Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)
Ihr?«
»Im Gasthaus zum Franziskaner.«
»Sobald ich etwas weiß, lasse ich Euch benachrichtigen.«
Die Audienz war zu Ende. Flock und Wolff verließen mit einer gewissen Erleichterung die Hofburg. Es gab ihnen Mut, Stralendorff auf ihrer Seite zu wissen. Zum ersten Mal seit langem wagten sie zu hoffen.
Brief Cornelius’ aus Iphofen an Johanna, 12.Januar 1631
Mein Liebstes, es thut mir in Hertz und Seele wehe, daß ich nun doch nit zu Weyhnachten bei Dir daheim sein konnt. Der Fürst Bischoff hat mich ins Städtchen Ipphofen geschicket, wo die Rachenbräun vor zweien Wochen ebenfallß außgebrochen ist. Die Seuche ziehet kreutz und quer durchs Landt, und ich muß auf Geheiß der Herrschafft mit, ob ich nun will oder nit. Kaum stehn die Dingk zu Schweinfurth, wo ich bis vor einer Woche war, beßer, höret man, daß es nun zu Kitzing auch los gehet. Überall wo ich ankomm, empfangen mich die Leutt wie den Herrn Jesus beim Eintzug in Jerußalem. Sie setzen all ihr Hoffnungk in mich, und ich darff sie nit enttäuschen. Und ich kann vil Leben retten. Danck sei Gott und auch dem guthen Silber-Schmiedt zu Würtzburg, der mir eine gantze Antzahl kleyner Röhrlein gefertigt hat, die ich in die Kehlen der Krancken einsetzen kann. Seit deme gibt es faßt keine Entzündungen mehr. Und die Jesuithen-Rinde, von der Du mir hast ein gantzes Fäßlein voll nach Würtzburg schicken laßen, thut auch guthen Dienst.
Auß Nürnbergk hab ich gehört, daß zwei Bamberger Bürgersleutt nach Wien auffgebrochen sein solln. Villeicht ist ja Dein Vater dabey? Die Nachricht kam von eim Kauffmann, der geßtern bei eim Weinbauern eingekehrt ist und mit deme ich zu Abend gespeist hab. Er wußt nit meher als daß man in der Reichs-Stadt sich allenthalben gegen die Drudenprozeß ausspricht. Unsern Fürst Bischoff nennt man dort nur noch den Hexen-Brenner. Das Schloß seiner Familie stehet nit weit von hier, zu Dornheim. Ich hab’s aber noch nit gesehen. Die hohen Leutt werden weniger von der Seuche heimb gesucht als das einfache Volck, und so komm ich nur in die Bürger-Häußer und die Hütten der Armen.
Wie geht es deiner Schweßter? Hast Du von ihr gehört? Ich muß offt an sie dencken. Auch zu Würtzburg sind so vil im Feuer gestorben, die gantze Stadt ist jetzt noch voll Angßt und Trauer. Und auch manch andre Ortt im Bisthum haben ihre Hexen gehabt. Gebe Gott, daß sich für die Dorotea alles zum Guthen wendet!
Mein Hanna, Du fehlest mir so, ich kann’s gar nit mehr außhaltten. Versprichst Du mir, kein Aug auf einen andern zu werffen, bis ich wieder da bin? Ich für mein Teill hab schon langk kein anders Weib mehr angesehn, nur Dich! Und wenn ich heimkomm, dann freu ich mich schon auff die Stunden, in welchen ich Dir wieder das Italienische beibringen kann! Bis dahin sollst Du nur ein Weniges von der welschen Sprach können, und das sollstu mir sagen, wenn ich wiedrum bey Dir bin: Ti voglio bene, cuore mio. Nichts anders wünsch ich mir von Dir zu hören.
Leb wohl, behalt mich lieb und wartt auf Deinen
Cornelius
Schreiben von Abdias Wolff an Johanna, Wien, 29.Januar 1631
Mein libes Kindt, nun sindt wir schon etlich Wochen in der Kaiserstadt undt verpringen die meißte Zeitt mit Wartten und Hoffen. Haben auch etlich Gesprech gefürt und Schreiben an wichtige Leutt verfaßt. Noch ist unser Sach nit vom Reichshoffrath behandelt. Es thuet mir und dem Heinrich wehe, nichts zu wißen vom Schicksal unßrer Thea, aber wir sindt zuversichtlich, daß es ihr noch leydlich wol ergehet.
In unsrer freyen Zeitt haben wir schon gantz Wien erkundet. Es ist ein Stadt mit zweyen Gesichtern. Da hat’s altte Viertel und Gegenden, die in Armut und Schmutz ein schändlich Spectaculum bietten, mit Speluncken, Trabantenquartirn und rechten Wanzenkobeln als Häußern, unordentlich gebaut und herunter gekomen. Woanders hingegen wird bis in den Himmel hinein gebauet, schöne Kirchen und Wohn-Schlößer, prechtige Straßen und Prunnen. Gantz neu und in ernster Vornemheit stehet da die Kirch der Gesellschaft Jesu mit ihren zwey Türmen und dem Kaiser-Adler überm Porthal, oder auch die schönen Kirchen der Karmeliter und Frantzißkaner. Und die fürnehmsten Bauwerck zu Wien sind natürlich der herrliche Dom und die Hoffburg, wo der Kaiser sich auffhält. So vil Pracht und Größ sind unbeschreyblich.
Die Stadt ist ungemeyn volckreich. Man kann sich ergötzen beim Anblick von so vilerley Nationen als Türcken, Thataren, Griechen, Sieben-Bürger, Slawonier, Ungarn,
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