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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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weil sie auß ihme Schmier sieden wollt für ihre Salben und Gifft.
Quaestio: Ob die Wolffin denn das Kindt mitgenommen hett?
Pröllin: Nein, sie hättens ihr nit gelaßen.
Quaestio: Was dann wol mit dem Kindt geschehn?
Pröllin: Sie hättens noch am selben Tagk eingegraben, auf dem Kirchhof, dortten, wo die Ungetaufften liegen.

Wien, Mitte Mai 1631
    In der Stadt an der Donau war der Frühling eingezogen, mit viel Sonnenschein und milden Temperaturen. Wie immer und überall nach der kalten Jahreszeit ging ein Aufatmen durch die Menschen; die bleierne Schwere des Winters war verschwunden. Man genoss die Wärme draußen und die ersten frischen Kräuter im Eintopf. Wien lebte auf.
    Nur Abdias Wolff und Heinrich Flock konnten keine rechte Freude über den Frühling empfinden. Sie hielten sich nun schon über vier Monate in der Kaiserstadt auf, hatten mehrmals mit Stralendorff gesprochen, hatten Briefe und Anträge verschickt und wichtige Kontakte geknüpft. Zwei Mal hatte der Reichshofrat in dieser Zeit getagt. Beim ersten Mal war die Bamberger Sache überhaupt nicht behandelt worden, beim zweiten Mal hatte es eine Diskussion gegeben, die jedoch zu keinem Ergebnis geführt hatte. Man hatte die Angelegenheit vertagt. Stralendorff beurteilte die Sachlage inzwischen nicht mehr so positiv, und von Lamormaini, dem Beichtvater des Kaisers, war immer noch keine Rückmeldung gekommen. Die Zeit lief ihnen davon.
    »Ich werde noch verrückt!« Heinrich Flock durchmaß mit großen Schritten das Zimmer im Gasthaus zum Franziskaner. Gerade hatte er die Nachricht erhalten, dass der Reichshofrat am kommenden Freitag im Beisein des Kaisers zusammenkommen würde, aber ihre Angelegenheit wieder nicht auf der Tagesordnung stand. Abdias Wolff saß am Fenster und vergrub das Gesicht in den Händen. »Herrgott, was können wir denn noch tun?«, murmelte er niedergeschlagen.
    Flock schnappte sich Umhang und Mütze. »Ich gehe noch einmal zu Stralendorff«, sagte er mit finsterem Blick über die Schulter. Er wollte sich einfach nicht von der Mutlosigkeit seines Schwiegervaters anstecken lassen. Entschlossenen Schritts marschierte er zur Hofburg, betrat den Amalientrakt und ließ sich bei Stralendorffs Sekretär melden. Ungeduldig stand er eine Weile herum; dann hielt es ihn nicht länger und er stapfte durch die Gänge bis zum Eingang, der in die Räumlichkeiten des Vizepräsidenten führte. Gerade öffnete sich die Tür, und der Sekretär kam heraus, einen Stapel Akten unter dem Arm. Er schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Meister Flock, ich bin schon im Bilde. Es tut mir sehr leid, aber Seine Exzellenz kann Euch trotzdem heute nicht empfangen. Zu viele Termine.«
    »Aber wenn der Reichshofrat die Sache jetzt nicht verhandelt, wann dann?« Flock packte jetzt auch die Verzweiflung, er schrie fast. »Herrgott, es muss doch eine Möglichkeit geben … «
    In diesem Augenblick steckte Stralendorff seinen Kopf durch die Tür. »Lasst gut sein, Moser«, meinte er zu seinem Sekretär und winkte dann Flock zu sich heran. Er senkte die Stimme. »Hört, Meister Flock, der Reichshofrat hat die Tagesordnung der nächsten Sitzung schon beschlossen. Und es gibt nur einen, der sie laut Protokoll ändern könnte: den Kaiser.«
    Flock senkte den Kopf. »Ich verstehe.« An Ferdinand II. war kein Herankommen, das wusste er.
    Stralendorff strich sich nachdenklich über den langen Bart. »Ich weiß nun zufällig«, sagte er langsam und betont, »dass Seine Majestät heute Nachmittag mit seinem italienischen Baumeister zusammentreffen will, bei den Resten der alten Dominikanerkirche. Der Wiederaufbau des Gotteshauses ist dem Kaiser ein großes Anliegen; er wird demnächst die Grundsteinlegung selbst vornehmen. Vielleicht … nun, vielleicht seid Ihr ja zufällig in der Gegend.«
    Flock sah auf. »Ihr meint, ich soll … «
    Stralendorff breitete die Arme aus. »Es soll ja schicksalhafte Zufallsbegegnungen geben«, meinte er. »Versucht es. Aber Ihr wisst das nicht von mir. Und jetzt geht; ich habe zu tun. Und – viel Glück!«

    Ferdinand II. stieg etwas unbeholfen aus seiner goldglänzenden Prunkkutsche und nickte dem Architekten, der in eine tiefe Verbeugung italienischer Art gesunken war, freundlich zu. Sofort umrahmte die beiden ein ganzer Tross von Wachen und Höflingen, die in gebührendem Abstand von der Majestät blieben, sie aber dennoch vor fremden Blicken und unrechtem Zugriff abschirmten.
    Der Habsburger betrachtete mit trübseligem Blick das

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