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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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diesem Moment geradewegs in den Hinterhalt hinein.
    Sie ist eine Hexe , ermahnte er sich. Sie kann selbst auf sich aufpassen.
    Es regnete jetzt heftiger, und die Böen waren so stark, dass Andovan kaum die Waffe ruhig halten konnte. Er atmete tief ein und richtete den Blick auf die Ziele vor sich. Auf diese geringe Entfernung müsste er mit der Armbrust ebenso leicht einen Menschen treffen können wie früher ein Reh. Aber dies waren keine Rehe. Andovan überlegte, ob es verwerflich sei, so bedenkenlos Menschen töten zu wollen, wie er früher Wild gejagt hatte, behielt aber sein Ziel unverrückbar im Visier. Was hatte ihn sein Vater gelehrt, als er noch ein kleiner Junge war: Wer mit königlichem Blut geboren wird, hat die Macht über Leben und Tod anderer Menschen. Und er hat diese Last auf sich zu nehmen, um sich des königlichen Bluts würdig zu erweisen.
    Bist du jetzt stolz auf mich, mein Vater? , fragte er sich mit einem Anflug von Heimweh. Wolltest du, dass ich auf diese Weise auf die Probe gestellt würde?
    Wieder schlug ein Blitz ein, diesmal so nahe, dass er ein Kribbeln auf der Kopfhaut spürte. Andovan sah, wie einer der Räuber die Hand hob, um seine Genossen zurückzuwinken oder ihnen Anweisungen zu erteilen, und wählte ihn als Opfer. Es war ein großer Mann mit schwarzem Haar, der unter seinem weiten Wollhemd möglicherweise einen Harnisch trug. Das sollte kein Hindernis sein. Andovan zielte auf seinen Hinterkopf und war sicher, auch unter diesen Umständen zu treffen. Nun brauchte er nur noch auf das Zeichen des Hauptmanns zu warten …
    In der Ferne grollte der Donner.
    Die Stimmen der Karawane kamen näher.
    Ein Wegelagerer hob die Hand und bedeutete seinen Männern, das Feuer zu eröffnen …
    … und ein Armbrustbolzen kam durch die Bäume auf ihn zugerast und traf ihn in den Rücken. Ein Dutzend weiterer Pfeile folgten. Andovan setzte den seinen genau ins gewählte Ziel, und das mit solcher Wucht, dass er den Schädel durchschlug und sich ins Gehirn bohrte.
    Das dachte er jedenfalls. In Wirklichkeit zersplitterte der hölzerne Pfeil, sobald er den Mann berührte, als wäre er gegen einen undurchdringlichen Panzer geprallt. Der Mann fuhr herum, bevor die letzten Splitter zu Boden gefallen waren, und suchte nach dem Angreifer. Andovan duckte sich sofort, aber er spürte, dass mehr als nur Menschenaugen im Regengrau nach ihm suchten.
    Er hatte den Hexer der Wegelagerer gefunden.
    Die meisten Diebe waren von den ersten Pfeilen schwer getroffen worden, zwei lagen bäuchlings im Schlamm. Ein paar fuhren herum und schossen hinter sich ins Gestrüpp, aber die meisten suchten Deckung zwischen den Bäumen, sofern sie noch laufen konnten. Ein schwerer Fehler. Sobald sie ihre Verstecke verließen, waren sie für die Karawane zu sehen, und Urstis Männer, die darauf nur gewartet hatten, ließen ihre Pfeile fliegen. Andovan beobachtete, wie ein Mann mitten ins Herz getroffen und zurückgeschleudert wurde. Nur der, auf den er angelegt hatte, stand unverletzt und aufrecht im Hagel der Geschosse und suchte mit seinen schwarzen Augen, in denen der Hass glühte, die Büsche ab, während Pfeil um Pfeil an seinem magischen Schutzharnisch zerschellte. Jeder Pfeil, den er so zerstörte, kostete ihn einen Augenblick seines Lebens, dachte Andovan. Kein Wunder, dass er den Schützen suchte, der ihn in solche Bedrängnis brachte.
    Und dann hatte er Andovan entdeckt. Die Sträucher, die sie voneinander trennten, schienen sich in nichts aufgelöst zu haben. Ein grellweißer Blitz zuckte über die Lichtung, aber diese furchtbaren schwarzen Augen wichen nicht von dem Prinzen. Er sah den Mann flüstern und erkannte mit einem bangen Gefühl, dass der Hexer seine Macht für einen Angriff sammelte. Was hatte er ihm in seinem geschwächten Zustand entgegenzusetzen? In besseren Tagen hätte er sich in seiner Verzweiflung vielleicht auf ihn gestürzt, um ihn niederzuringen, bevor er seinen Zauber vollenden konnte, doch das war jetzt aussichtslos. Er wich zurück, suchte hektisch nach einem Versteck …
    Und da erschien sie .
    Sie hatte ihre Mütze verloren, und das rote Haar umstand ihren Kopf trotz des Regens wie eine Feuerkrone. Sie schritt zwischen den am Boden liegenden Dieben hindurch, als wären sie nicht vorhanden, und als einer von ihnen nach ihr schlagen wollte, wurde ihm der Arm mit solcher Wucht gebrochen, dass Andovan das Knacken hörte. Der Mann schrie schmerzlich auf, fiel zurück und hielt sich die verletzte

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