Die Seele des Feuers - 10
also keine Möglichkeit…« Richard wirbelte zu ihr herum. »Reisebuch.« Die Erkenntnis durchfuhr ihn wie ein Blitz. »Diese Reisebücher, Kahlan, werden von den Schwestern benutzt, um miteinander in Verbindung zu bleiben, wenn eine von ihnen sich auf einer Reise weit von den anderen entfernt.«
»Ja, ich weiß.«
»Die Reisebücher wurden von den Zauberern aus alter Zeit für sie erschaffen – damals zu Zeiten des Großen Krieges.«
Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Ja, und?«
Richard hatte Mühe, seine Aufregung im Zaum zu halten. »Diese Bücher existieren jeweils paarweise. Man kann nur mit dem Zwilling desjenigen kommunizieren, das man selber besitzt.«
»Ich verstehe nicht, Richard, was…«
»Angenommen, die Zauberer haben es damals genauso gemacht? Die Burg der Zauberer in Aydindril hat laufend Zauberer mit Aufträgen ausgesandt. Was wäre, wenn sie sich auf diese Weise über das Geschehen überall auf dem laufenden gehalten hätten? Alles koordiniert hätten? Was wäre, wenn sie diese auf die gleiche Weise benutzt hätten wie die Schwestern des Lichts? Schließlich haben die Zauberer aus jener Zeit sowohl den Bann geschaffen, der den Palast umgibt, als auch die von den Schwestern benutzten Reisebücher.«
Sie hatte die Stirn in Falten gelegt. »Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich ganz verstehe…«
Richard faßte sie bei den Schultern. »Angenommen, bei dem Buch, das zerstört wurde, Des Berges Zwilling, handelt es sich um ein Reisebuch? Um das Gegenstück zu Joseph Anders Reisebuch?«
33. Kapitel
Kahlan war sprachlos.
Richard faßte sie fester bei den Schultern. »Was wäre, wenn das andere Buch, Joseph Anders Hälfte des Paares, noch existierte?«
Sie benetzte ihre Lippen. »Durchaus möglich, daß so etwas in Anderith aufbewahrt wurde.«
»Ganz bestimmt sogar. Die Menschen dort verehren ihn – schließlich haben sie das Land nach ihm benannt. Es wäre nur logisch, wenn man ein solches Buch, vorausgesetzt, es existiert noch, aufbewahrt hätte.« »Denkbar wäre es. Aber das ist nicht immer die übliche Vorgehensweise, Richard.«
»Was meinst du damit?«
»Manchmal erfährt ein Mensch zu Lebzeiten überhaupt keine Anerkennung. Manchmal wird seine Bedeutung erst sehr viel später erkannt, und dann auch nur, um den zeitgenössischen Vorhaben des jeweils Machthabenden Vorschub zu leisten. In diesem Fall könnte sich ein Beweis für das, was jemand tatsächlich gedacht hat, als hinderlich herausstellen und würde höchstwahrscheinlich vernichtet werden. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte und man sein Denken respektiert hat, so hat das Land seinen Namen in Anderith geändert, nachdem Zedd die Midlands verlassen hatte. Manchmal werden Menschen nur deshalb verehrt, weil von ihrem Denken so wenig übrigbleibt, daß sich niemand mehr daran stößt, wodurch die betreffende Person zu einem wertvollen Symbol werden kann. Höchstwahrscheinlich ist von Joseph Ander überhaupt nichts erhalten.«
Richard rieb sich, verblüfft über Kahlans Logik, nachdenklich das Kinn. »Die andere Unbekannte ist«, meinte er schließlich, »daß in Reisebücher geschriebene Worte wieder gelöscht werden können, um Platz für neue Mitteilungen zu schaffen. Selbst wenn alle meine Überlegungen richtig sind und er die Lösung zur Frage der Chimären an die Burg der Zauberer geschrieben hat, das Buch noch existiert und sich tatsächlich in Anderith befindet, könnte es sein, daß es uns immer noch nichts nützt, da die betreffende Stelle gelöscht worden sein könnte, um Raum für zukünftige Mitteilungen zu schaffen.« Richard überlegte kurz.
»Andererseits«, fügte er dann hinzu, »ist es die einzig greifbare Möglichkeit, die wir haben.«
»Nein, ist es nicht«, beharrte Kahlan. »Eine weitere, überdies plausiblere Möglichkeit bietet der Auftrag, den wir in der Burg der Zauberer ausführen sollen.«
Richard fühlte sich unwiderstehlich zu Joseph Anders Vermächtnis hingezogen. Hätte er einen Beweis gehabt, daß diese Anziehung nicht nur in seiner Einbildung existierte, er wäre vollends überzeugt gewesen. »Ich weiß, Kahlan…«
Er ließ den Satz unbeendet. Die Haare in seinem Nacken stellten sich auf und brannten wie eiskalte Nadeln. Sein goldenes Cape hob sich träge in der flauen Brise. Die langsame Wellenbewegung, die es erfaßte, endete am Zipfel in einem peitschenartigen Knall. Eine Gänsehaut überzog kribbelnd seine Arme.
Richard spürte, wie das Böse mit feinen Fingern seine
Weitere Kostenlose Bücher