Die Seele der Elben
Möbeln um. Es war unverkennbar das Zimmer eines weiblichen Wesens, mit freundlich gemusterten Stoffen, kleinen BlumensträuÃen und allerlei hübschen Ziergegenständen aus Silber, Gold und Porzellan, die auf niedrigen Tischchen und in einer hübschen Vitrine präsentiert wurden. Kerzen brannten, im Kamin glomm mattrötliche Glut und sandte heimelige Wärme durch den Raum.
»Setz dich irgendwohin«, sagte Chaantrea. »Ich möchte mich umziehen, diese Kleider sind unbequem.«
Sie verschwand durch eine Tapetentür in einen Nebenraum. Die Tür blieb angelehnt, und Lluis, der sich in einem bequemen Sessel in der Nähe des Kamins niedergelassen hatte, hörte die leichten Schritte seiner Angebeteten und das verheiÃungsvolle Rascheln feiner Stoffe.
Er seufzte unwillkürlich und betrachtete seine nicht allzu reinlichen Beinkleider. Die Arbeit in der Gastwirtschaft hatte deutliche Spuren auf seinen Hosenbeinen und Schuhen hinterlassen: Spritzer von verschütteten Getränken, Sägemehl, und auch an seinen Schuhen klebte Unrat. Er fischte ein Taschentuch aus seiner Jacke und sah sich nach etwas Wasser um. Auf einem Tischchen fand er eine Karaffe. Er schüttete eine groÃzügige Menge auf sein Taschentuch und wischte damit über seine Hosenbeine und Schuhe, was dem Gesamtbild eher schadete als nützte. Betrübt blickte er auf seine verdorbenen Beinkleider herab.
»Was treibst du da?«, erklang Chaantreas Stimme, die trotz aller Lieblichkeit bei dieser Frage eine gewisse Schärfe vernehmen lieÃ.
Lluis lieà das feuchte, schmuddelige Tuch eilig in seiner Rocktasche verschwinden. »Ich habe nur versucht, mich ein wenig präsentabler herzurichten.«
Sie lächelte kühl und lieà sich anmutig auf ein Ruhebett sinken, das unweit des Kamins stand. »Gibst du mir etwas zu trinken?«, fragte sie.
Lluis sprang auf und eilte zu dem Tischchen mit der nahezu geleerten Karaffe. Er füllte ein Glas und brachte es ihr.
Chaantrea trank es durstig leer und lieà dann den Kopf ermattet gegen die Lehne des Ruhebettes sinken. »Komm her«, sagte sie, und Lluis fand, dass die Aufforderung nicht besonders freundlich, sondern eher scharf und herrisch klang. Aber ihr Gesicht war so müde und blass, dass er den Ton verzieh und zu ihr eilte. Er kniete neben dem Ruhebett nieder und ergriff die matt herabhängende Hand, um ihre Fingerspitzen zu küssen.
»Lass das doch«, sagte sie unwillig und entzog ihm ihre Hand, um sie in seinen Nacken zu legen. Er folgte dem Druck ihrer Finger und beugte sich gehorsam vor. Ihre Lippen näherten sich seinem Mund.
Lluis hörte, wie die Tür sich öffnete. Er richtete sich hastig auf, und Chaantrea stieà einen empörten Laut aus.
»Der junge Lluigolf, was für eine Ãberraschung«, sagte eine mild erstaunte Stimme. Lluigolf erwiderte verlegen den Blick des Herrn von Wasserberg. Er hielt sich mitten in der Nacht im Zimmer seiner Tochter auf â aber der Elbe nickte ihm nur zu. »Liebes, wenn ich dich kurz einmal sprechen dürfte.«
»Misch dich nicht ein«, erwiderte Chaantrea heftig.
Der Herr von Wasserberg hielt weiterhin die Tür auf. Lluis sah sich genötigt, dem stummen Wink Folge zu leisten und ging hinaus. Die Tür schloss sich hinter ihm, und er stieg die Treppe hinunter, fröstelnd und sich fragend, was er nun tun sollte. War das ein verblümter Hinauswurf und falls dem so war â wie sollte er ins Stadtschloss zurückgelangen? Da stünde ihm ein langer, unerfreulicher FuÃmarsch bevor. Nein, er wollte sich nicht in der Nacht davonstehlen wie ein ertappter Dieb. Er würde warten, bis entweder der Hausherr oder seine Tochter ihm den ausdrücklichen Laufpass gab.
Mit einem Mal bis auf die Knochen müde, setzte er sich auf einen der gepolsterten Schemel in der Eingangshalle und lehnte den Kopf an die Wand.
Eine Hand rüttelte nicht allzu sanft an seiner Schulter, und eine Männerstimme rief ihn an. »Wa⦠was?«, schrak er auf, einige Atemzüge lang ohne jede Orientierung.
Die Hand griff nach seinem Arm und half ihm hoch. Lluis schüttelte seine Schläfrigkeit ab und dankte dem Hausherrn, in der Erwartung, dass der ihm nun höflich, aber bestimmt die Tür weisen würde.
Zu Lluigolfs Ãberraschung nickte der Herr von Wasserberg ihm freundlich zu und sagte: »Entschuldige, dass ich dich hier habe warten lassen.
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