Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
gerochen.«
    Hadmut zog den Kopf zwischen die Schultern und brütete vor sich hin. Das Stäbchen verqualmte zwischen seinen Fingern. Dann stand der Bursche auf und warf den Rest zu Boden. »Ich hau ab«, verkündete er. »Vielleicht kommt Groszbarrt alleine zurück, dann will ich weg sein.«
    Er blickte auf Lluigolf hinunter, die Hände in die Hüften gestemmt. Er war nicht groß, vielleicht eine Handbreit kleiner als Lluis, und sah schmal und zäh aus. »Danke, dass du mich nicht verpfiffen hast«, sagte er rau. »Du hast was gut bei mir. Wenn du mich brauchst, frag im Einäugigen nach mir.« Mit diesen Worten trat er auf die Straße und verschmolz lautlos mit den Häuserschatten.

    Den nächsten Tag verbrachte Lluigolf erneut mit der fruchtlosen Suche nach einer Unterkunft und – nachdem er in einer Garküche gegessen hatte – einer Möglichkeit, seinen in den letzten Tagen bedrohlich geschrumpften Geldbeutel aufzupolstern. Er schleppte auf dem Markt Kisten und bot sich nobel gekleideten Herrschaften als Lastenträger an, was ihm am Ende des Tages schließlich einige kümmerliche Kupfermünzen eingebracht hatte. Die Löhne in der Residenz waren so mager, wie die Preise hoch und die Manieren mancher Herrschaften erbärmlich waren. Sein letzter Auftraggeber, ein sich überaus vornehm gebärdender Lackaffe mit gepuderter Perücke und wahren Kaskaden von schneeweißen Rüschen an seinen prächtigen Kleidern, hatte ihn kreuz und quer über den Marktplatz gescheucht und dann noch seine Einkäufe durch die halbe Stadt schleppen lassen – bis zu einem schmucken Palais, vor dessen Tür er Lluigolf dann ohne Bezahlung hatte stehen lassen. Als Lluis empört, aber höflich seinen ihm zustehenden Lohn forderte, hatte der Mann ein paar baumlange Lakaien gerufen, die ihn unsanft in die Gosse befördert hatten.
    Der Vorfall hatte ihn vollends ernüchtert. So glanzvoll und aufregend er sich das Leben in der Residenz vorgestellt hatte, war es auch – aber ganz sicher nicht für jemanden, dessen Mittel so begrenzt waren wie die seinen.

    Jetzt aber musste er erst einmal einen Schlafplatz finden. Er verspürte wenig Lust, dem furchterregenden Orkkommandanten und seiner Meute noch einmal in die Arme zu laufen. Er wanderte durch das rege nächtliche Treiben und freundete sich mit dem Gedanken an, die ganze Nacht so weiterzumachen – denn das konnte ja wohl nicht verboten sein.
    Seine Schritte führten ihn schließlich in eine düster anmutende Gegend, so weit entfernt von dem schmucken Viertel rund um das Stadtschloss und seiner Wache, wie es nur ging. Lluis wich dem allgegenwärtigen Unrat aus, der in der Gosse und in Haufen auf der Straße lag, und suchte nach einem Plätzchen, wo er für einen kurzen Moment seine müden Glieder ausruhen konnte. Aus trübe beleuchteten Türöffnungen drang betrunkenes Grölen und das schrille Gelächter von Frauenstimmen. Er blieb vor einer der Schenken stehen und warf einen zögerlichen Blick hinein, aber der Anblick von übelriechenden Pfützen, schmutzigem Sägemehl und rußgeschwärzten Wänden und Deckenbalken boten einen wenig einladenden Anblick, ebenso wie die meist betrunkenen Gäste des schmuddeligen Schuppens. »Da begegne ich lieber noch mal dem Hundekopf«, murmelte Lluis und hieß seine müden Füße weiterlaufen.

    Er überquerte einen menschenleeren Platz und ging auf eine Kaschemme zu, deren Wirtshausschild einen bärtigen Finsterling mit Augenklappe zeigte, der drohend einen Maßkrug schwenkte. Erst als er vorüber war, fielen ihm die Worte seiner nächtlichen Bekanntschaft ein. Was hatte Hadmut gesagt? Frag im Einäugigen nach mir . Kurz entschlossen machte er kehrt und betrat die Schenke.
    Das verräucherte Innere glich den anderen Lokalen, an denen er vorübergekommen war. Die Luft war alkoholgeschwängert und auf den Bänken hockten Zecher in allen Stadien der Trunkenheit. In der Mitte des Raumes standen einige Tische – besser gesagt, Holzplatten, die auf rohen Böcken lagerten –, umringt von Hockern und wackeligen Stühlen. Hier wurde nicht nur getrunken, sondern auch gespielt. Lluigolf sah Kartenrunden, einige Tische, an denen ein Brettspiel gespielt wurde, das er nicht kannte, und ein paar »Wolf und Schafe«-Spieler. Das Klappern der Spielsteine und das Klimpern der Münzen,

Weitere Kostenlose Bücher