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Die Seele des Feuers - 10

Die Seele des Feuers - 10

Titel: Die Seele des Feuers - 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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ohrenbetäubenden Glockenschlag.
    Richard schrie auf. Der Schmerz des schneidenden, schallenden Glockenschlags schien ihm den Schädel zu zerreißen.
    Er nahm seine Umgebung nur undeutlich wahr, als er über die Weichen seines Pferdes nach hinten stürzte. Der Schmerz des Aufpralls auf dem Boden war eine angenehme Abwechslung zu dem überlauten Klingen, das ihm die Beherrschung raubte und den Schrei entriss.
    Er hielt sich den Kopf, als er sich unkontrolliert vor Schmerzen brüllend auf der Straße zu einem Ball zusammenrollte.
    Die Welt war nichts als glühende Qual.
    Ringsum sprangen Leute Befehle brüllend von den Pferden. Richard nahm sie nur als verschwommen umherirrende Schatten wahr. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten. Er erkannte keinen.
    Er begriff nichts, außer seinem Schmerz.
    In seinem quälenden Kampf gegen den unerbittlich über ihn hereinbrechenden Schmerz konnte er nichts weiter tun, als die fadendünne Verbindung zu seinem Bewusstsein, zum Leben, aufrechtzuerhalten.
    Das Einzige, was ihn noch am Leben hielt, war die Tatsache, dass er wie jeder zukünftige Zauberer den Schmerztest bestanden und überlebt hatte. Ohne die damals gelernten Lektionen wäre er längst tot.
    Er befand sich allein in einer Hölle ganz für ihn allein.
    Und er wusste nicht, wie lange er sich noch ans Leben würde klammern können.
    Alles schien gleichzeitig aus den Fugen geraten zu sein. Beata rannte über den grasbewachsenen Untergrund, so schnell ihre Füße sie trugen. Ein entsetzliches Gefühl der Angst wütete in ihrem Innern.
    Turner hatte aufgehört zu schreien. Es war grauenhaft gewesen, hatte aber nur wenige Sekunden gedauert.
    »Halt!«, schrie Beata aus Leibeskräften. »Halt! Habt ihr den Verstand verloren? Halt!«
    Die Luft hallte noch immer wider vom Geräusch der Dominie Dirtch. Das tiefe Glockengeläut ließ den Staub über dem Gras aufsteigen, sodass man den Eindruck hatte, als rauche rundherum der Erdboden. Die Vibrationen rollten den Staub zu kleinen Kügelchen. Sie brachten einen kleinen, einzeln stehenden Baum zu Fall, den der letzte Trupp gepflanzt hatte.
    Die gesamte Welt erzitterte unter ihrem schauderhaften Brummen.
    Tränenverschmiert rannte Beata über das Feld und schrie, sie sollten aufhören, die Glocke anzuschlagen.
    Turner hatte sich ein Stück vor ihnen auf einem normalen Patrouillengang befunden, um sicherzustellen, dass sich niemand in dem Gelände vor der Dominie Dirtch aufhielt.
    Sein Gebrüll war nur Sekunden nach dem Anschlagen der Dominie Dirtch abgerissen, doch noch immer hallten ihr seine Qual und sein Entsetzen durch den Kopf. Sie würde diesen Schrei ihr Leben lang nicht vergessen.
    »Halt!«, gellte ihre Stimme, und sie packte das Geländer, um sich daran auf die Treppe zu ziehen. »Halt!«, rief sie noch einmal, die Stufen hinaufhastend.
    Mit erhobenen Fäusten stürzte Beata auf die Plattform, bereit, auf den Wahnsinnigen einzuprügeln, der die Dominie Dirtch angeschlagen hatte.
    Beata blieb keuchend stehen und sah sich um. Emmeline stand starr vor Schreck da, die Augen aufgerissen. Auch Bryce schien halb wahnsinnig vor Angst. Er schaute sie in Panik erstarrt an.
    Der lange Schlegel, mit dem die Dominie Dirtch angeschlagen wurde, stand noch in seiner Halterung. Keiner der beiden auf der Plattform befand sich auch nur in seiner Nähe. Von ihnen hatte niemand den hölzernen Schlegel dazu benutzt, die tödliche Waffe auszulösen.
    »Was habt ihr nur getan!«, schrie sie die beiden an. »Womit habt ihr sie ausgelöst? Habt ihr den Verstand verloren?« Sie blickte über ihre Schulter auf den von Knochen durchsetzten Haufen jener blutigen Masse, die wenige Augenblicke zuvor noch Turner gewesen war.
    Beatas Arm schnellte vor und zeigte darauf. »Ihr habt ihn umgebracht! Warum habt ihr das getan? Was ist nur los mit euch?«
    Emmeline schüttelte langsam und verständnislos den Kopf. »Ich habe mich keinen Schritt von der Stelle gerührt.«
    Bryce fing an zu zittern. »Ich auch nicht. Wir haben das verdammte Ding nicht angeschlagen, Sergeant. Ich schwöre es. Wir standen nicht mal in seiner Nähe. Wir waren das nicht.«
    Als sie die beiden in der Stille anstarrte, wurde Beata plötzlich bewusst, das sie von weitem Schreie hörte. Sie blickte hinaus in die Ebene, hinüber zur nächsten Dominie Dirtch. Dort drüben konnte sie gerade eben Menschen ausmachen, die umherliefen, als wäre die Welt aus den Fugen geraten.
    Sie wirbelte herum und spähte in die entgegengesetzte Richtung.

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