ich muss gehen«, sagte sie.
    Â»Bitte bleib noch«, sagte Maris.
    Vanandel schüttelte den Kopf und mied den Blick des Schreibers, der sie, wie sie fand, mit großem Befremden musterte. »Ich muss mich um meine Verpflichtungen kümmern. Man wird schon nach mir suchen.« Sie strich ihr Kleid glatt.
    Â»Welche Angelegenheiten warten auf dich? Und können sie nicht noch ein wenig länger warten?«
    Vanandel räusperte sich unbehaglich. Tijan hatte sich inzwischen rücksichtsvoll in sein kleines Zimmer nebenan zurückgezogen, aber sie fühlte sich dennoch beobachtet. »Allerlei, was noch erledigt werden muss«, sagte sie daher ausweichend. »Heute reisen die letzten der Verlobungsgäste ab, ich muss sie verabschieden. Dann hat mein Vater die neue Verwandtschaft zum Tee geladen. Und vorher ist auch noch dieses und jenes …«
    Â»Dein Verlobter«, sagte Maris.
    Sie suchte in seinem hellen Gesicht nach Anzeichen von Eifersucht oder Besorgnis. Aber da war nur sichere Gelassenheit. Vanandel verspürte ein kurzes Aufwallen von Zorn. Wie konnte er ihrer so sicher sein? War sie so wenig wert, dass ihm der Gedanke, sie vielleicht doch noch zu verlieren, gar nicht in den Sinn kam?
    Â»Ja, mein Verlobter«, erwiderte sie kurz und kühl. »Er hat nun gewisse Rechte und kann erwarten, dass ich mich um ihn kümmere.«
    Maris nickte nur. »Dann geh, kümmere dich um ihn«, sagte er mit dieser gleichmäßigen Freundlichkeit, die sie so an ihm liebte und die ihr gerade jetzt so sehr auf die Nerven ging.
    Â»Das werde ich mit großem Vergnügen tun«, fauchte sie und fuhr zur Tür herum.
    Nach zwei aufgebrachten Schritten fand sie sich in Maris’ Armen wieder. Sie wehrte sich einen Atemzug lang gegen die Umarmung, dann ergab

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