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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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wahrscheinlich hatte Groszbarrt recht mit seiner Einschätzung.
    Vanandel steckte den Brief ein und schabte mit den Fingern über ihren Arm. »Ich bin wieder ganz zerstochen«, klagte sie. »Die Näherinnen scheinen mich mit einer Kleiderpuppe zu verwechseln.«
    Â»Dein Hochzeitsstaat«, mutmaßte Groszbarrt.
    Vanandel nickte missmutig. »Der ganze aufgedonnerte und steife Ornat, ja. Und ich dachte schon, die Kleider zur Verlobungsfeier und für den Ball wären schrecklich, aber das Hochzeitskleid …« Sie schauderte.
    Der Rudelführer blickte erstaunlich betrübt vor sich hin. »Du wirst bald von hier weggehen.«
    Vanandel zuckte zusammen. Hatte Groszbarrt etwa von ihren Plänen Wind bekommen?
    Â»Dein Verlobter«, fuhr er fort, und Vanandel atmete auf. »Er ist ein netter Mann. Du magst ihn.« Der Zweifel in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    Â»Nein«, sagte sie heftig. »Nein, ich mag ihn nicht besonders. Er mag nett sein, das kann ich nicht beurteilen, aber er ist auf jeden Fall unglaublich beschränkt – aber selbst wenn er der klügste Mann auf der Welt wäre …«
    Â»Er ist nicht deine Wahl«, ergänzte der Rudelführer.
    Vanandel blickte in seine verständnisvollen Augen und schluckte. »Nein, das ist er nicht«, sagte sie leise.
    Â»Du hast einen anderen gewählt«, sagte Groszbarrt.
    Das stach wie mit Messern in ihr Herz. Sie ballte ihre Fäuste, vertrieb jeden Gedanken an den treulosen Barden und schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Groszbarrt. Nein, da ist niemand, dem mein Herz gehört.«
    Â»Niemand, dem dein Herz gehört«, sagte er leise, und Vanandel wusste nicht, ob dies eine Frage war oder ob er nur ihre Worte wiederholte. Sie sah ihn fragend an, und er erwiderte ihren Blick mit ungewöhnlicher Intensität.
    Â»Du wirst also mit dem Langländer fortgehen und dort hinter dem Berg leben«, sagte er nach einer Weile. »Wir werden uns nicht mehr oft sehen.«
    Vanandel seufzte. Einen Moment lang hätte sie ihm am liebsten alles gebeichtet, von der verrückten Hoffnung beseelt, er würde sie verstehen und ihr helfen, dieser Hochzeit zu entkommen. Aber dann biss sie sich auf die Lippe und legte dem Impuls feste Zügel an. Groszbarrt war der Kommandant der markgräflichen Wache, und seine Loyalität galt vor allem dem Haus und seinem Dienstherrn. Sie würde ihn damit wahrscheinlich in einen unlösbaren Konflikt stürzen. Aber es sprach nichts dagegen, ihn in einem gewissen Rahmen für ihre Zwecke zu benutzen – auch wenn sie bei dem Gedanken einen leisen Stich ihres Gewissens verspürte. Zum ersten Mal seit langer Zeit rührte sich die Phantomstimme ihrer Gouvernante wieder und flüsterte ersterbend: »Aber das tut man doch nicht …«
    Sie schob die Bedenken energisch beiseite und zog ein betrübtes Gesicht. »Nein, wir werden uns dann wohl nur noch sehen, wenn ich zu Besuch hierherkomme. Du siehst ja, wie oft meine Schwestern sich hierherbemühen.«
    Groszbarrt blickte nicht weniger betrübt drein. »Ich werde das sehr bedauern«, sagte er.
    Sie beugte sich vor und berührte seine Hand mit den Fingerspitzen, erstaunt über die Wärme seiner Haut. Er zuckte überrascht mit den Lidern. »Groszbarrt«, sagte sie, »du bist wahrscheinlich mein bester Freund hier am Hof.« Er zwinkerte wieder, erstaunt, erfreut, und nickte abwartend.
    Â»Und ich weiß, dass du einer der treuesten Diener meines Vaters bist«, fuhr sie fort. Vorsichtig , mahnte sie sich. »Ich denke, du ahnst es selbst – mir wäre es am liebsten, wenn diese Heirat nicht stattfände.« Sie wartete.
    Der Ork leckte sich nervös über die Lippen. »Du willst auf etwas hinaus«, sagte er.
    Der nächste Schritt war entscheidend. Wenn sie den Rudelführer falsch eingeschätzt hatte, dann bedeutete das das sichere Aus für all ihre Pläne. Sie sah ihn starr an und sagte: »Ich frage mich, was du für mich tun würdest, Groszbarrt. Wie wichtig bin ich für dich?«
    Groszbarrt erwiderte ihren Blick. »Mein Leben gehört Ihnen, Prinzessin«, sagte er kaum vernehmbar.
    Â»Das ist weit mehr, als ich mir erhofft hatte«, sagte sie heiser. »Groszbarrt, ich wusste nicht, dass deine Loyalität zu meinem Vater so weit geht …«
    Â»Nein, nicht zu deinem Vater, Vanandel«, unterbrach sie

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