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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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dargestellt wurde. Wie jedes Jahr hatten sie den Schülern der Kantorei, die mit ihren Lehrern singend durch alle Gassen zogen, Süßigkeiten und Pfennige geschenkt. Hanna hatte die blühenden Barbarazweige geschmückt und dabei weinen müssen – sonst war dies immer Theas Aufgabe gewesen.
    Die Bräuche zwischen den Jahren hatten sie eingehalten, wie es seit jeher war. In den Unternächten hatten sie die Hasenställe nicht ausgemistet und keine Wäsche gewaschen – das hätte sicheres Unglück im nächsten Jahr gebracht. Aus demselben Grund wurde in dieser Zeit auch nicht gebacken, und es wurden keine Schuhe geputzt. Und am »Obersten Tag«, an Dreikönig, durfte man weder spinnen noch weben, noch Futter für die Tiere schneiden. Die Langohren im Apothekersgarten mümmelten altes Heu und Gelberüben. Es war eine ruhige Zeit, wenn man so fast gar nichts tun durfte, und es blieb umso mehr Muße zum Nachdenken, zum Glücklich- und zum Traurigsein.
    Der Neujahrsbeginn war Johanna und Toni schwer angekommen. Beim nächtlichen Anblasen durch die Türmer hatten sie sich beide gefragt, was das Jahr wohl bringen würde, und Hanna hatte inständig gebetet, es möge nicht der Tod ihrer Schwester sein. Toni hatte diesmal keine Lust gehabt, zum Neujahrsanschießen zu gehen, und auch die Feuer in den Gassen hatten sie nicht gelockt; so waren sie zu Hause geblieben.
    Cornelius war immer noch nicht heimgekehrt. Vor einer Woche hatte Johanna einen weiteren Brief von ihm erhalten, diesmal aus Kitzingen. Die Seuche ließ einfach nicht nach. Und obwohl sie unter der Sehnsucht nach ihm litt, war doch die Tatsache, dass er sie liebte und dass sie sich gefunden hatten, das Schönste, was ihr jemals widerfahren war. Die Liebe hielt sie aufrecht und gab ihr Zuversicht.
    Mit Dorothea hatte sie immer noch nicht sprechen können, obwohl sie einen Bittbrief an den Fürstbischof gesandt hatte. Eine Schwangere musste doch Gelegenheit haben, über Frauensachen mit einer anderen Frau zu reden und nicht nur mit Gefängnisknechten und Lochwärtern! Bisher war keine Antwort gekommen, aber sie hatte wenigstens die Erlaubnis erhalten, ihrer Schwester jeden Tag eine besondere Kost vom Wirtshaus zur Gans bringen zu lassen. Auch hatte sie ihr Strohsäcke, Bettzeug und warme Kleidung in die Alte Hofhaltung schicken dürfen. Einmal war es ihr gelungen, einen der Stadtknechte abzupassen und ihm zu entlocken, wie es Thea ging. Er hatte erzählt, dass sie in Ketten liege, aber bei guter Gesundheit sei. Toni war mehrmals zur Alten Hofhaltung gelaufen und hatte dort laut Theas Namen gerufen, bis man ihn verscheucht hatte. Sie hatte nicht zurückgerufen. Vermutlich hielt man sie in einem Raum gefangen, der kein Außenfenster besaß.

    Derweil gingen die Prozesse ohne Unterlass weiter, und am Schwarzen Kreuz loderten die Scheiterhaufen. Johanna blieb im Januar wenig Zeit zum Nachdenken, denn der Vorrat an Arzneien, die noch ihr Vater hergestellt hatte, war längst zur Neige gegangen. Sie musste für frische Salben sorgen, Pflaster herstellen, Wässer destillieren und Pillen drehen. Ohne Antoni wäre dies alles gar nicht zu schaffen gewesen; er lernte in dieser Zeit so viel dazu, dass er sich bald schon auf dem Stand eines Gesellen im ersten Jahr befand. »Dein Vater kann stolz auf dich sein«, sagte sie immer wieder zu ihm.
    So vergingen die Tage, bis es am letzten Januarsonntag, gerade als Johanna die Schüsseln vom Abendessen wegräumen wollte, heftig ans Fenster der Offizin klopfte. Sie sah die Umrisse eines Mannes – Cornelius, war ihr erster Gedanke, und ihr Herz machte einen Sprung. Aber als sie öffnete, war es doch nur der Fässer-Schorsch, der Büttnermeister vom Kaulberg. Sie kannte ihn gut; er war im gleichen Alter wie sie selber. »Johanna«, stieß er atemlos hervor, »Du musst helfen! Meine Frau liegt seit einer Nacht und einem Tag in den Wehen, aber jetzt haben sie fast aufgehört. Das Kind will und will nicht kommen. Sie hält’s nicht mehr lang aus … « Er stützte sich mit einer Hand an der Hauswand ab, und seine Brust hob und senkte sich schnell.
    »Aber Schorsch, das ist die Sache einer Hebamme!«, wehrte Johanna ab.
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Weißt du nicht, dass es keine mehr gibt in der Stadt? Alle längst verbrannt. Und der alte Eberlein sagt, er kennt sich in Weiber- und Geburtssachen nicht aus. Meine Mutter ist jetzt bei ihr. Sie lässt ausrichten, dass irgendetwas nottut, was das Kind schnell austreibt.«
    Johanna überlegte

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