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Die Seele des Königs (German Edition)

Die Seele des Königs (German Edition)

Titel: Die Seele des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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denn bei ihnen herrschten altertümlich wirkende Roben vor. Shai fand sie schrecklich. Unter der Bluse trug sie ein enges Hemd aus Baumwolle, und unter dem Rock steckte eine eng sich anschmiegende halblange Hose. Eine Dame konnte nie wissen, wann sie ihre äußere Kleidungsschicht von sich werfen musste, weil sie für den Anlass unpassend geworden war.
    » Das ist guter Stein«, sagte Shai über das Material zwischen ihren Fingern. Sie nahm einen ihrer Meißel heraus, dessen Spitze fast so fein wie eine Nadel war, und kratzte über die Stempelfläche. Es war wirklich ein sehr guter Seelenstein; er war leicht und exakt zu gravieren. Seelenstein war fast genauso weich wie Kalk, aber er platzte nicht ab, wenn er angekratzt wurde. Man konnte ihn mit großer Präzision bearbeiten und dann seine Spitze anzünden, was ihn härtete und widerstandsfähiger als Quarz machte. Die einzige Möglichkeit, einen noch besseren Stempel zu erlangen, bestand darin, ihn gleich aus Kristall zu schneiden, was aber unglaublich schwierig war.
    Als Tinte hatte man ihr den Extrakt des roten Tintenfisches bereitgestellt, gemischt mit einer kleinen Menge Wachs. Jede frische organische Tinte würde ihren Zweck erfüllen, aber tierische war besser als pflanzliche.
    » Hast du … eine Vase aus dem Korridor draußen gestohlen?«, fragte Gaotona und runzelte die Stirn, als er einen solchen Gegenstand an der Seitenwand ihres kleinen Zimmers entdeckte. Tatsächlich hatte sie eine der Vasen auf dem Weg von ihrem Bad mitgenommen. Einer ihrer Wächter hatte sie daran zu hindern versucht, aber Shai hatte ihn wortreich davon abgebracht. Dieser Wächter errötete nun.
    » Ich war neugierig auf die Fähigkeiten Eurer Fälscher«, sagte Shai, stellte die Werkzeuge ab und hob die Vase auf den Tisch. Sie legte sie auf die Seite, sodass der Boden mit dem roten, in den Ton eingedrückten Siegel sichtbar wurde.
    Ein Fälschersiegel war leicht zu finden. Es war nicht nur ein Abdruck auf der Oberfläche eines Objekts, sondern sank in das Material ein und erschuf ein Muster aus roten Mulden. Der Rand des runden Siegels war ebenfalls rot, aber leicht erhaben, wie ein Prägedruck.
    Man konnte anhand der Art des Siegels eine Menge über die Person in Erfahrung bringen, die es angebracht hatte. Dieses hier verbreitete zum Beispiel eine sterile Atmosphäre. Es war keine wahre Kunst und stand im Gegensatz zu der detailreichen und zarten Schönheit der Vase selbst. Shai hatte gehört, dass die Fraktion des Erbes sich nur schlecht ausgebildeter Fälscher bediente, die diese Gegenstände auf die gleiche Weise herstellten wie die Männer, die in einer Fabrik Schuhe am Fließband nähten.
    » Unsere Arbeiter sind keine Fälscher«, sagte Gaotona. » Diesen Ausdruck benutzen wir nicht. Sie sind Erinnerer.«
    » Das ist dasselbe.«
    » Sie berühren die Seele nicht«, sagte Gaotona streng. » Außerdem drücken wir damit unsere Wertschätzung der Vergangenheit aus und wollen niemanden betrügen oder hintergehen. Unsere Erinnerer verhelfen den Menschen zu einem besseren Verständnis ihres Erbes.«
    Shai hob eine Braue. Sie nahm Hammer und Meißel und setzte sie in spitzem Winkel an den erhabenen Rand des Siegels unter der Vase. Es widerstand zunächst – es steckte Macht in ihm, denn es versuchte, an Ort und Stelle zu bleiben – aber schließlich brach es. Es hob sich aus dem Ton, die Mulden verschwanden, es wurde zu einfacher Tinte und verlor seine Macht.
    Sofort verblassten die Farben der Vase, bluteten zu mattem Grau aus, und ihre Umrisse verwarfen sich. Ein Seelenstempel veränderte nicht nur das Aussehen der Dinge, sondern schrieb die Geschichte eines Gegenstandes neu. Ohne den Stempel war die Vase ein schreckliches Stück Töpferarbeit. Wer immer es gemacht hatte, hatte keine Mühe auf das Endprodukt verwandt. Vielleicht hatte er gewusst, dass es Teil einer Fälschung werden sollte. Shai schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem unvollendeten Seelenstempel zu. Er war nicht für den Kaiser gedacht – so weit war sie noch lange nicht –, das Schnitzen half ihr lediglich beim Denken.
    Gaotona gab den Wachen das Zeichen zum Verlassen des Zimmers; nur Tzu blieb an seiner Seite. » Du bist mir ein Rätsel, Fälscherin«, sagte Gaotona, sobald die anderen beiden Wächter gegangen waren und die Tür hinter sich geschlossen hatten. Er setzte sich auf einen der beiden wackligen Stühle. Zusammen mit dem gesplitterten Bett, dem uralten Tisch und der Truhe mit Shais

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