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Die Seele des Ozeans (German Edition)

Die Seele des Ozeans (German Edition)

Titel: Die Seele des Ozeans (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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haben, andererseits sehnte er sich danach, wieder in diese seltsame Welt einzutauchen. Fae würde es nicht akzeptieren, wenn er es links liegen ließ, also musste er sich wohl oder übel dazu durchringen, es zu Ende zu lesen.
    Schweigend liefen sie weiter, folgten dem Pfad, der die Klippen hinunterführte, und stapften durch den Sand der Dünen.
    Als sie im Haus angekommen waren, funkelten Faes Augen so vergnügt, als hätte sie ihre persönliche Erleuchtung gefunden. „Willst du noch etwas essen? Du siehst hungrig aus.“
    Kjell schüttelte den Kopf. Wieder und wieder drifteten seine Gedanken zu dem Buch ab, das oben auf ihn wartete. „Nein danke. Ich glaube, ich lese auf der Ofenbank weiter, wenn du nichts dagegen hast.“
    „Wie du willst.“ Seine Mutter öffnete einen Schrank und begann, darin herumzuwühlen. „Gehe ich recht in der Annahme, dass du Grießbrei nicht abgeneigt bist?“
    „Dem bin ich nie abgeneigt.“
    Ein stacheliger Klumpen hing in seiner Kehle quer. Mit seiner Mutter ging es zu Ende. Ihre Verwirrung würde sich steigern, sie würde mehr und mehr den Kontakt zur Realität verlieren. Und dann kam der körperliche Verfall. Er hatte mehr als einmal gesehen, wie schnell es gehen konnte.
    Kjell holte das Buch aus seinem Zimmer, nahm eine Decke mit und rollte sich auf der Ofenbank zusammen. Könnte er diese Nacht doch nur einfrieren. Er wollte hier sitzen, hören wie Fae herumhantierte und über die blaue Tiefe lesen. Die Wirklichkeit konnte ihn mal kreuzweise.
    „Eins würde mich interessieren, Mum.“
    „Ja?“
    „Woher kennst du Breacs Geschichte? Wenn es deine Erlebnisse sind, wie konntest du dann in ihn hineinschauen? Er wird dir wohl kaum alles brühwarm erzählt haben.“
    Fae sah ihn grübelnd an. „Tut mir leid, Kjell, aber das kann ich dir noch nicht verraten. Er ist nicht zu mir gekommen, und er hat mir nichts verraten. Das ist etwas … wie soll ich sagen? … komplizierter.“
    „Danke für deine aufschlussreichen Antworten.“ Er lächelte ihr zu, um ihr zu zeigen, dass er sie liebte. Ganz gleich, was gewesen war und was sein würde. „Darin bist du wirklich ein Genie. Ich hoffe nur, dass es ein Happy End gibt. Ich hoffe es wirklich. Alles andere werde ich dir nie verzeihen. Das ist dir doch klar, oder?“
    „Lies weiter“, war ihre knappe Antwort.
     

Kapitel VII
Die Jagd auf das Einhorn
~ Fae, September 2009 ~
    A lexander machte keinen Hehl daraus, dass ihm der Plan nicht gefiel. „Ausgerechnet ein Museum. In Belfast! Was gibt es dort, das ihn interessiert? Eine Poseidon-Statue? Ein Andenken aus dem Meer?“
    „Ich habe keine Ahnung“, erwiderte Fae. „Aber wenn er unbedingt will, sollten wir es ihm nicht ausreden.“
    „Kjell will in eine Großstadt? Das ist, als entführe man Mowgli aus dem Dschungel und werfe ihn ohne Vorwarnung auf die 5th Avenue.“
    „Du hast ihn gesehen. Er war wegen dieser Zeitung völlig aus dem Häuschen.“
    „Und warum? Doch nicht wegen diesem Museum.“
    „Anscheinend doch.“
    „Aber was will er da?“
    „Genau das möchte ich herausfinden.“
    „Weiß er, was ihn erwartet? Das ist Belfast, kein Fischerdörfchen.“
    „Er sagte, er hätte darüber gelesen.“
    „Ich habe darüber gelesen, wie man den Mount Everest besteigt. Deswegen ziehe ich mir nicht Handschuhe und Pullover an, schnappe meinen Rucksack und versuche mein Glück.“
    Fae stöhnte. „Ich weiß, ich weiß. Aber ich passe auf ihn auf.“
    „Viel Glück. Aber bevor du dich in Vorfreude ergehst: Ob ihr fahren könnt oder nicht, kommt ganz auf Henrys Leistung an. Du kannst Kjell nicht in eine Großstadt schleppen, wenn er so aussieht, wie er aussieht.“
    Fae brummte mürrisch, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf die Tür, hinter der Henry versuchte, aus Kjell einen halbwegs gewöhnlichen Menschen zu machen. „Ich bin guter Hoffnung. Wenn jemand das schafft, dann unsere Krähe.“
    Alexander grinste. „Willst du wissen, was ich von Männern halte, die ein Händchen für Make-Up haben?“
    „Henry hat beim Film gearbeitet, es war Teil seiner Ausbildung.“
    „Ich stelle mir nur gerade vor, wie er Kjell mit Puder, Abdeckstift und Rouge bearbeitet.“ Alexander gluckste in seine zur Faust geballte Hand. Unfassbar, dass ihr Bruder die Vierzig überschritten hatte. Fae musterte seine wilden, mit bunten Holzperlen verzierten Dreadlocks, seinen ebenso bunten Flickenpullover und die Jeans, die er eigenhändig mit Hilfe einer Feile durchlöchert hatte.

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