Die Seelenburg
entgehen. Sie mußte sich verstecken.
Und dafür kam nur der Kamin mit dem danach beginnenden Geheimgang in Frage.
Und der Gedanke war kaum in Janes Gehirn aufgeblitzt, als sie ihn schon in die Tat umsetzte. Sie zog den Kopf ein und tauchte in den Gang. Spinnweben kitzelten ihr Gesicht, streiften als dünne, kaum zu erkennende Geisterfinger über ihre Stirn, die Nase und die Wangen.
Jane hatte die Arme ausgestreckt, damit ihre Hände ein Hindernis ertasten konnten, falls ihr eins den Weg versperrte.
Zwei kleine Schritte, dann blieb die Detektivin stehen. Und es war ihr Glück oder ein Instinkt, denn sehr schwach nur entdeckte sie vor sich die Umrisse einer schmalen, nach unten führenden Treppe.
Jane kauerte sich zusammen.
Die Schritte waren noch immer zu hören. Allerdings jetzt im Zimmer, Jane traute sich nicht, vorzugehen und einen Blick in den Raum zu werfen. Man hätte sie zu leicht entdecken können, deshalb blieb sie in ihrer unbequemen Stellung hocken.
Der oder die Fremde ging im Zimmer auf und ab. Ansonsten hörte Jane Collins keine Reaktion. Der Eindringling mußte doch die Leiche oder die Reste des Echsenköpfigen gesehen haben, aber er kümmerte sich nicht darum.
Etwa eine Minute verging.
Jane Collins hielt den Atem an. Sie hörte ihr eigenes Blut im Kopf rauschen, das Herz schlug schneller. Sie war nervös und aufgeregt. Und dann geschah etwas, womit sie nicht gerechnet hatte.
Das offene Rechteck am Kamin verdunkelte sich plötzlich, ein quietschendes Geräusch ertönte, und im nächsten Augenblick wurde es dunkel. Der Eingang war verschlossen.
In völliger Finsternis blieb Jane Collins zurück.
Sie brauchte Sekunden, um den Schock zu überwinden. Dann regte sie sich, sie streckte die Arme abermals vor und untersuchte die den Eingang verschließende Klappe.
Sie bestand aus Eisen und rührte sich nicht, als die Detektivin daran entlang tastete. Luftdicht schloß sie mit dem Mauerwerk ab, und Jane fand auch keinen Kontakt oder irgendeinen Mechanismus, um die Klappe von innen zu öffnen.
Es blieb ihr nur eins.
Der Weg in die unbekannte Tiefe…
***
Wir waren in der Schweiz!
Wie auch Jane Collins landeten wir in Zürich und kletterten dort aus der Maschine.
Ich hatte meinen Einsatzkoffer mitgenommen und trug sonst nur Handgepäck. Kontrolliert wurden wir nicht. Sir James Powell hatte dafür gesorgt und einen Schweizer Kollegen angerufen, der sich wiederum mit dem Zoll in Verbindung setzte.
So hatten wir freie Bahn und stiegen in den telefonisch bestellten Leihwagen, der uns von Zürich zu unserem Ziel in den Graubündener Bergen bringen sollte.
Es war ein schneller BMW, mit dem wir über die Autobahn zischten.
Einen Plan hatte ich mir noch nicht zurechtgelegt, ich wollte an Ort und Stelle improvisieren.
Es war Nachmittag, als wir unser Ziel erreichten. Mich hatte die Landschaft fasziniert, aber leider waren wir nicht hier, um Urlaub zu machen.
Wir mußten einen gefährlichen Dämon jagen.
Nichts deutete in dem kleinen Ort darauf hin, daß hier einer der gefährlichsten Dämonen überhaupt sein grausames Zepter schwingen würde.
Alles war still, friedlich, und auch die Drachenflieger paßten in dieses Bild, die über dem weiten Tal kreisten und sich von den Winden tragen ließen.
Als ich die Drachenflieger sah, kam mir eine Idee. »Das könnten wir doch auch machen«, sagte ich zu Suko.
»Was?«
»In die Lüfte steigen.«
»Bist du denn schon geflogen?«
»Nein.«
»Dann würde ich es an deiner Stelle auch lassen, das ist nämlich sehr gefährlich.«
»Schade.«
»Wie kommst du eigentlich auf die Idee?«
»Wir müssen doch irgendwie die Burg erreichen, und ich dachte, als bruchlandender Drachenflieger wäre dies die beste Chance.«
»Eine Chance ist es schon«, gab Suko zu. »Nur erscheint mir der Aufwand zu gefährlich.«
Da hatte mein Freund recht. Es war auch nur eine Blitzidee von mir gewesen. Man mußte eben sämtliche Möglichkeiten in Betracht ziehen.
Außerdem mußten wir erst einmal wissen, wo sich die Burg befand, und da konnten uns die Einheimischen helfen.
Wir hatten den BMW am Ortseingang geparkt und sahen gegenüber eine Konditorei, an die auch ein kleines Café angeschlossen war. Ich schlug vor, dort hineinzugehen und einmal nachzufragen.
Suko war einverstanden.
Nur ein Tisch war besetzt. Daran hockte ein braunhaariger Mann, der eine Brille trug und in einer Tasse Kaffee rührte.
Er erwiderte freundlich unseren Gruß, als wir Platz nahmen. Der Chef, ein
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