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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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der Bluse wie unabsichtlich ein bisschen weiter auf.
    »Hier.« Hans war wieder da und hielt ihr ein kleines Päckchen hin. »Weil du mir doch in den nächsten Tagen den Haushalt führst.«
    Sie öffnete das Geschenk – es war eine flauschige Hasenpfote, wie man sie zum Entfernen von Spinnennetzen benutzte. Das ist halt mein Hans, dachte sie, praktisch wie immer. Ein anderer hätte ein Haarband geschenkt oder ein Spitzentüchlein … »Danke«, flüsterte sie und schmiegte sich an ihn. Dann griff sie nach ihrem Glas. »Zum Wohlsein, Liebster.« Er trank.
    Erst redeten sie noch ein Weilchen, dann nahm Johanna all ihren Mut zusammen, setzte sich auf seinen Schoß und kraulte ihn im Nacken.
    »Du riechst gut«, flüsterte er und zog sie an sich.
    »Nach Zucker und Zimt. Und Honig vom Wein.« Sie prostete ihm noch einmal zu, und er trank sein Glas leer. Langsam zog sie die Schleife auf, mit der sein Hemd am Hals gebunden war. Er sah sie ein bisschen erstaunt an, dann küsste er sie schon etwas stürmischer als vorher. Seine Hände begannen zu wandern. Es wirkte! So weit sind wir schon öfter gewesen, dachte Johanna. Aber diesmal hörst du mir nicht auf!
    Irgendwann löste sie ihr Haar, nestelte das Mieder auf. Und dann hob sie langsam ihre Bluse über den Kopf und ließ sie zu Boden fallen.
    Hans vergrub das Gesicht zwischen ihren Brüsten und ließ seine Finger über ihren nackten Rücken wandern. Endlich stand er auf und zog sie mit nach oben in seine Schlafkammer.

    Später lag sie neben ihm und hätte am liebsten geheult. Es hatte doch so schön begonnen! Gestreichelt hatte er sie überall, geküsst, gekitzelt und geneckt. Hör nicht auf, hatte sie gedacht, mach weiter, Liebster. Sie hatte schon damit gerechnet, dass es beim ersten Mal wehtat, das wusste sie von den anderen Mädchen. Aber dass er ihr einfach den Rock hochschob und sich so schnell an ihr befriedigte, dass sie das Gefühl hatte, es könne doch nicht schon vorbei sein – da fielen alle ihre schönen Vorstellungen in sich zusammen. Eigentlich hatte sie gedacht, dass Frauen dabei auch Empfindungen haben müssten. Oder lag es womöglich an ihr, dass sie es nicht genossen hatte? Hans hatte ihre Enttäuschung nicht bemerkt, er hatte sich zufrieden von ihr weggedreht und war im Nu eingeschlafen. Sie spürte die Feuchtigkeit zwischen ihren Schenkeln und den Schmerz, und sie bereute grenzenlos, was sie getan hatte. Wenn das die Liebe war, dann konnte sie gut darauf verzichten. Sie schluckte, um den Kloß im Hals loszuwerden. Und dann kam ihr Cornelius in den Sinn, die Berührung seiner Hände, als er sie auf sein Pferd gehoben hatte. Da hatte mehr in ihr gebrannt als alles, was Hans heute in ihr entfacht hatte.
    Sie stand auf und ging hinunter in die Küche. Mit einem Lumpen und ein bisschen Wasser wusch sie sich, dann zog sie sich an. Am Ende hängte sie sich ihren Korb über den Arm und verließ fluchtartig das Haus. Draußen schien der Mond hell durch die Nachtwolken, und ein kalter, herbstlicher Windstoß blähte ihren Rock. Sie huschte lautlos durch die schlafende Stadt, immer auf der Hut, damit sie niemandem begegnete. Die Tränen liefen ihr dabei übers Gesicht, und sie wünschte sich ganz weit weg, fort aus dieser Stadt, fort von diesem Mann, dem sie versprochen war.

Hinterhaus der Apotheke, in derselben Nacht
    Als Johanna heimkam, brannte in dem kleinen fachwerkenen Stadel beim Apothekersgarten noch Licht. In dem einzigen Raum, der Mariele, ihrer Mutter und ihrem Großvater als Wohnung diente, saßen alle drei um den Tisch wie an jedem Abend. Nur die Reichen konnten sich leisten, früh schlafen zu gehen, die Armen mussten noch bis in die späten Stunden arbeiten. Ein rußendes Talglämpchen verbreitete spärliches Licht, das von einer wassergefüllten, gläsernen Schusterkugel schwach reflektiert wurde. Eine kleine Insel des Lichts inmitten der Dunkelheit. Die Gesichter der kleinen Familie erschienen blass in dem milchig flackernden Schein. Es roch bitterlich und ranzig, weil sich die Reußens nur das billigste alte Hammelfett vom Schlachter als Brennstoff leisten konnten.
    Marieles Mutter nähte Leder- und Fellreste zusammen, die sie beim Gerber mitnehmen durfte. Aus den Flicken entstanden kleine Beutel, Täschchen, Fäustlinge, Kindermützen und was der Reußin sonst noch einfiel. Die Sachen verkaufte sie nebenher und verdiente damit eine Kleinigkeit dazu. Das gab einmal ein Stückchen Fleisch oder eine süße Honigwabe für den Sonntag, wenn

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