Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)
leidlich gut, mein junger Freund, nicht zuletzt dank Eurer Hilfe. Die kleine Beschwernis, unter der ich litt, Ihr wisst schon, hat sich, Gott sei’s gedankt, wieder gegeben. Man muss dem Teufel nur ein Schnippchen schlagen … « Er lächelte zufrieden und zwinkerte Cornelius gutgelaunt zu. »Aber Ihr seid nicht hier, um Euch nach meiner Gesundheit zu erkundigen, nicht wahr?«
Cornelius atmete einmal tief durch. »Nein, Herr.« Tapfer sah er seinem Gegenüber in die Augen. »Ich bin gekommen, um Euch an das Versprechen zu erinnern, das Ihr mir einmal gegeben habt.«
Die Augenbrauen des Fürstbischofs schnellten nach oben. »Ach so! Ja, natürlich, mein Bester, Ihr habt bei mir noch einen Wunsch frei. Nein, nein, das habe ich nicht vergessen. Also, frei heraus, was kann ich für Euch tun?«
»Eminenz«, begann Cornelius vorsichtig, »ich bitte nicht für mich selbst, sondern für jemanden, der mir viel bedeutet und mir über die Maßen wert und wichtig ist. Die Johanna Wolff von der Mohrenapotheke.«
Dornheim grinste. »Euer Liebchen, hm? Braucht Ihr eine schöne Mitgift für sie?«
Cornelius schüttelte den Kopf. »Nein, Eminenz, das ist es nicht. Ganz und gar nicht. Es ist … man hat sie vorgestern verhaftet. Sie sitzt im Drudenhaus.« Jetzt sprudelte alles aus ihm heraus. »Ich weiß sicher, dass sie unschuldig ist. Die Besagung ist ein Missverständnis. Ich habe sie auch bereits auf ein Hexenmal examiniert und nichts finden können. Der Doctor Vasold kann dies bestätigen. Auch sie selber erklärt, sie habe nie mit dem Teufel zu schaffen gehabt. Ich kenne diese Frau seit meiner Kindheit, Eminenz, und ich verbürge mich für sie. Nun bitte ich Euch: Lasst die Johanna Wolffin frei.«
Das Lächeln auf Dornheims Lippen gefror. »Unmöglich.«
»Ich habe Euer Wort, Eminenz.«
»Ihr wisst nicht, was Ihr da verlangt, Mann. Wir alle stehen im Kampf mit dem Teufel! Euch mag es um einen Menschen gehen, der Euch nahesteht, mir geht es um den Sieg des Himmels gegen die Hölle. Da kann ich mir keine Nachlässigkeiten leisten, kein Mitleid, keine Bevorzugungen.« Dornheims Gesicht war vor Ärger rot angelaufen. Dieser Arzt brachte ihn mit seinem Ansinnen in eine ganz unangenehme Zwickmühle. Schließlich war er ein Ehrenmann, und ein Ehrenmann hielt sein Wort. Und noch viel mehr: Ein Versprechen war etwas Heiliges, eine vor Gott gegebene Zusage. Aber er konnte mit der Einlösung dieses Versprechens doch nicht dem Höllenfürsten in die Hände arbeiten, indem er eine Hexe laufen ließ!
»Hört, Doktor Weinmann, wünscht Euch etwas anderes von mir. Ich kann Euch in dieser Sache nicht helfen. Ich kann Euch höchstens anbieten, ihr die Haft zu erleichtern und im Falle ihrer Verurteilung einen Gnadenzettel auf Tod durch das Schwert auszustellen.« Er machte eine Handbewegung, die ein Ende der Unterredung signalisierte.
Cornelius war noch nicht bereit aufzugeben. »Aber sie ist unschuldig, Eminenz.«
»Das sagen sie alle.« Der Fürstbischof drosch im Vorbeigehen mit der Faust auf seinen Schreibtisch. »Herrgott, wir können uns bei dieser Bedrohung nicht leisten, auf Einzelne Rücksicht zu nehmen. Lieber stirbt ein Unschuldiger auf dem Scheiterhaufen, als dass auch nur eine einzige Hexe ungestraft bleibt. Der Herr wird die Seinen erkennen.«
»Der Herr wird auch diejenigen erkennen, die ihr vor Gott gegebenes Wort brechen.«
Dornheim schwieg. Er sah zu den beiden Domherren hinüber, die ihr Gespräch unterbrochen hatten und seit einiger Zeit schon aufmerksam zuhörten. Die Kurien Sankt Hippolyt und Sankt Gangolf – beide auch zugegen, so erinnerte er sich, als er so leichtfertig sein Versprechen gegeben hatte. Es war ein Kreuz. Würde Gott ihn strafen, wenn er sein Wort nicht hielt? Dornheim konnte schon den Teufel lachen hören. Aber musste man Gott nicht mehr fürchten als den Teufel? Ja, dachte der Fürstbischof, im Zweifel muss man Gott gehorchen. Man muss das Gute tun, ohne das Böse zu fürchten. Er drehte sich mit einem Ruck wieder zu Cornelius um.
»Nun gut, Doktor Weinmann, Ihr habt gewonnen. Sei’s drum.« Mit grimmiger Miene setzte er sich hinter seinen Schreibtisch und klappte den Deckel des Tintenfasses auf. Er tauchte die Feder ein und schrieb: »Die Johanna Wolffin, angeklagt der Zauberei, ist unverzüglich und unbeschadet, unter Ablegung der Urfehde, aus dem Drudenhaus frei zu lassen. Sämtliche Protokolle sind zu tilgen.« Er unterschrieb und faltete das Blatt Papier zusammen. Dann drehte er die
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