Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)
geschriben, sie wöllten doch deßhalb sein Weib wiedrum verhaften. Da ist die Barbara Schwartzin in der Fastenzeyt in aller Herrgottsfrüh zum Malefiz Haus gangen und hat sich selbst bezichtigt. Zwei Wochen später wurd sie ins Feuer geschicket. Es hat Leutt gegeben, die hätten schwörn können, das Fewer hab dort, wo sie auf dem Scheitter-Haufen stand, heller geprannt.
Erst vill später hat man erfarn, dass der Ganswirt schon langk aus seyner Ehe neben naus gangen ist und mit seiner Schankmagd, der Mina, ein Winckel-Verhältnis gehabt. Diese Matz wird es wohl auch gewest seyn, welche die Schwartzin der Hexerey beschuldigt. Aber der Hergott ist gerecht, und unrecht Tath lohnet nit. Ein paar Jahr später haben die zwey, die nun ungestört ihren Gelüßten nachgehn konnten, ein Kindlein bekommen, das blöd war und ein schlimmer Krüppel. So ist Gottes Straf auf den Fuß gefolgkt und der alte Spruch hat sich wiedrum bewärt, der da heißet: Unrechte Lieb trägt faule Frucht.
Damalß, im Wintter auf das Jar 1629, begann es auch, daß in der Stadt die erßten Soldaten und Officire auftauchten, umb Landsknecht zu werben. Sie trieben sich auf den Märckten und in den Wirts-Häußern herumb, und warteten drauf, dass sich arme Bauernsöhn und welche vom Gesindel zum Krieg meldeten. Wenn sich aber der Mannsbilder nit genug meldeten, soffen sie manchen jungen Kerl mit vil Bier und Pranntwein untern Tisch. Ach, den Krieg, der damalß seit über 10 Jahrn nun schon andauerte, den hatt man zu Bamberg gantz vergeßen vor lauter Druden und Unholden. Und jetzo zogen manche Jünglingk in die Schlachthen, die weitter im Norden geschlagen wurden, und so fanden nit nur die Hexen daheimb den Todt, sondern auch die jungen Leutt in der Frembde. Späther, alß der Krieg aus war, das ist noch nit so langk her, sind dann diejenigen heimb gekommen, die das grosze Morden überlebt haben. Immer muß ich dabey an die Verse dencken, die der guthe Fritz von Logau über die abgedanckten Soldaten geschriben hat:
Würmer im Gewissen,
Kleider wol zerrissen,
wolbenarbte Leiber,
wolgebrauchte Weiber,
ungewisse Kinder,
weder Pferd noch Rinder.
Nimmer Brot im Sacke,
nimmer Geld im Packe
haben mitgenummen
die vom Kriege kummen.
Wer dann hat die Beute?
Eitel fremde Leute!
Ja so war es. Was der Hexen-Wahn Bamberg nit angethan hat, das hat späther der Krieg gemacht. Der hat Teufels Werck gar vollendet. Da haben vile, der Allmächtige mög es inen vertzeihen, Gott verflucht. Nit jeder ist ein Hiob, und der Mensch helt irgendwann das Leyd nit mer aus. Manch Mal ist es schwehr, zu glauben, daß einen der libe Gott nit verlässet. Und trotzdeme trägt er unß alle in Seiner Handt.
Schloss Geyerswörth, Dienstag nach Esto mihi,
16.Februar 1629
Es war Fastnacht, und obwohl die Angst immer stärker in der Stadt umging, oder vielleicht gerade deswegen, stürzten sich die Bamberger mit wilder Begeisterung in die Faschingsfeiern, die überall in den Wirtshäusern stattfanden. Man tanzte, sang und völlerte, als sei es das letzte Mal. Das Jungvolk lief nachts lärmend durch die Straßen, die Mädchen putzten sich so schön heraus wie nie, und die Burschen brachten ihren Angebeteten unter den Fenstern spöttische Ständchen dar und versuchten, in ihre Schlafkammern zu klettern. Schließlich war diese Zeit im Jahr die einzige, an denen Büttel und Nachtwächter ein Auge zudrückten.
Auch im Geyerswörth wurde gefeiert. Man hatte Hunderte von Kerzen angezündet, die das ganze Schloss in gleißende, flackernde Helligkeit tauchten. Im Festsaal saß alles, was Rang und Namen in der Stadt hatte, an langgezogenen Tafeln in der hinteren Hälfte des Raumes. Den übrigen Platz nahm die Tanzfläche für den traditionellen Fastnachtstanz ein; draußen auf dem Flur warteten schon die Musiker. Es roch nach Braten und Fisch, Zwiebeln, Brot und Kuchen, Süßem und Saurem. Die Gäste saßen satt und zufrieden auf ihren Bänken und sprachen über die Kunststücke der bunten Zigeunertruppe, die während des Banketts ihr Können zum Besten gegeben hatte. Jetzt wartete man auf die Schauspieler. Der Fürstbischof liebte Theater nach einem üppigen Mahl, man konnte dabei so schön ruhig verdauen und entspannen.
Dornheim saß mit etlichen Mitgliedern des Domkapitels ganz vorne an der Tanzfläche und genoss den Abend in vollen Zügen. Er war fest entschlossen, sich heuer die Stimmung nicht von Friedrich Förner verderben zu lassen. Der Weihbischof hatte, gemäß der
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