Die Seelenburg
sich die schmale Tür, die sie vorhin schon gesehen hatte.
Auf dem breiten Gang regte sich nichts. Eine seltsame Stille herrschte auch hier.
Jane hörte ihr eigenes Herz klopfen. Es kostete sie wirklich Überwindung, die Hand auf die Klinke zu legen und sie langsam nach unten zu drücken.
Zum Glück gab es keinerlei Geräusche. Lautlos ließ sich die Klinke bewegen.
Jane öffnete die Tür gerade so weit, daß sie durch den Spalt schlüpfen konnte.
Dämmerlicht.
Der Raum hatte ein Fenster, dessen Scheibe zur Hälfte durch einen Vorhang verdeckt war. Deshalb fiel weniger Licht herein.
Rechts lag ihr Zimmer. Jane drehte den Kopf.
Im selben Augenblick wandte sich auch der unheimliche Beobachter um, und die Detektivin erstarrte.
Vor ihr stand ein Monster!
Der Blick des echsenköpfigen Wesens war starr auf Jane Collins gerichtet. Jane schaute sofort auf die kleinen kugeligen Augen, und sie wußte jetzt, vom wem sie beobachtet worden war.
Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. Plötzlich hatte sie Angst.
Dieses Wesen sah furchterregend aus. Von der Hüfte abwärts war es normal, aber der obere Teil des Körpers und vor allen Dingen der Kopf glich dem einer Riesenechse. Das breite, verschobene Maul klaffte auf, und Jane sah die beiden spitzen und gefährlichen Zahnreihen.
Die Hände konnte man mit dem Wort Pranken umschreiben. Sie hatten lange Nägel, die die Haut eines Menschen leicht aufreißen konnten. Was da vor der Detektivin stand, war ein wahr gewordener Alptraum.
Sie schluckte.
Der Echsenmensch sagte nichts, aber er reagierte trotzdem auf ihre Anwesenheit.
Er kam auf Jane zu.
Nicht schwerfällig, sondern gleitend und lautlos. Der dicke Teppich dämpfte die Schritte. Bevor er sich Jane zuwandte, griff er nach hinten und nahm einen Gegenstand in die Hand, der an der Wand gelehnt hatte.
Es war eine Lanze.
Jane schluckte. Ihre Augen suchten nach einem Ausweg. Sie wußte nicht genau, ob das Wesen sie töten wollte, aber es bedrohte sie, und das gab den Ausschlag für ihre Reaktion.
Jane Collins hob den rechten Arm. Sie brachte ihn in die Waagerechte, und dann zeigte die Mündung der mit Silberkugeln geladenen Astra auf das Echsenwesen.
Entweder ahnte es die Gefahr nicht, oder es wußte nicht Bescheid. Auf jeden Fall ging es weiter.
Und es hob den rechten Arm.
Keinen Augenblick zögerte Jane Collins. Es war ihr egal, ob man den Schuß hörte oder nicht. Das Ungeheuer vor ihr wollte sie töten, und Jane mußte ihr Leben verteidigen.
Der Klang des Schusses war irgendwie trocken und hörte sich nicht einmal besonders laut an.
Aber die Kugel traf.
Voll hieb sie in die Brust des Wesens. Janes Befürchtung, das Kaliber hätte nicht genügend Durchschlagskraft, erfüllte sich nicht. Die Silberkugel blieb stecken.
Das Monster wurde gestoppt Als würde es von einer Hand festgehalten und dann im Stehen durchgeschüttelt. Es begann zu zittern. Weit riß es das Maul auf, und aus der Wunde in der Echsenbrust quoll Rauch, der ätzend in Janes Nase stieg. Dann kippte das Echsenwesen um. Es schlug auf den Teppich, das Maul klappte zu, und das Wesen löste sich in einer gelbgrünen Rauchwolke auf, wobei es verendete.
Jane aber starrte auf das Monster und schüttelte sich. Die Wirkung der Silberkugel hatte ihr gezeigt, daß sie von einem dämonischen Wesen bedroht worden war. Unwillkürlich mußte sie wieder an die Schatten denken, von denen dieser Carlo Lei gesprochen hatte.
War Celine Wald vielleicht von so einem echsenköpfigen Monster umgebracht worden?
Dafür sprach viel. Wenn sie die Krallen ansah und an die Wunden dachte, gab es eigentlich keine andere Möglichkeit. Carlo Lei war zwar nicht auf nähere Einzelheiten eingegangen, doch die etwas verwaschene Umschreibung sprach für sich.
Ein Monster hatte Jane erledigt. Sie fragte sich natürlich, wie viele von ihnen auf dieser Burg noch herumliefen, und ihr Blick schweifte unwillkürlich durch den Raum.
Erst jetzt sah sie den vorgebauten Kamin.
Und sie entdeckte noch etwas.
Der Kamin hatte keine Rückwand, sondern nur ein rechteckiges Loch, durch das man klettern konnte.
Vor Jane Collins lag ein Geheimgang.
Als sie das begriffen hatte, hörte sie plötzlich draußen auf dem Gang Schritte.
Augenblicklich erstarrte die Detektivin. Sie rechnete damit, daß die Schritte vorbeigehen würden, doch das war nicht der Fall. Im Gegenteil, sie näherten sich der Tür, hinter der Jane lauerte.
Die Detektivin sah nur eine Chance, der Entdeckung zu
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