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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sein zukünftiger Schwiegersohn sich über Uhren, Jagdhunde oder die Schwierigkeit, frische Dracheneier aufzubewahren, unterhielten. Es interessierte sie nicht besonders, dass Dracheneier am besten in einem Becken mit fließendem Wasser gelagert wurden, damit sie nicht gelegentlich in Flammen aufgingen. Sie wusste, dass eine Sammlung versteinerter Dracheneier in einer der markgräflichen Vitrinen ruhte und dass ihr Vater sehr stolz darauf war, die wahrscheinlich größte Sammlung in den Mittländern zu besitzen.
    Sie seufzte und stützte das Kinn in die Hand. Erno war ein begnadeter Langweiler – außer, man interessierte sich für Dracheneier, Jagd und gutes Essen.
    Â»Was machst du für ein Gesicht, mein Kind?«, fragte ihr Vater und wandte sich gleich wieder Erno zu, ohne ihre Antwort abzuwarten. Vanandel schnitt den beiden Männern eine Grimasse und wünschte sich nicht zum ersten Mal an diesem Abend, ihr Imago säße an ihrer statt hier. Aber der Magus bemühte sich immer noch, das Zauberwerk nach ihren Vorstellungen zu vervollkommnen, sodass das Imago zeitweilig überhaupt nicht mehr zu gebrauchen war. Heute früh hatte es ein bitterböses Gesicht gezogen und sich geweigert, sich hinzusetzen. Vanandel war sich nicht sicher, ob dieses Verhalten einem der beiden Männer überhaupt aufgefallen wäre, aber ihre Anstandsdame hätte womöglich Anstoß daran genommen.
    Mit einem unhörbaren Seufzer rutschte sie ein wenig bequemer im Sessel zurecht und begann, weiter an ihren Plänen für die Zukunft zu arbeiten. Ihre Verlobung war für den Tag angesetzt, an dem der Langländer auf dem Rückweg von einer Reise in die Östlichen Marschen hier in Raakus Station machte, was voraussichtlich noch in diesem Monat geschehen würde. Danach blieben ihr bestimmt noch eine oder zwei Jahreszeiten, bevor die Hochzeit stattfand. Ihr Vater würde es sich nicht nehmen lassen, den Langländer zu beeindrucken, und das bedeutete einen Haufen Vorbereitungen. Sie verkniff sich ein Lächeln – der dicke Haushofmeister beklagte sich ja jetzt schon über die Vorbereitungen zur Verlobungsfeier, und die Hochzeit würde sicher noch mehr Staub im sonst eher geruhsamen Betrieb des Schlosses aufwirbeln.
    Also noch zwei Jahreszeiten, wenn alles seinen Gang ging. In dieser Zeit musste sie es schaffen, sich so in ihrem zweiten Leben einzurichten, dass sie unauffindbar aus dem Schloss verschwinden konnte.
    Sie beknabberte gedankenverloren ihren Daumennagel. Magister Davydd würde sie zu beschwatzen wissen – schlimmstenfalls konnte sie ihm damit drohen, ihrem Vater von seinem Anteil an der Täuschung zu berichten. Aber Groszbarrt konnte ihrem Vorhaben gefährlich werden. Er würde die Stadt nach ihr durchkämmen und sicherlich nicht eher Ruhe geben, bis er ihre Spur aufgenommen hatte. Für den Rudelführer musste sie sich noch etwas einfallen lassen. Und sie brauchte eine plausible Geschichte für Vibol, damit er ihr half, in Schönweiler oder Lerneburg Fuß zu fassen.
    Die Unterhaltung im Salon war verstummt und alle sahen sie an: ihr Vater, Erno und wahrscheinlich auch die Anstandsdame, denn ihr Nacken kribbelte. Anscheinend hatte jemand eine Frage an sie gerichtet. Vanandel setzte ein verwirrtes, und wie sie hoffte, ein wenig törichtes Lächeln auf und fragte süß: »Wie bitte? Ich fürchte, ich habe gerade nicht zugehört.«
    Erno beugte sich zu ihr hinüber, tätschelte ihre Hand und flötete: »Ist sie nicht entzückend?«
    Vanandel schenkte ihm ein schmelzendes Lächeln und dachte an Mord.
    Â»Ich habe deinen Verlobten zur nächsten Jagd eingeladen«, erklärte der Markgraf in leicht vorwurfsvollem Ton. »Er hat dich gefragt, ob du dich freust, wenn er an deiner Seite reitet.«
    Â»Oh.« Den Jagdausflug hatte Vanandel vollkommen vergessen – konnte ihr Imago eigentlich reiten? Um Zeit zu gewinnen, lächelte sie Erno noch einmal an, was dieser mit einem gehauchten Handkuss quittierte. Dann hob sie in gespielter Enttäuschung die Schultern und sagte: »Ich weiß nicht, ob ich mich für den Ausflug frei machen kann. Hier ist noch so viel zu erledigen. Meine Garderobe ist in einem erbärmlich lückenhaften Zustand, von meinem Putz und der Wäsche ganz zu schweigen. Und Frau Rotraud braucht Hilfe bei der Planung des Menüs und …«
    Ihr Vater hob die Hand.

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