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Die Seele heilen

Die Seele heilen

Titel: Die Seele heilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wehner-Zott , Hubertus Himmerich
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besser verteilt werden könnten. Plötzlich fing einer unserer Söhne an zu weinen und schluchzte: »Dann waren wir ja an der Depression der Mama schuld.« Das stimmt natürlich nicht, denn die mangelnde Unterstützung in Haushaltsdingen war keineswegs der Auslöser für meine Depression gewesen. Eine Depression hat immer verschiedene Ursachen ( siehe [→] ). Machen Sie sich immer wieder bewusst: Weder wurde der Kranke depressiv, um Sie zu ärgern, noch hat eine isolierte Verhaltensweise von Ihrer Seite seine Depression ausgelöst. Nehmen Sie deshalb die Depression nicht persönlich und seien Sie versichert: Sie sind nicht schuld an der Depression!
Offener Umgang mit der Erkrankung
    Eine Depression ist anstrengend genug, verpulvern Sie nicht unnötig Energie damit, die Erkrankung zu vertuschen. Erstens wird diese ohnehin bekannt. Und zweitens ist es keine Schande, an einer Depression zu leiden. Eine Depression ist eine behebbare Stoffwechselerkrankung im Gehirn und kein persönliches Versagen, das es zu verheimlichen gilt.
    Wenn Sie offen mit der Krankheit umgehen, werden Sie erstaunt sein, wie viele Menschen Ihnen im Laufe der Zeit offen oder ganz im Vertrauen mitteilen werden, dass sie auch schon mal »so etwas« hatten beziehungsweise über eine lange Zeit Antidepressiva einnahmen.
    Zwingen Sie aber niemanden dazu, die Diagnose zu nennen. Vor allem jüngere Kinder, aber auch ältere Menschen tun sich schwer damit, zu berichten, dass ein Familienmitglied depressiv ist. Lassen Sie es dabei bewenden. Manche Menschen müssen sich erst an das Unverständliche herantasten, bevor sie es beim Namen nennen und sich damit abfinden können. Unser jüngster Sohn erzählte auch eine Zeit lang in der Schule, ich sei wegen Grippe im Krankenhaus. Erst als es mir wieder besser ging und er durch Besuche in der Klinik festgestellt hatte, dass Depressive nicht lauter »Verrückte« sind, erklärte er seiner Lehrerin, dass die Mama doch keine Grippe, sondern eine Depression habe.
    Missverständnisse ausräumen
    Informieren Sie – wenn der Erkrankte dem zustimmt – dessen Freunde über die Depression. Da eine Depression das Verhalten gegenüber Mitmenschen oft negativ beeinflusst, könnten Missverständnisse aufgetreten sein. Möglicherweise hat der Betroffene den Kontakt zu seinen Freunden abgebrochen, weil es ihm aufgrund der Depression unmöglich erschien, andere Menschen zu treffen. Wenn seine Freunde um die Diagnose Depression wissen, dann brauchen sie den Rückzug des Kranken nicht als persönliche Beleidigung zu sehen, sondern können ihn als Folge der Krankheit eher akzeptieren.
Zuwendung statt Rückzug
    Viele depressive Menschen ziehen sich völlig in ihr Schneckenhaus zurück. Andere können in der Depression alle greifbaren Personen mit ihren Problemen in immerwährenden Wiederholungen zutexten. Allen Depressiven aber ist gemeinsam, dass sie den Glauben an das Gute und an sich selbst verloren haben. Der Kranke sieht sich als Belastung für seine Umwelt und kann sich oft nicht vorstellen, dass jemand einen Jammerlappen wie ihn noch mag.

    Unterschiedliche Telefonrechnungen
    Die zwei unterschiedlichen Arten der Depression konnte ich in der Klinik bei mir und meiner Bettnachbarin studieren. Meine Telefonrechnung erreichte während der Akutphase der Depression eine bedenkliche Höhe, da es mich zumindest kurzfristig entlastete, wenn ich mit möglichst vielen Menschen immer wieder über mein Problem sprach. Meine Zimmernachbarin hingegen telefonierte am Anfang ihrer Depression fast nie. Sie zog sich völlig von ihrer Umwelt zurück. Während des Genesungsprozesses pendelten sich unsere Telefonrechnungen dann allerdings auf ein »normales«
Maß ein.

    Ablehnung durch den Kranken
    In der Akutphase der Depression sagte ich oft zu meinem Mann: »Such dir eine neue Frau, die dann auch eine Ersatzmutter für die Kinder ist. Ich kann und bin nichts mehr, nur noch eine Last.« Und wenn Freunde versuchten, mir zu helfen, dann riet ich ihnen düster: »Vertut nicht eure Zeit mit mir, das hat doch keinen Sinn und ich vermiese euch nur die Stimmung.« Und weil ich überzeugt davon war, nichts mehr wert zu sein, gab ich meinen Mitmenschen zu verstehen, sie bräuchten sich nicht um mich zu kümmern.
    Glücklicherweise nahmen sie das nicht ernst, denn die stetige Zuneigung, die ich in dieser schweren Zeit erfuhr, war sehr wichtig für mich. Denken Sie also daran: Es ist nicht der Patient selbst, der Sie ablehnt, sondern die Krankheit

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