Die Seele des Feuers - 10
Meister Campbell. Das ist sehr freundlich von Euch. Ihr habt Recht, was meinen Stolz auf meine Arbeit betrifft. Die meisten Menschen sind nicht so freundlich, dies zu bemerken. Ihr seid genauso anständig, wie die Leute von Euch erzählen.«
»Ich tue mein Bestes, um den Menschen zu helfen, bin also nichts als ihr bescheidener Diener.« Dalton setzte ein liebenswürdiges Lächeln auf. »Kann ich Euch auf irgendeine Weise helfen, Inger? Kann ich hier auf dem Anwesen irgendwelche Hindernisse aus dem Weg räumen, um Euch die Arbeit zu erleichtern?«
Inger rutschte mit seinem Stuhl näher. Einen Ellenbogen auf den Schreibtisch gestützt, beugte er sich vor. Sein Arm war so dick wie ein kleines Fass Rum. Sein schüchternes Gehabe schien zu verfliegen, als er seine Brauen zusammenzog.
»Die Sache ist die, Meister Campbell, ich lasse mir von den Leuten, die für mich arbeiten, nichts gefallen. Ich verbringe eine Menge Zeit damit, ihnen das Zerlegen und Vorbereiten des Fleisches, das Rechnen und dergleichen beizubringen. Ich dulde keine Leute, die ihrer Arbeit nicht mit Stolz nachgehen. Grundstein eines erfolgreichen Geschäftes, sag ich immer, ist die Zufriedenheit des Kunden. Wer für mich arbeitet und sich nicht an meine Regeln hält, kriegt entweder meinen Handrücken zu spüren oder die Tür gewiesen. Manche sagen, ich sei zu hart in diesem Punkt, aber so bin ich eben. In diesem Alter ändert man sich nicht mehr.«
»Scheint mir eine durchaus gerechte Einstellung zu sein.«
»Andererseits jedoch«, fuhr Inger fort, »achte ich die Menschen, die für mich arbeiten. Sind sie gut zu mir, bin ich gut zu ihnen. Ich weiß, wie manch einer seine Arbeiter behandelt, vor allem seine hakenischen Arbeiter, aber das ist nicht meine Art. Wer mich ordentlich behandelt, den behandele ich auch ordentlich. Das ist nur gerecht.
Da dies nun einmal so ist, freundet man sich mit den Menschen an, die bei einem leben und arbeiten. Ihr wisst, was ich meine. Mit den Jahren wird man fast so etwas wie eine Familie. Man sorgt sich um sie. Das ist nur natürlich – vorausgesetzt, man hat überhaupt Sinn für so was.«
»Scheint mir durchaus…«
»Einige von denen, die für mich arbeiten, sind die Kinder der Leute, die vor ihnen da waren und mir geholfen haben, der geachtete Metzger zu werden, der ich bin.« Der Mann beugte sich noch ein Stück weiter vor. »Ich hab zwei Söhne, wirklich gute Burschen, aber manchmal glaube ich, ich bin meinen Arbeitern mehr zugetan als diesen beiden Jungen.
Eine meiner Arbeiterinnen ist ein nettes hakenisches Ding mit Namen Beata.«
In Daltons Kopf begannen die Alarmglocken zu schrillen. Er erinnerte sich gut an das hakenische Mädchen, das er und Stein zu ihrem Vergnügen nach oben bestellt hatten.
»Beata. Kann nicht behaupten, dass der Name mir irgendwie vertraut vorkommt, Inger.«
»Dazu besteht auch nicht die geringste Veranlassung. Sie hat mit der Küche zu tun, unter anderem liefert sie für mich aus. Ich traue ihr, als wäre sie meine eigene Tochter. Sie weiß mit Zahlen umzugehen, vergisst nie, was ich ihr sage. Das ist wichtig, weil Hakenier nicht lesen können und ich ihnen daher keine Liste mitgeben kann. Es ist wichtig, dass sie nichts vergessen. Ich brauche nie für sie aufzuladen; wenn ich ihr sage, was geliefert werden soll, bekommt sie es hin. Ich brauche mich nie zu sorgen, dass sie etwas durcheinander bringt oder etwas nicht mitbekommt.«
»Scheint mir durchaus…«
»Und dann, ganz plötzlich, will sie nicht mehr zum Anwesen ausliefern.«
Dalton beobachtete, wie der Mann seine Faust ballte.
»Heute sollte eine Fuhre angeliefert werden, eine wichtige Lieferung für das Fest. Ich sagte ihr, sie soll Brownie vor den Karren spannen, ich hätte eine Fuhre zum Anwesen für sie.
Sie antwortete: ›Nein.‹« Ingers flache Hand landete krachend auf dem Schreibtisch. »Nein!«
Der Metzger lehnte sich zurück und richtete eine Kerze auf, die dabei umgefallen war.
»Ich mag es nicht besonders, wenn Leute, die für mich arbeiten, mir mit einem ›Nein‹ kommen. Aber Beata, na ja, sie ist wie eine Tochter. Also, denke ich, statt ihr eins mit dem Handrücken zu verpassen, versuche ich es mit Vernunft. Ich dachte, vielleicht ist da ein junger Bursche, den sie nicht mehr liebt und dem sie nicht über den Weg laufen will oder irgend etwas Ähnliches. Manchmal begreife ich nicht, was in den Köpfen der Mädchen vorgeht, dass sie plötzlich ganz launisch werden.
Ich setze sie also hin und
Weitere Kostenlose Bücher