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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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hin!«, wandte er sich an Johanna. »So sieht eine überführte Hexe aus! Nun denn, Appolonia Kretzerin, erzählt der Jungfer Wolff, was Ihr uns erzählt habt.«
    Das Weib begann mit kaum hörbarer Stimme stockend zu reden: »In der Nacht Johanni vor zwei Jahren, da nahm mich meine Schwester, die mich das Hexenwerk gelehrt hat, mit in die Apotheke zum Mohren. Die Wolffin hat schon auf uns gewartet, ist dann mit uns auf den Dachboden gestiegen. Dort haben wir alle unsere Kleider hingeworfen, Sprüche aufgesagt und uns dabei auf Geheiß der Apothekerin an den Schenkeln, unter den Achseln und an der geheimsten Weiblichkeit mit Hexensalbe eingeschmiert. Da wurde uns ganz leicht … « Sie hustete und rang einen Augenblick nach Luft, bevor sie weitersprach. »Die anderen beiden haben dann einen Stecken genommen, sich daraufgesetzt. Ich hab mich am Zopf der Wolffin festgehalten, und so sind wir durch die Dachluke ausgeflogen, in den Hauptsmoorwald.«
    Johanna war erschüttert. Dieses alte Weib tat ihr unendlich leid, aber sie musste sich verteidigen. »Das ist doch alles nicht wahr«, sagte sie in beschwörendem Tonfall zu der Alten. »Ihr erzählt das nur, weil man Euch gefoltert hat. Ich kenn Euch doch gar nicht. Und vor zwei Jahren hatte ich ganz bestimmt keinen Zopf – weil man mich kurz vorher ebenso geschoren hat wie Euch.«
    Die Gefangene warf einen Blick voller Angst auf die beiden Hexenkommissare. »Doch, es stimmt«, beharrte sie. »Und den Zopf hat Euch der Teufel gemacht. Wie könnt ich mich sonst daran festgehalten haben?«
    Schwarzcontz nickte zufrieden. »Sprecht nur weiter, Kretzerin. Was war beim Hexentanz?«
    Die Frau hustete wieder und spuckte blutigen Auswurf auf die Erde. Dann fuhr sie fort. »Sie hat mit dem jungen Fischler und noch zwei anderen den Leib des Herrn zu Boden geworfen und so lang darauf getreten, bis Blut herausgequollen ist. Gelacht und gesungen haben sie dabei, und viel Wein getrunken, den ein paar von uns vorher aus dem Keller vom Kloster Michelsberg gestohlen hatten. Und sie haben die blutnasse Hostie in den Kessel geworfen, zu den Fröschen und Schlangen und Spinnen, die man gesotten und hinterher wie das köstlichste Mahl aufgegessen hat. Dann haben sie dem Teufel gehuldigt, und sie hat sich ihm fleischlich hingegeben. Wie die Tiere haben sie widernatürliche Vermischung gepflegt, ganz verzückt war sie dabei und hat vor Freud die Augen verdreht, und hinterher hat sie ihm zum Dank den Hintern geküsst.«
    »Heilige Maria Muttergottes«, flüsterte Hanna.
    Auf einen Wink hin ergriff der Malefizknecht die Gefangene am Arm und zerrte sie wieder hinaus. Sie hatte ihre Schuldigkeit getan. Vasold trat zu Johanna, die hilflos kopfschüttelnd dastand. »Was habt Ihr zu dieser Anschuldigung zu sagen?«, herrschte er sie an.
    »Nichts davon ist wahr.« Johanna war den Tränen nahe, Tränen der Wut und der Ohnmacht. Wie sollte sie dies alles entkräften? Ihre Fäuste ballten sich. »Ich bin keine Hexe, und ich war nie bei einem Hexentanz.«
    »Aber den Leib Christi, den habt Ihr wohl gesotten? Und Unzucht mit dem Teufel getrieben?«
    »Ich bin dem Teufel nie begegnet.« Sie schrie es fast.
    Da hielt Schwarzcontz mit spitzen Fingern etwas hoch, was bis dahin unter den Papieren verborgen gelegen hatte. »Wenn Ihr den Teufel also nicht kennt«, sagte er mit schneidender Stimme, »wie kommt es dann, dass Ihr sein Abbild in Eurem Hause aufbewahrt?« Er hielt ihr den Gegenstand hin, Triumph im Blick.
    Hanna erstarrte. Es war die geschnitzte Holzfratze, die der Mohr Caspar ihrem Bruder geschenkt hatte. Oh, Toni, dachte sie, o Toni. Sie schloss die Augen und ließ die Schultern hängen. Auf einmal fühlte sie sich müde, unendlich müde.
    »Verstockte Satansmetze! Gesteh endlich!«, brüllte Vasold, »oder sollen wir die Wahrheit mit glühenden Zangen aus dir herauszwicken?«
    »Lieber Gott hilf«, flüsterte sie tonlos. Abwehrend streckte sie dem Hexenkommissar die Hände entgegen; ihre Finger zitterten, ihre Knie wurden weich. Langsam ließ sie sich auf den Schemel sinken, der in der Mitte des Raums stand.
    »Wer hat Euch erlaubt, Euch zu setzen?« Das war die schneidende Stimme von Herrenberger, der zornig mit der Faust auf den Tisch schlug. »Hoch mit Euch!«
    Sie gehorchte, stand wieder auf. Vergebens kämpfte sie gegen die aufsteigende Panik an. Sie konnte die Herkunft der Schnitzerei nicht erklären, ohne Toni und den Mohren zu inkriminieren. Sie wusste nicht mehr, was sie sagen sollte –

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