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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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»Du hast wohl noch keinen Zwerg gesehen, junger Freund? Trurre Silberzunge – in voller Länge, wie ich betonen möchte.« Er klopfte mehligen Staub von seiner Lodenjoppe und machte eine scherzhafte kleine Verbeugung.
    Â»Lluigolf aus Weidenheim«, stotterte der Halbelbe verlegen.
    Â»Sehr erfreut, Lluigolf aus Weidenheim.« Der Zwerg legte einen Finger an die knollige Nase und zwinkerte.
    Der Karren schaukelte auf einen großen Platz hinaus, auf dem Mensch und Getier sich noch dichter drängelten als in den Gassen. Blida stieß einen äußerst farbigen Fluch aus und entschuldigte sich mit einer Handbewegung. »Ich bin zwei Tage zu spät«, erklärte sie. »Ich kann heilfroh sein, wenn Melven mir meinen Platz freigehalten hat.«
    Aber zuerst blieb der Karren im dichten Gewühl stecken wie in einem Schlammloch.
    Kurz entschlossen sprang der Zwerg von seinem Hochsitz und drängelte sich unter Einsatz seiner Stiefel und Ellbogen zum Kopf des Karrengauls vor. Dort griff er nach dem Zaumzeug und arbeitete sich durch das Getümmel, freigebig seine Faust benutzend. Obwohl er kaum größer war als ein Kind, wichen die Leute ihm schimpfend aus – die Püffe und Knüffe, die er austeilte, schienen äußerst wirkungsvoll zu sein.
    Blida lachte entzückt und rief dem Zwerg Anweisungen zu: »Rechts herum! Tritt dem fetten Kerl auf die Zehen, jawohl! Jetzt Richtung Brunnen – das ist da, wo dir dieses aufgetakelte Segelschiff im Weg steht!« Ein spitzer Schmerzenslaut ertönte, den Blida mit einem begeisterten »Treffer!« kommentierte.
    Lluigolf grinste, lehnte sich bequem zurück und genoss das Schauspiel, bis ihr Fahrzeug vor einem kleinen, abgesperrten Geviert anhielt. »Melven, danke, dass du meinen Platz verteidigt hast«, rief Blida. Sie sprang vom Bock und fiel einer dürren jungen Frau in bunten Kleidern um den Hals, die erstaunt den staubbedeckten Zwerg musterte.

    In der nächsten Stunde luden Blidas Fahrgäste all die Kisten, Körbe und Säcke vom Karren, während die Bäuerin mithilfe ihrer Nachbarin den Stand errichtete.
    Als alles an Ort und Stelle war, hockten sich Lluigolf und Trurre im Schatten des Sonnensegels auf einen Sack mit Kartoffeln, streckten die Beine von sich und verschnauften.
    Der Zwerg fischte eine stummelige Pfeife aus seiner Jackentasche und stopfte sie mit krausem, krümeligem Kraut. Dann bot er Lluigolf seinen Tabaksbeutel an. Der Halbelbe lehnte ab und sah zu, wie der Zwerg die Pfeife zwischen die Zähne klemmte.
    Blida kam heran und hielt einen Krug und einen kleinen Korb in die Luft: »Ihr müsst doch Hunger haben!«
    Lluigolf nahm ihr die Mahlzeit ab und drehte sich zu Trurre um.
    Â»Essen«, stieß der Zwerg hervor und schnitt eine jämmerliche Miene. »Gute Frau, bist du dir bewusst, dass du soeben mein Leben gerettet hast?« Er sah ungeduldig zu, wie Lluigolf den Inhalt des Korbes auf ein sorgsam auf dem Kartoffelsack ausgebreitetes Tuch legte. Dann griffen seine breiten Finger zielsicher nach einem gebratenen Hühnerbein und einem Becher Apfelmost. Mit einem genießerischen Stöhnen biss er in den Schlegel.
    Sie schmausten stumm und hingebungsvoll. Endlich lehnte sich Trurre zurück, wischte sich den Mund und fingerte seine Pfeife wieder aus dem Gürtel. Lluigolf, der schon eine geraume Weile zuvor die Segel gestrichen hatte, grinste. »Du kannst aber eine ordentliche Menge verputzen«, sagte er anerkennend.
    Trurre grinste und schickte schon wieder blaue Wölkchen in den Himmel. Lluigolf staunte. Der Zwerg schien außerordentlich fingerfertig zu sein – er brachte seine Pfeife noch schneller zum Glühen, als er vorhin zwischen den Hühnerbeinen gewütet hatte.
    Trurre nahm die Pfeife aus dem Mund und stopfte mit seinem Daumen den glimmenden Tabak fest. Er musterte Lluigolf mit zusammengezogenen Brauen. »Du riechst nicht wirklich nach Mensch«, konstatierte er und kratzte sich an der Nase. »Dein Geruch ist elbisch. Aber du siehst nicht aus wie ein Elbenbengel. Was bist du?«
    Lluigolf lehnte sich zurück und kreuzte wachsam die Arme vor der Brust. »Ich rieche also wie ein Elbe?«
    Â»Allerdings«, Trurre spuckte aus. »Das ist ein Geruch, den kein Zwerg jemals verwechseln würde. Nichts für ungut. Ich persönlich habe nichts gegen Elben. Ich kenne nämlich keine.« Er stieß Lluigolf in die Seite. »Du

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