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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Schultern. »Ist je einer nach einer Hexenbeschuldigung wieder freigekommen? Hat nur ein Einziger von den armen Schweinen kein Geständnis abgelegt? Ich sage Euch, ich habe im Vorbeigehen die Schreie gehört, die aus der Folterkammer kommen. Das ist nicht mehr menschlich. Das hält keiner aus. Wenn der Haan gleich alles zugegeben hat, war das nur klug. Ich hätt’s vermutlich genauso gemacht. Sterben muss er sowieso, aber er hat sich wenigstens dadurch die Marter erspart.«
    Es klopfte, und die Köpfe der drei Männer fuhren herum. Abdias Wolff spähte durch das Seitenfenster und öffnete dann die Tür. Georg Neudecker kam herein. Der Bürgermeister atmete schwer und war weiß wie die Wand.
    »Der Adam Rehm ist verhaftet worden, heute Vormittag aus seinem Weinkeller heraus. Er hat sich im Gefängnis die Pulsadern aufgeschnitten.«
    Keiner der vier Männer sagte etwas. Flock bedeckte das Gesicht mit den Händen, Wolff hockte sich kraftlos auf den Rand des Standmörsers und schloss die Augen, Neudecker stand einfach nur mit hängenden Armen da. Schließlich brach Junius das Schweigen. »Lasst uns nach Hause gehen«, murmelte er.

    Aus dem Bamberger Fragenkatalog zu den Hexenverhören
Interrogatoria generalia ad omnes sed mutatis mutandis, Manns vnd Weibs Hexenpersonen zu dirigirn.
Wie lang und oft der böse Feint mitt ihr umbgangen, ehe er sie dann zum Versprechen gebracht?
Wo solch Versprechen erstlich geschehen vnd zu was Tag vnd Stund, mit was Worten er sie angeredet?
Ob des bösen Feinds Stimm rein und lieblich zu hören?
Ob sie auch empfunten, wann er sie anrührt, vnd ob sie ihn auch wie ein anderen Mentschen greiffen und fühlen können?
Ob der böse Feint mit ihr Unzucht getriben?
Allhie ist umbstendig zu fragen, wie solch Vermischung geschehn, auch, wie sie empfunten werde.
Ob der böse Feint sie getaufft?
Ob sie Gott vnd allen sein Heiligen damahls abgesagt, wie?
Ob das Wasseraufgießen bei der Tauff vor oder nach der Absagung geschehn?
Ob des Wassers viel oder wenig geschehn?
Wo es auf den Leib hingeschüttet worden.
Wie offt sie zur Nacht vnd auf was fur Friedhofen kommen und die Kinder ausgraben helffen?
Was sie mit dem Kind gethan, ob sie es kocht, gesotten oder gebraten, vnd wo sie es vertzehrt haben, wer den Vertzehren beigewohnt, ob es ihnen wohlgeschmeckt habe?
Wieviel Tänz sie des Jahrs halten, wo vnd was Zeit es geschehe, ob es Tag oder Nacht seye?
Wer beim Tanz geleuchtet?
Wie das Leuchten zugegangen?
Wer der Koch gewesen und das Kochen zugehe, ob das Fleisch vnd was sie zu kochen gehabt, rohe oder frisch gewesen?
Was sie fur Speis gehabt?
Wo sie Wein und Brot hergenomen?
Ob sie in Eßen und Trinkhen auch ein natürlichen Schmackh empfinden?
Was fur Geschirr sie brauchen, wer solches herleihe und wieder hinwegnehme?
Was die Spiel leuth seyn oder wo der Spielmann her sey und wohnet?
Was fur ein Liedlein beym Tantz der Spielmann vfgemacht?

Beim Hasentörlein, November 1627
    Johanna lief zielstrebig mit ihrem Henkelkorb durch die Gassen der Inselstadt. Es war später Nachmittag, und sie wollte rechtzeitig im Haus ihres Verlobten sein, um ihm das Abendessen aufzuwärmen. Schramms Tante, bei der er lebte, war auf Wallfahrt nach Vierzehnheiligen. Jedes Jahr zum Todestag ihres Mannes pilgerte sie zu der alten Kapelle am Main, um dort für ihn eine Kerze anzuzünden, zu den vierzehn Nothelfern zu beten und eine Seelmesse lesen zu lassen. Während dieser Zeit versorgte Johanna ihren Verlobten mit dem Nötigsten – man konnte schließlich nicht erwarten, dass ein Mann sich selber den Haushalt führte, kochte, wusch oder gar putzte.
    Heute war die Apothekerstochter nervös wie eine Vierzehnjährige vor dem ersten Kuss. Schramms Tante war seit gestern aus dem Haus, und Johanna war entschlossen, die Situation auszunutzen, wenn es schon der Hans nicht tat. Oder auch nicht. Oder doch. Herrje, sie konnte doch nicht ewig verlobt und Jungfrau bleiben! Wenn sie ihre Schwester, die Thea, ansah – der guckte doch das Glück einer zufriedenen Ehefrau aus sämtlichen Knopflöchern! Die meisten ihrer Freundinnen waren entweder längst verheiratet oder hatten schon ihre Erfahrungen gemacht, heimlich natürlich. Sogar die fette, hässliche Hildegard, die auch! Und sie, Johanna, war die ewig Versprochene, die von nichts eine Ahnung hatte. Die sich nach Liebe verzehrte, so voller Sehnsucht war und voller Neugier. Nein, heute Abend galt es! Einmal musste es sein, und sie würde alles auf eine Karte setzen!
    Gestern,

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