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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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kann.“
    „Ich verstehe.“ Ukulele rieb sich nachdenklich das Dreifachkinn. „Kjell bleibt also ein Geheimnis, obwohl er die Zuschauer mit sich nimmt.“
    Alexander nickte bestätigend:„So ist es. Niemand wird auch nur eine Flosse von ihm zu sehen bekommen.“
    Henry rieb sich die Hände und zog die Tastatur zu sich heran. „Das ist ein genialer Gedanke. Ich erledige das sofort. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass unser Freund gesund zurückkommt und einwilligt, mit uns zusammenzuarbeiten.“
    Fae winkte ab und zog sich eines der beiden weißen Hemden über, die Henry über eine Stuhllehne gelegt hatte.
    „Wo willst du hin?“ Alexander funkelte sie drohend an, machte jedoch keinerlei Anstalten, sie aufzuhalten.
    „Was glaubst du wohl? Er sagte, dass sie nicht weggehen. Was meinte er damit?“
    „Vielleicht Schmerzen?“, mutmaßte Ukulele. „Es könnte sein, dass ihm längere Landaufenthalte nicht bekommen. Möglicherweise war er ausgetrocknet, so wie letztens, als er nach der Heilung auf dich aufgepasst hat.“
    „Nein.“ Fae schüttelte den Kopf. „Er sah nicht aus, als hätte er Schmerzen. Es war etwas anderes.“
    „Wir haben ihn zu sehr unter Druck gesetzt.“ Ukulele warf Alexander einen vorwurfsvollen Blick zu. „Der Arme hatte kaum genug Zeit, sich einzugewöhnen, und schon kommst du ihm mit globalem Ruhm. Also wirklich, Mann.“
    „Es ist mir egal, was er gesagt hat. Ich gehe ihn suchen, und versucht nicht, es mir auszureden.“
    Diesmal hielt ihr Bruder den Mund. Das Wissen, sich in ihm getäuscht zu haben, war ungleich bitterer als die reine Tatsache, dass Kjell für ihn nichts weiter als eine Möglichkeit war, in kürzester Zeit zu größtmöglicher Anerkennung zu kommen. Es ging Alexander nicht um Freundschaft, es ging ihm auch nicht darum, eine wundersame Welt kennenzulernen oder gar eine bessere zu erschaffen. Nein, sie würde nicht zulassen, dass er Kjell als Mittel zum Zweck missbrauchte. Kaum war er zu ihnen gekommen, verstrickten sie ihn schon in ihr Netz aus Zukunftsplänen und Projekten. Henry war kaum besser, nur Ukulele stand nach wie vor auf ihrer Seite.
    Fae öffnete die Tür, hielt das Gesicht in den Regen und atmete das wilde Aroma der Nacht ein. Eine Reise, auf die Kjell alle mitnahm, die zusehen wollten, ohne dass er selbst im Film auftauchte? Gut, darüber ließe sich reden. Der Gedanke zerging auf ihrer Zunge. Es mochte nur ein schaler Ersatz für die Möglichkeit sein, selbst mit dem Meer zu verschmelzen, aber es war ein Ersatz.
    Fae schüttelte den Kopf. Nein, immer schön langsam. Zuallererst mussten sie Kjell Zeit geben, sich einzuleben. Sie besser kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Alles andere kam danach, wenn überhaupt. Auch wenn die Aufnahmen auf den ersten Blick unverfänglich aussehen mochten, wie sollten sie erklären, dass sie etwas filmten, was kein Mensch zuvor gefilmt hatte? Wie sollten sie dauerhaft die Neugier kontrollieren, die solch außergewöhnliche Aufnahmen, wie Kjell sie ihnen ermöglichte, zwangsläufig auslösen würde?
    Faes Gedanken wurden von eisigen Sturmböen fortgeweht. Der Wind fauchte in das Haus, wirbelte Blätter und Zeitungen durch das Wohnzimmer und riss ihr die Tür aus der Hand. Als es ihr endlich gelang, sie zu schließen, übermannte sie der altbekannte Schwindel.
    Nein! Unmöglich!
    Kjell hatte sie geheilt, der Tumor war verschwunden. Es war nur Einbildung, die ihr den Druck und die Schmerzen vorgaukelte. Das Gefühl der Benommenheit war ebenso wenig wirklich wie das taube Gefühl in ihren Händen. Fae lauschte in sich hinein. Sie blinzelte, kniff ein paar Momente die Augen zusammen und öffnete sie wieder. Peitschender Regen ließ die Nacht verschwimmen, doch der Schwindel war verschwunden. Lediglich ein hauchfeines Pochen war noch spürbar, tief in ihrem Hinterkopf. Dort, wo der Tumor gesessen hatte.
    Was, wenn ich nur durch Kjells Nähe gesund geworden bin und wieder krank werde, sobald er weg ist?
    Fae stolperte weiter und hielt im finsteren Rauschen nach einer hellen Gestalt Ausschau. Vermutlich war er ins Meer verschwunden, dorthin, wo sie ihn nicht finden konnte. Und doch ging sie weiter. Nicht nur, weil sie ihn suchen wollte. Es war eine Form von Befreiung, in die stürmische Nacht hinauszulaufen. Fast blind, taub vom Lärmen des Unwetters, triefnass vom Regen, der wie Nadeln in ihre Haut stach.
    Sie hätte sich besser eine Jacke oder einen Mantel übergezogen. Warum trug sie stattdessen Henrys

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