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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Mariele unter die Decke. Während der Alte gleich zu schnarchen anfing, lauschten die Kleine und ihre Mutter noch lange mit weit offenen Augen den Geräuschen der Nacht. Irgendwann war die Müdigkeit größer als die Angst, und sie schliefen beide ein.

    Am nächsten Morgen fand man den Narben-Veit tot in der Lämmleinsgasse. Mit seinem Stock hatte er einen Drudenfuß in die aufgeweichte Erde gegraben, und seine linke Hand umklammerte noch den Papierfetzen mit den sieben letzten Worten Jesu am Kreuz, den er in einem Säckchen um den Hals trug. Seine Augen standen weit offen, in ihnen lag ein Ausdruck unsäglichen Schreckens. Die wilde Jagd hatte ihn geholt.

Mohrenapotheke, am nächsten Tag
    Gott, Hanna, es tut mir so leid.« Hans Schramm stand verlegen vor seiner Verlobten in der guten Stube. Mit einer fahrigen Bewegung strich er ihr über die Wange. »Es war meine Schuld. Das hätte nicht geschehen dürfen, gestern Abend.«
    Johanna brachte es nicht fertig, ihm in die Augen zu sehen, und wusste auch gar nicht, was sie zu ihm sagen sollte. Schließlich murmelte sie: »Ist schon recht, Hans, du musst dir keine Vorwürfe machen. Und wir sind ja schon so lang miteinander versprochen … «
    »Darüber wollte ich grad mit dir reden.« Schramm setzte sich auf einen der geschnitzten Stühle. »Ich denke, es ist wohl an der Zeit, dass wir das Aufgebot bestellen.«
    »Du meinst …?« Johanna schloss die Augen. Das war es, was sie sich so lange gewünscht, worauf sie immer gewartet hatte! Endlich! Liebe, Hochzeit, ein eigener Hausstand, Kinder … Warum nur konnte sie sich jetzt nicht freuen?
    »Gleich nachher geh ich zum Pfarrer und kümmere mich um alles.« Schramm überlegte. »Dann könnten wir nach, sagen wir, drei Monaten, die Feier halten.«
    Johanna brachte keinen klaren Gedanken zustande. Drei Monate, das war ja schon im Februar. Fastnacht. Am liebsten wäre sie aus der Stube gerannt.
    »Hans, ich … eigentlich … das kommt auf einmal so plötzlich«, stotterte sie. »Jetzt, wo die Thea grad aus dem Haus ist und der Vater bloß noch mich hat. Ich muss mich erst umtun, wer ihm dann den Haushalt führt und in der Apotheke hilft. Und weißt du, ich hab mir immer gewünscht, dass wir an Mutters Todestag heiraten. Weil es doch ihr größter Wunsch war … «
    Er dachte nach. Die Wolffin war damals im Juli gestorben, wenn er sich recht erinnerte. »Na, dann heiraten wir halt im Sommer, wenn’s dir lieber ist. Da ist noch genug Zeit für alles, und wir müssen ja wirklich nichts übers Knie brechen, hm?«
    Johanna nickte.
    »Aber das Aufgebot bestell ich trotzdem. Damit alles seine Ordnung hat. Außerdem muss ich sowieso in die Kirche, das Seelgerät für meinen toten Onkel halten lassen. Sonst bringt mich die Tante um, wenn ich’s vergesse.« Er stand auf und küsste Johanna auf die Stirn. »Kommst du heut Abend?«, fragte er vorsichtig. »Ich versprech dir auch … «
    Johanna legte ihren Zeigefinger über seine Lippen. »Ist schon gut, Hans. Natürlich komm ich.«
    Als er gegangen war, musste sie sich erst einmal hinsetzen. Ich hab’s so gewollt, dachte sie sich, ich hab’s drauf angelegt. Und jetzt ist’s nicht mehr zu ändern. Etwas Schweres legte sich auf ihr Herz. Die letzte Nacht – so würde es dann wohl immer sein. Cornelius, klang etwas in ihrem Kopf, ach, Cornelius. Sie fühlte sich so unglücklich. Alles war irgendwie aus dem Lot. Was sollte sie nur tun? Verzweifelt versuchte sie, Ordnung in das Durcheinander ihrer Gedanken zu bringen
    Eine geschlagene Stunde saß sie so da, die Hände im Schoß, mitten in der guten Stube, und suchte nach einem Ausweg. Immer wieder kam sie zu demselben Ergebnis: Wie sie es auch drehte und wendete, sie und der Hans waren einander versprochen. Sie hatten ein Gelöbnis vor Gott getan. Die ganze Stadt wusste es. Es war unmöglich, diese Verlobung zu lösen. Manche Dinge konnte man nicht ändern. Gott hatte jeden an seinen Platz gestellt.
    Und dann beschloss sie, Cornelius nicht wiederzusehen. Es war die einzige Möglichkeit. Und ja, sie würde Hans Schramm heiraten, wie ihre Mütter es sich gewünscht hatten. Es war so bestimmt, und es gab keine andere Lösung. Wenn der Cornelius in die Apotheke kommt, hole ich in Zukunft den Vater, überlegte sie. Und sonst geh ich ihm aus dem Weg. Er muss mir einfach aus dem Kopf. Sie ballte die Fäuste, und dann stand sie auf.
    Sie würde ihrem Hans eine gute Ehefrau werden.

    Den restlichen Tag verbrachte Johanna damit, sich irgendwie

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