Die Seele des Feuers - 10
sich.
Trotz seiner persönlichen Gefühle wagte Dalton nicht, sich in dieser Angelegenheit gegen die Bevölkerung zu stellen.
Unter den Männern in Serin Rajaks Begleitung, mitten unter seinen Gefolgsleuten, erkannte Dalton einen Mann in einer dunklen Uniform: Stein.
Dalton überlief es eiskalt, als er sah, aus welchem Grund Stein dort war und was er beabsichtigte.
Dalton trat vom Fenster zurück. Gewalt war ihm alles andere als fremd, aber dies war abstoßend, ungeheuerlich.
Schließlich lief er zurück in den Flur, in dem seine Schritte widerhallten, eilte die Stufen hinunter und quer durch die Eingangshalle. Er wusste nicht, was er tun sollte, aber wenn es irgendeine Möglichkeit gab…
Er erreichte den hinter gekehlten Säulen draußen vor dem Gebäude zurückversetzten Eingang, am oberen Ende der weiten Freitreppe. Ein gutes Stück weit im Schatten des Gebäudeinneren stehen bleibend, schätzte er die Lage ein.
Draußen auf dem Absatz in der Treppenmitte patrouillierten Gardisten, damit niemand auf die Idee verfiel, das Büro für Kulturelle Zusammenarbeit aufzusuchen. Die Geste war symbolisch. Eine solche Menschenmenge würde die Gardisten mit Leichtigkeit überrennen. Dalton wagte nicht, einer derart aufgeheizten Menge Grund zu geben, ihren Zorn gegen ihn zu richten.
Eine Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand bahnte sich, diesen hinter sich herzerrend, gewaltsam einen Weg bis zur vordersten Reihe der Menge. »Mein Name ist Nora«, verkündete sie den Umstehenden. »Das ist mein Sohn Bruce. Er ist alles, was mir geblieben ist, und schuld sind diese Hexen! Mein Mann Julian ist wegen des bösen Fluches einer Hexe ertrunken! Meine wunderschöne Tochter Bethany wurde durch den Bann einer Hexe bei lebendigem Leibe verbrannt!«
Der Junge, Bruce, bestätigte dies murmelnd und weinte um seinen Vater und seine Schwester. Serin Rajak hielt den Arm der Frau in die Höhe.
»Hier seht ihr ein Opfer der Hexerei des Hüters.« Er zeigte auf eine weinende Frau ganz vorne in der Menge. »Dort ist ein weiteres! Vielen von euch hier wurde durch Flüche und Zaubereien von Hexen Leid zugefügt! Von Hexen, die sich der Gottlosigkeit des Hüters der Toten bedienen!«
Angesichts einer derart bedrohlich aufgebrachten Menge war Dalton klar, dass die Sache kein gutes Ende nehmen konnte, trotzdem hatte er keine Idee, wie er das Geschehen aufhalten konnte.
Schließlich hatte er Serin Rajak aus genau diesem Grund auf freien Fuß gesetzt: um den Zorn gegen jene anzustacheln, die Magie besaßen. Er war darauf angewiesen, dass die Menschen gegen die mit Magie aufgewiegelt wurden und sie als böse betrachteten. Wer war besser geeignet, diesen Hass zu schüren, als ein Eiferer?
»Und hier haben wir die Hexe!« Serin Rajaks Arm schoss vor und zeigte auf die Frau, der man die Hände auf den Rücken gefesselt hatte, die Frau, die Stein bei den Haaren hielt. »Sie ist das schändliche Werkzeug des Hüters! Sie spricht verderbte Banne aus, um euch allen Schaden zuzufügen!«
Der Mob johlte und schrie nach Rache.
»Was sollen wir mit dieser Hexe tun?«, kreischte Rajak.
»Verbrennt sie! Verbrennt sie! Verbrennt sie!«, erscholl monoton die Antwort.
Serin Rajak warf die Arme gen Himmel. »Gütiger Schöpfer, wir vertrauen diese Frau deiner Obhut in den Flammen an. Ist sie unschuldig, erspart ihr das Leid. Ist sie des Verbrechens der Hexerei schuldig, dann verbrenne sie!«
Während einige Männer einen Pfahl errichteten, drückte Stein seine Gefangene mit dem Gesicht nach unten auf den Boden. Mit einer Hand riss er ihren Kopf an den Haaren hoch, mit der anderen hob er sein Messer.
Dalton, die Augen weit aufgerissen, konnte weder blinzeln noch denken, als er mit ansehen musste, wie Stein – von einem Ohr zum anderen, quer über die Stirn der Frau – einen Schnitt anbrachte. Ihr Schrei schien Daltons Eingeweide zu zerfetzen, als Stein ihren Skalp nach hinten riss.
Tränen liefen Dalton über die Wangen, so wie das Blut über Francas Gesicht. Vor Schmerz und unvorstellbarem Entsetzen schreiend, wurde sie hochgehoben und an den Pfahl gefesselt. Das Weiße in ihren Augen schien aus einer blutigen Maske hervorzutreten.
Franca versuchte weder ihre Unschuld zu beteuern noch um ihr Leben zu betteln. Gelähmt vor Entsetzen, konnte sie nichts als schreien.
Um sie herum wurden Stroh und Holz übereinander geworfen. Der Mob drängte nach vorn, wollte ganz nah sein, wollte alles sehen. Einige streckten die Hand aus, um verstohlen ihr
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