Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)
gebracht würden.
Zu Bambergk aber achtet man dieße Articul nit, sondern ziehet Vermögen, Hauß und Hof der Justificirten für die Malefiz-Cassa ein, was Wir für straffwürdig und unrechtmässig ansehn. So soll es hinfürter nit mehr geübt, gebraucht und gehalten werden.
Hinsichtlich der Verlassenschaft der hingerichten Hexen und was die Confiscation anbelangt, werden alßo Herr Bischoff hierinn dermaßen zu procedieren wissen, damit man sich mit Fug zu beschweren nit mehr Ursach hab.
Dies wird mit sonderbarem Ernst anbefohlen.
Des dritten:
Besteht die Furchtt, daß zu Bamberg unerfordert und unverhört und also nichtiglich oder sunst wider natürlich Vernunft und Billigkeyt processirt und geurteilt wird. Dies alles mit Hinweiß darauff, daß es sich bei der Zaubrerei um ein crimen mixtum und ein Sonder Verprechen handeltt. Nichts desto weniger will uns allerley bedencken machen, daß auch auf Aussag von verurtheilten Hexen hin verhafftet und gemarttert wirdt. Solche Denunziationes haltten Wir für nit ausreichend für captura quam etiam ac tortura. Auch vermeinen Wir, daß man den Beschuldigthen ein Anwaltt nit verweigern dürffe, denn dieß gehöret zu eim ordentlichen Justiz Verfahren. Und gantz gewißlich begehren Eure fürstliche Gnaden zu Bamberg kein unschuldig Blueth zu vergießen.
Hieran Bescheidt und gutes Gefallen sind wir Euer Gnaden mit Gnaden und allem Gueten wohl gewogen.
Geben in Unserer Stadt Wien, am Tagk vor Himmelfahrt, den neunzehnthen Mai anno 1631, Unserer Reiche des Römischen im dreizehnten, des ungarischen im vierzehnten und des Böhmischen im fünfzehnten Jahre.
Ferdinand
Schreiben des Generalvikars der Gesellschaft Jesu zu Rom an Adam Tanner, derzeit im Kollegium zu Hall in Tirol vom 15.Juni 1631
Lieber Bruder und Freund, in der Sache der Inquisitions Processe, wie sie in Teutschland derzeit überhandt nemen, bin ich selber nach reifflicher Überlegungk genzlich Eurer Meinungk. Die meisten unserer Collegien jedoch sind in ihrer Haltungk schwanckend oder halten die Processe für rechthens und notwendigk. Darumb glaube ich, daß sich die Gesellschaft Jesu nit offen gegen die teutschen Bisthümer stellen soll, damit unßer Orden nit uneins werde. Eine Spaltungk des Ordens, ja der gantzen katholischen Kirche muß umb jeden Preis vermieden werden. Alßo gemahne ich Euch zu guther Zurückhalthungk. Und traget ohnbedingt Sorge, daß unser Bruder Spee zu Paderborn sein Werck für sich behelt. Die Gesellschaft Jesu kann seiner Verbreitung nit zustimmen.
Gott befohlen.
Scripsit manu propria den Dienstag Viti ao 31.
Vitelleschi, V. G.
Geheimer Zusatz: Wenn allerdingks das Manuscriptum unseres Bruders Spee anonyme gedruckt würdt – wer unter uns hätte solches verhindern sollen? Was darin steht, wirdt, so meine ich, die Processe in iren Grund Vesten erschüthern, auch wenn der Verfaßer der Schrifft unbekant pleibt.
Vernichtet dießen Zettel.
Bamberg, Malefizhaus, 16.Juni 1631
Ei, Ihr seid nun schon zum zweiten Mal hier, Jungfer Wolff.« Vasold faltete das alte Verhörprotokoll zusammen, in dem er gelesen hatte, und trat ganz dicht an Johanna heran. »Gebt Ihr denn jetzt zu, eine Unholdin zu sein?«
Trotzig schüttelte sie den Kopf. Nein, sie würde nichts zugeben. Sie würde mit aller Kraft, die sie hatte, auf ihrer Unschuld beharren, so lange, wie es ohne Folter möglich war. Zeig keine Angst, hatte ihr die Schefflerin vorhin noch zugeflüstert, dann haben diese Teufel auch keine Macht über dich.
»So, so. Immer noch verstockt.« Der Hexenkommissar warf einen Blick auf seine Taschenuhr. »Das wird Euch nichts helfen«, sagte er, »diesmal.«
Hanna versuchte, ihm ganz ruhig ins Gesicht zu sehen. »Ich war damals keine Hexe, und ich bin’s auch heute nicht.«
Die Tür öffnete sich, und ein zweiter Jurist kam herein, den Johanna noch nicht kannte: Schwarzcontz, in den letzten Jahren noch fetter und noch kahler geworden. Ihm folgte, ein Bündel frischangespitzte Federn in der Hand, der Schreiber. Johanna stöhnte innerlich auf und schloss für einen Moment die Augen. Sie hatte so gehofft, dass jemand anders das Protokoll führen würde. Vergeblich, Gott ersparte ihr dies nicht – es war Hans Schramm. Ohne eine Regung blickte er sie kurz an, denselben hochmütigen Ausdruck wie immer um den Mund, und nahm dann umständlich an einer Seite des großen Tisches vor dem Fenster Platz. Schwarzcontz und Vasold setzten sich neben ihn, und er nahm den Deckel des Tintenglases ab.
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