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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Romana«, die oberste Justizbehörde des Heiligen Stuhles. Dann die »Consulta« als höchster päpstlicher Appellationsgerichtshof. Und schließlich das »Sant’Offizio«, die wichtigste Kongregation, die letzte Entscheidungsgewalt in theologisch-dogmatischen Fragen besaß. In all diesen Gremien saßen Kardinäle, und Kircher hatte sich die Wichtigsten und Einflussreichsten von ihnen nennen lassen: Palotta, Sacchetti, Cesi, aber vor allem Francesco Barberini und Bernardino Spada. Das waren die Männer, an die man herankommen musste, um in Rom etwas zu erreichen.
    Bis zu seiner Unterredung mit dem Generalvikar versuchte Petrus Kircher sich abzulenken, indem er in der Stadt umherstreifte. Er wanderte über die Piazza Navona mit ihrem bunten Markttreiben, kaufte sich hier für ein paar Scudi ein neues Paar Schuhe, um seine abgelaufenen Stiefel zu ersetzen, und dort für ein paar Baiocchi eine Nascherei. Er streunte durch die Gassen bis zum Tiber und spazierte am Ufer entlang. Danach zog es ihn zum Beten nach Il Gesú.
    Schon immer war es sein Traum gewesen, Il Gesú zu sehen, die erste Kirche, die Jesuiten in Rom errichtet hatten. Das barocke Gotteshaus war 1584 vollendet worden, ein triumphaler Bau, der seither überall als wegweisend für die Kirchenbaukunst galt. Andächtig betrat Kircher das Hauptschiff und ging langsam auf die Apsis zu. Über seinem Kopf schwebte ein grandioses Deckenfresko, das weithin als »Triumph des Namens Jesu« berühmt war. Es öffnete gleichsam die Architektur zum Himmel hin, auf dessen Wolken Heilige und Engel zu erkennen waren. Die Sonnenstrahlen, die ins Langschiff einfielen, überfluteten die vergoldeten Gesimse mit Licht, sodass man fast glauben mochte, die Kirche sei ohne Gewölbe und der eigene Blick folge dem Flug der Engel, bis sie sich in der großen, gleißenden Helle verloren. Kircher sank im Mittelgang auf die Knie, den Blick zum Himmel erhoben. Seine Lippen bewegten sich im lautlosen Gebet.
    »Es ist überwältigend, nicht wahr?« Eine Stimme riss ihn irgendwann aus seiner Versunkenheit. Er nickte und sah den Jesuiten, der sich neben ihn gestellt hatte, lächelnd an. »Man fühlt sich winzig klein«, antwortete er.
    »Weil hier die Allmacht Gottes so deutlich zu spüren ist.« Der Mann, ein blonder Hüne ungefähr im gleichen Alter wie Kircher, nickte ergriffen. Kircher erhob sich und klopfte seine Kutte ab. »Ihr habt mich auf Deutsch angesprochen«, stellte er fest, »woher wusstet Ihr …?«
    »Pater Maximus Witt, aus Ingolstadt.« Der Bruder stellte sich vor und schüttelte Kircher die Hand. »Ich habe Euer Gesicht wiedererkannt. Im letzten Herbst wart Ihr Gast im Ingolstädter Kolleg, nicht wahr? Ich erinnere mich, Euch des Öfteren in der Bibliothek gesehen zu haben – neue Mitbrüder fallen immer gleich auf. Gerade bin ich in Rom angekommen, um im nächsten Monat ein Studium im Palazzo di Propaganda Fide zu beginnen, und da treffe ich Euch!«
    Auch Kircher nannte seinen Namen. Er freute sich über ein bisschen Gesellschaft, und so verließen die beiden schließlich die Kirche und schlenderten plaudernd durch die Stadt. In den nächsten Tagen trafen sie sich öfters zu gemeinsamen Unternehmungen, und irgendwann erzählte Kircher seinem neuen Freund den Grund für seine Reise nach Rom. »Nun, da kann ich Euch nur Glück für diese schwierige Aufgabe wünschen«, meinte der Ingolstädter mit bedächtiger Miene. »Wenn ich Euch irgendwie helfen kann, gebt Bescheid.«

    Kardinal Bernardino Spada war ein untersetzter Mann, dessen Fettleibigkeit in Rom inzwischen zum geflügelten Wort geworden war. Seine Körperfülle hatte ihre Ursache allerdings nicht darin, dass er gerne aß, sondern darin, dass er einfach und wahllos alles in sich hineinstopfte. Er war ein Fresser, aber kein Gourmet. Und er war ein erklärter Gegner der Habsburger, was ihn auch automatisch zum Feind der Gesellschaft Jesu machte, die sich für seinen Geschmack zu eindeutig auf die Seite des Kaisertums geschlagen hatte. Deshalb wunderte sich auch der Pförtner des Palazzo Spada sehr, als eines Morgens am Ende des Monats Februar ein großer blonder Jesuitenmönch an eine Seitenpforte klopfte, seinen Namen nannte und in deutlichem Befehlston forderte, zum Kardinal gebracht zu werden. Und der Pförtner wunderte sich noch mehr, als sein Herr ihm daraufhin auftrug, den Mann sofort hereinzuführen.
    Lorenz Stürmer verbeugte sich höflich vor dem dicken Kirchenmann. Spada erhob sich von seinem Lesestuhl in der

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