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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Wenn du einen Moment Zeit für mich hättest, würde ich mich gerne mit dir unterhalten.«
    Lluis willigte verdutzt ein und folgte dem Wasserbergschen in ein kleines Zimmer, bei dem es sich unverkennbar um das Arbeitszimmer des Hausherrn handelte. Er nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz, kreuzte die Hände im Schoß und erwartete die Standpauke.
    Â»Möchtest du etwas trinken?«, überraschte der Elbe ihn erneut. Er wartete Lluis’ Antwort nicht ab, sondern schenkte aus einer Karaffe zwei Gläser ein. »Erzähl mir etwas von dir«, forderte er Lluis auf, nachdem er sich ihm gegenüber in einen abgewetzten Lehnstuhl gesetzt hatte. Er nippte an seinem Glas und stellte es auf der Armlehne ab. Der Blick seiner hellen Augen wich nicht von Lluigolfs Gesicht.
    Lluis ließ sein Glas unberührt stehen. Er verschränkte unbehaglich die Finger ineinander. »Was soll ich erzählen?«, fragte er.
    Â»Dein Elternhaus«, erwiderte der Elbe. »Erzähl mir von deiner Mutter. Lebt sie noch oder ist sie schon gestorben?«
    Lluis hielt die Luft an, so grausam beiläufig erschien ihm die Frage. »Sie lebt und erfreut sich bester Gesundheit, danke«, antwortete er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Was wollte dieser hochmütige Elbe von ihm?
    Der Herr von Wasserberg nahm den Blick nicht von ihm. »Sie war bestimmt von großer Schönheit, als sie jung war«, bemerkte er. Lluis sah ihn verwundert an. »Nun, da doch ein Mann meines Volkes sich in sie verliebt hat«, erklärte der Herr von Wasserberg.
    Lluis schnappte nach Luft. »Sie sind nicht besonders höflich«, sagte er. »Aber ja – meine Mutter war die schönste unter den Kammerfrauen der Markgräfin.«
    Uldis, Herr von Wasserberg, zuckte mit den Lidern und neigte dann entschuldigend den Kopf. »Du hast recht, und ich bitte um Verzeihung«, sagte er. »Aber was die Frage der Höflichkeit betrifft – du hast es versäumt, mir deine Anwesenheit in meinem Haus kundzutun, ehe du Chaantreas Gemächer betreten hast. Ich denke, wir sind damit quitt.«
    Lluis schluckte. »Chaantrea …«, begann er.
    Ihr Vater winkte ab. »Ich weiß«, sagte er. »Sie hat etwas sehr Bestimmendes, und wenn sie ihren Kopf durchsetzen will, dann tut sie das.« Er überraschte Lluis mit einem winzigen Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Die blieben weiterhin starr und ein wenig verwundert auf sein Gegenüber gerichtet.
    Â»Deine Mutter«, begann er wieder. Er drehte einen Siegelring an seinem Finger und rieb gedankenverloren daran herum. »Sie war eine der Kammerfrauen Daglinds?«
    Daglind. Wie beiläufig er die verstorbene Markgräfin bei ihrem Vornamen nannte. Lluigolf nickte knapp. Der Elbe berührte den Siegelring nachdenklich mit den Lippen. »Dunkelhaarig war sie, so wie du, denke ich? Nicht groß, eher zierlich, mit großen dunkelbraunen Augen wie glänzende Kastanien?«
    Lluigolf hielt den Atem an, nickte knapp.
    Der Elbe schloss halb die Augen. »Warte«, sagte er. »Warte … Eilinn? Ist das deine Mutter?«
    Â»Rialinn ist ihr Name«, erwiderte Lluigolf.
    Der Elbe nickte langsam. »Rialinn. Ja, das war ihr Name. Eine Schönheit, das ist wahr. Die zierlichsten kleinen Hände und Füße, die man sich denken kann. Schlanke weiße Finger, die viel zu zart und edel erschienen für eine Kammerfrau.« Sein Blick verschleierte sich, als er in seine Erinnerungen versank.
    Lluis kniff die Augen zusammen. Misstrauen keimte wie eine stachlige Distel in seinem Inneren auf. »Kennen Sie meinen Vater?«, fragte er unverblümt und schroff.
    Der Herr von Wasserberg schrak auf. »Was?« Er schüttelte abwehrend den Kopf. »Damals weilte eine größere Gruppe meines Volkes bei Hofe. Es war die Zeit der letzten Orkkriege, es herrschte große Unruhe im Wandernden Hain und der Sommerpalast glich einem aufgeschreckten Bienenstock. Der Rat hatte uns an den markgräflichen Hof geschickt, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen.« Sein Blick weilte in der Vergangenheit, und Lluis nutzte die Gelegenheit, sein Gesicht eingehend zu betrachten. Wieder fiel ihm die große Ähnlichkeit des Wasserbergschen mit Maris, dem Elbenbarden, auf. Beiden war eine gewisse Mattigkeit und Erschöpfung zu eigen, die gar nicht recht zum lebenssprühenden Elbenvolk zu passen schien, wie er es in Weidenheim erlebt

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