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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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siehst aus wie ein Mensch und du heißt wie ein Mensch. Also zieh nicht so ein Gesicht.«
    Â»Mein Vater war ein Elbe«, sagte Lluigolf grimmig. »Also?«
    Trurre verstaute bedächtig seine Pfeife und krempelte die Ärmel hoch. Seine Arme waren genauso muskulös wie die des riesigen Schmieds in Weidenheim. Lluigolf begutachtete die breiten Schultern des Zwerges und seufzte unhörbar. Wenn er sich jetzt mit diesem Kraftpaket prügeln musste, dann musste es eben sein.
    Trurre sah sein Gesicht und begann zu lachen. Er schlug Lluis auf die Schulter, dass der Halbelbe aufstöhnte, und hielt ihm die Pranke hin. »Freunde«, sagte er.
    Â»Freunde«, erwiderte Lluigolf erleichtert und schlug ein. Die Finger des Zwerges schlossen sich warm und fest um seine Hand.
    Â»Ich sollte mich aufmachen«, sagte Trurre und blickte zum Himmel auf. Die Sonne war ein deutliches Stück tiefer zum Horizont gewandert. »Es macht keinen guten Eindruck, seinen Lehrmeister aus dem Bett zu werfen – und ich weiß nicht, wie weit ich noch laufen muss.« Er sah auf seine kurzen Beine nieder und zuckte ergeben die Schultern, ehe er aufstand und seinen Reisesack schulterte. »Leb wohl, Freund Lluigolf«, sagte er. »Vielleicht laufen wir uns ja wieder über den Weg.« Er legte grüßend eine Hand an die Stirn, winkte der beschäftigten Blida zu und verschwand in der Menge.
    Lluigolf sah ihm ein wenig wehmütig nach. Dann nahm auch er sein Bündel unter den Arm. »Wo gehst du jetzt hin?«, rief Blida ihm nach, aber ehe er antworten konnte, war sie schon wieder mit dem langen Bestellzettel beschäftigt, den ein missmutig dreinblickender Dienstbote ihr ungeduldig unter die Nase hielt.
    Lluigolf winkte noch einmal, sah sich um und wählte dann einen Weg, der ihn hoffentlich ins Zentrum der Stadt führen würde. Es war die gleiche Richtung, die auch der Zwerg eingeschlagen hatte, und sie erschien ihm so richtig wie jede andere – er kannte sich ja ohnehin nicht aus in der Residenz. Also auf ins Abenteuer.

Der Mond stand schon hoch am Himmel, als Lluigolf sich eingestehen musste, dass er auch für diese Nacht keinen Schlafplatz finden würde. Es war, wie Blida gesagt hatte, die Herbergen, Gasthäuser und sogar Lagerschuppen und Ställe waren bis zum letzten Plätzchen mit Übernachtungsgästen belegt. Lluigolf hatte sogar ein Gasthaus gesehen, in dessen Schankstube die Leute auf den Tischen und Bänken lagerten – denn der Fußboden war bereits ebenfalls überfüllt.
    Seine Füße taten weh vom ungewohnten Kopfsteinpflaster, und er war müde wie ein Hund. Schließlich gab er es auf, kreuz und quer durch Raakus zu stiefeln und nach einem Nachtquartier zu suchen. Er ließ sein Bündel fallen, wo er stand, und kroch damit in die schmale Lücke zwischen zwei Häusern. Hier lag er so gut wie irgendwo sonst im Freien, und zudem konnte niemand auf ihn treten oder über ihn stolpern, wie in den letzten Nächten, die er an belebteren Plätzen verbracht hatte. Er schob sein Bündel unter den Kopf, wickelte sich in seine Decke und war im gleichen Augenblick eingeschlafen.
    Lluigolf erwachte aus einem wirren Traum, in dem er auf einem hüpfenden, schlingernden Karren mit einem bärenstarken und vielarmigen Wesen rang, das fortwährend graublaue Rauchwolken ausstieß. »Du stinkst, Elbenbengel«, sagte ein Hund, der neben ihnen auf einem Kartoffelsack hockte und einen überschwappenden Krug in den Pfoten hielt. Die Flüssigkeit aus dem Krug spritzte ihm ins Gesicht, und der Hund begann bellend und knurrend zu lachen.
    Lluis befreite sich aus seiner Decke und setzte sich auf. Es nieselte leicht, und in seinen Ohren dröhnte immer noch das Lachen des Hundes. Dazu gesellten sich jetzt auch noch vielstimmige Rufe und das Schrillen einer Signalpfeife. Er reckte den Hals, um auf die Straße zu spähen, aber die Dunkelheit und der leichte Regen verwehrten ihm die Sicht. Er ließ sich zurücksinken und zog die Decke zum Schutz über den Kopf. Es war ihm gleich, wer oder was da draußen sein lautstarkes Unwesen trieb – hier in seinem Versteck würde ihn niemand behelligen.
    Der Lärm und die Unruhe kamen näher. Jetzt hörte er auch noch das Geräusch rennender Füße, die ganz in der Nähe über das Pflaster klatschten. Als er sich gerade fragte, wer da wohl vor was davonlief, verdunkelte sich

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