Die Seele des Königs (German Edition)
Ankündigungen und Kriegserklärungen. Das gibt ihnen mehr Zeit zur Vorbereitung.«
Siris schob einen Bambusstab aus dem Weg und runzelte die Stirn. Ihm missfiel der Gedanke, dass der Begriff der Ehre wie alles andere nur ein Werkzeug für die Ewiglichen war. Es musste doch etwas geben, das außerhalb ihres Einflusses lag, oder?
» Pass auf, wohin du trittst«, sagte Isa.
Er blieb stehen und schaute zur Seite. Hier war der Boden felsig und von Spalten durchzogen, die so lang wie seine Beine waren. Ein durchdringender Geruch lag in der Luft, und Siris bemerkte erstaunt, dass Hitze aus den Spalten drang.
» Sie sind überall hier draußen«, sagte Isa. » Du musst dich vor den Wassertümpeln in Acht nehmen. Manche sind so heiß, dass sie dich schneller kochen, als du um Hilfe schreien kannst.«
Siris erschauerte und hielt sich von den Spalten fern. Sie setzten ihren Weg einige Minuten lang schweigend fort, bis Siris schließlich etwas fragte, was ihm schon seit einiger Zeit Kopfzerbrechen bereitete. » Isa, was willst du eigentlich wirklich mit der Klinge der Unsterblichkeit machen?«
Sie ging weiter.
» Du sprichst davon, dass die Menschheit zurückschlagen soll«, sagte er. » Noch vor einem Augenblick hast du ›wir‹ gesagt. Du benimmst dich manchmal wie eine Freiheitskämpferin und manchmal wie jemand, der nur so viel wie möglich zusammenraffen will. Was ist Wahrheit und was ist Maske?«
» Aus gutem Grund vertraust du nicht darauf, dass ich dich nicht im Schlaf umbringe.«
» Was ist das denn für eine Antwort?«
» Eine von der vorausschauenden Art. Wenn du schon nicht glaubst, dass ich dich nicht umbringen werde, warum solltest du dann das glauben, was ich dir über meine wahren Beweggründe erzähle?«
Da hat sie nicht ganz unrecht , dachte er. » Vielleicht bin ich es nur leid, stumm zu marschieren.«
» Sag mir bitte nicht, dass du gleich singen willst.«
» Ich habe zufällig eine sehr gute Stimme«, sagte er beleidigt.
Sie zeigte die Andeutung eines Grinsens. Nachdem sie eine Weile durch den Bambuswald marschiert waren – sie folgten einem Wildpfad –, sagte sie: » Vielleicht weiß ich gar nicht, wer ich bin. Vielleicht glaubt ein Teil von mir, dass wir uns wehren sollten, aber der Rest von mir glaubt, dass es keinen Sinn hat. Es gibt keine Möglichkeit, ihnen etwas entgegenzusetzen, also warum sollte ich es versuchen? Warum kümmere ich mich nicht einfach um mich selbst?«
» Ja«, sagte er, » das kenne ich.« Er vermied es, seine nächste Frage zu stellen. Und warum hast du mich hintergangen?
Isa wurde langsamer.
» Was ist los?«
» Dieser Pfad«, sagte sie, kniete nieder und untersuchte den Boden. » Er ist zu breit und regelmäßig geworden.«
» Benutzt ihn noch jemand?«
» Vielleicht«, sagte sie. » Wir sind in ein Gebiet gekommen, in dem es einige Dörfer gibt, und wir haben einen der Wege gekreuzt, die von den häufiger benutzten Pässen herunterkommen.« Sie stand wieder auf und gab ihm die Zügel des Pferdes.
Er ergriff sie, und sie drückte sich zwischen den Bambusstäben hindurch. Er zögerte zunächst, doch dann band er das Pferd an und folgte ihr. Sie hob eine Braue, als sie es bemerkte, aber sie schickte ihn nicht zurück. Gemeinsam schlugen sie sich zu einer höheren Erhebung durch, auf der der Bambus spärlicher wuchs.
Er stellte sich neben sie und betrachtete das Tal vor ihnen. Es wirkte nicht wie etwas Besonderes. Ein breiter, aber seichter Fluss durchzog es in der Mitte, und einige Berge säumten die eine Seite.
» Und?«, fragte er.
» Wenn ich Reisenden, die diesen Weg nehmen, einen Hinterhalt legen wollte, würde ich es dort tun, wo der Pfad dem Fluss folgt und auf die beiden niedrigeren Felsvorsprünge zuläuft«, sagte sie und deutete auf die Stelle. » Außerdem würde ich dafür sorgen, dass der ›Wildpfad‹ durch dieses Gebiet gut begehbar und deutlich sichtbar bleibt, damit die Leute in meine Richtung kommen.«
Siris rieb sich das Kinn.
» Es ist zwar nicht sehr wahrscheinlich«, sagte sie, » aber ich glaube, wir sollten einen großen Bogen um diese Gegend machen.«
» In Ordnung«, sagte Siris. » Das klingt vernünftig.«
Isa führte sie wieder zu ihrem Pferd, dann gingen sie ein wenig auf dem Weg zurück, den sie gekommen waren, und schlugen schließlich eine andere Richtung ein. Oder war dies die Falle? Aber … wenn es so war, hätte sie gar nichts gesagt. Er hatte ihr schon mehr als deutlich gemacht, dass er sich in der Wildnis
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