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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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einmal ans Bier geraten war.
    »Ihr Herren, habt doch ein Einsehen.« Marieles Mutter zog einen der beiden Stadtknechte flehentlich am Ärmel. »Er ist doch bloß ein alter, einfältiger Mann, ganz arm und schwach.«
    »Sei still, Weib«, knurrte der jüngere der beiden Einholer, wie man sie inzwischen nannte. Sein rundes Mondgesicht war über und über mit braunen Flecken gesprenkelt, als habe er zu nah bei einer Kuh mit Durchfall gestanden. »Wir haben Befehle, und die führen wir aus.«
    »Wo bringen sie den Großvater denn hin?« Das war Mariele, die ängstlich an der Schürze ihrer Mutter hing.
    »Ins neue Malefizhaus führen wir ihn.« Der ältere Büttel zwinkerte ihr zu. »Da wird er der erste Gast sein.«
    »Kann ich ihn da besuchen?«
    Die beiden Stadtknechte brüllten vor Lachen. »Den siehst du erst wieder, wenn er beim Schwarzen Kreuz auf dem Holzhaufen sitzt«, grölte der Sommersprossige. Mariele fing an zu weinen.
    Jetzt hielt es Johanna nicht mehr. »Du solltest dich schämen, Paulus Preißinger, mit einem Kind so zu reden.«
    »Pah! Am besten gleich mitverbrennen! Soll ich wohl auch noch freundlich zu dieser Hexenbrut sein?« Preißinger sah die Apothekerstochter böse an.
    »Wenn du nicht willst, dass ich deiner Mutter beim nächsten Kirchgang erzähle, wie viel Schnaps du jede Woche in der Apotheke kaufst und versäufst, ja!« Johanna wurde richtig zornig.
    »Lass gut sein. Streit nützt ja doch nichts.« Thea legte ihre Hand auf Hannas Unterarm.
    »Genau«, brummte der ältere Stadtknecht. »Komm, Alter, mach keine Schwierigkeiten, wir wollen gehen.«
    Reuß ließ sich widerstandslos von den beiden Bütteln wegziehen, grenzenloses Erstaunen im Gesicht. »Was soll denn der Teufel von einem alten Hupfer wie mir wollen?«, murmelte er verzweifelt vor sich hin. »Ich bin doch bloß ein Spielmann … «

    Inzwischen waren auch Abdias Wolff und Cornelius aus der Apotheke herbeigeeilt. Stumm sah das kleine Grüppchen zu, wie der Alte abgeführt wurde. Mariele weinte immer noch. Toni tat die Kleine so leid, dass er zu ihr hinging und ihr etwas ungeschickt den Arm um die mageren Schultern legte.
    Johanna war die Erste, die wieder Worte fand. »Maria«, sagte sie, »vielleicht ist das alles ein Missverständnis. Wirst sehen, es klärt sich alles auf.«
    Die Reußin schüttelte müde den Kopf. »Er soll den Hexen beim Tanz aufgespielt haben. Auf dem Dachboden vom Kanzler Haan.«
    Cornelius nahm seine Doktorshaube ab und fuhr sich durchs dunkle Haar. »Reußin, habt Ihr jemand außerhalb der Stadt, wo Ihr hingehen könntet? Wenn Euer Vater unter der Folter Namen nennt … «
    Maria Reuß funkelte ihn zornig an. »Mein Vater mag ein Säufer sein, Doktor Weinmann, aber niemals, niemals würde er mich oder das Mariele beschuldigen. Eher stürzt der Himmel ein. Nein, wir gehen nirgendwohin. Wir bleiben hier und warten, bis er wieder entlassen wird.«
    »Schon gut, schon gut.« Abdias Wolff klopfte der Reußin sanft auf die Schulter. »Wenn Ihr Hilfe braucht, sagt Bescheid. Und bringt Eurem Vater eine Decke und warme Sachen ins Gefängnis. Sie geben ihnen dort nichts.«
    Aus den Lebenserinnerungen der Dominikanernonne Anna Maria Junius zu Bamberg, niedergeschrieben im Jahr 1652
Item im ersten Jahr der Druden hatt man über hundert verprennt vorm Langgasserthor. Als es ging auf Weihnachtten anno 27 zu, da waren große Angst und vil Jammern in der Stadt. Der lezte Brandt im Advent war bei Schnee und Eis; es war solche Kältt, daß die Richter und Schöffen nah anß Feuer heran rückten, um sich zu wärmen. Sieben Druden und Zaubrer hat man gerichtet, die Namen hab ich vergeßen. Nur einen nit: Nemlich als die Hexen auf der Brandstat angekettet warn, hat man flugs den Leichnam des Cantzlers herbey getragen, ohne Kopff. Unßer liber Herr Fürßt Bischoff hat ime die Gnad gewährt, zuvorn durch daß Schwertt zu sterben. Der Hencker hatt den toten Leib des Georg Haan zwischen die Druden gelegt. Alß das Feuer angezündt, kam noch ein Knecht gerennt, der trug den Kopff, den hat man nachgeworffen in die Gluth.
Item das war eine Weihnachtt, an der hat sich niemands freuen können. Und auch das Newe Jahr hat begonnen ohne das groß Freuden-Feuer auff dem Grünen Markt, und ohne Schnurrpfeifferey. Weiln keiner mehr ein Feuer sehn wollt, und weiln es in der Stadt keine Pfeiffer mehr gab, die warn alle schon tot oder auff und davon.
Item um dieße Zeitt hat sich mercken lassen, daß die Leutt sich anders gefürchtet haben

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