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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Gesetz.« Er begegnete Ramirus’ Blick, ohne auszuweichen. »Mein Bruder hat recht. Du hast zu lange gewartet.« Dann sah er Colivar an. »Doch was geschehen ist, ist geschehen. Nun müssen wir sehen, wie wir den Karren wieder aus dem Dreck ziehen. Aber wenn alles überstanden ist, sollten wir vielleicht Richtlinien erarbeiten, die sicherstellen, dass unsere Bruderschaft nie wieder in eine solche Lage gerät.«
    »Einverstanden«, sagte Colivar.
    »Wir müssen herausfinden, wer für den Zustand des Jungen verantwortlich ist«, überlegte ein Magister namens An-chi.
    »Vielleicht«, sagte Kellam leise, »ist es einer von uns.«
    »Nein.« Ramirus schüttelte entschieden den Kopf. »Als ich euch einlud, fragte ich jeden Einzelnen, ob er in den letzten zwei Jahren den Konjunkten gewechselt hätte, weißt du nicht mehr? Selbst wenn wir unterstellen, dass einige nicht wahrheitsgemäß geantwortet haben …« Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, »… kam keiner auch nur in die Nähe des fraglichen Zeitpunkts.«
    »Und wenn man schon lügt, verschiebt man die Translatio doch eher nach vorne«, überlegte Colivar.
    »Genau.«
    »Es ist also niemand von uns«, beendete Fadir die Debatte. »Und was schlägst du nun vor? Mit Hilfe der Macht die Verbindung aufzuspüren und den dingfest zu machen, der den Jungen auffrisst? Das ist unmöglich, und jeder weiß es. Wer versucht, einen Konjunkten zu verzaubern, läuft Gefahr, in die Verbindung hineingezogen und selbst aufgefressen zu werden. Eine verdammt schäbige Art, diese Welt zu verlassen, finde ich. Ich habe nicht vor, mein Leben so zu beenden.«
    »Angenommen, wir fänden ihn wirklich?«, fragte Del leise. »Ich denke nicht daran, wegen irgendeines Moratus einen Bruder zu töten.« Etliche Magister am Tisch grinsten höhnisch bei der Erwähnung derjenigen Menschen, die nicht die Macht hatten, ihr Leben selbst zu verlängern.
    »Ich auch nicht«, riefen mehrere andere im Chor.
    »Herrschaften!« Ramirus verschaffte sich mit fester Stimme Gehör. »Gerade deshalb habe ich euch doch zusammengerufen. Ich dachte, wenn sich die größten Geister, die jemals das Athra beherrschten, gemeinsam um eine Lösung bemühten, würden sie vielleicht eher fündig als ein Einzelner.«
    Hinter den dicken Mauern war gedämpft eine Glocke zu hören.
    »Mir scheint, das Essen steht bereit. Ich würde sagen, wir stärken uns, dann ziehen wir uns zurück, und morgen früh kommen wir wieder zusammen, um uns auszutauschen und gemeinsam einen Ausweg aus dieser unerfreulichen Lage zu suchen.«
    »Deine Diener arbeiten unglaublich schnell«, bemerkte Colivar. »Setzt ihr jetzt auch schon in der Küche Hexen ein?«
    Ramirus sah ihn an. Von den verschiedenen Gefühlen, die in seinen Greisenaugen glitzerten, war die Verachtung am deutlichsten. »Ich habe schon im Voraus anrichten lassen. Was dachtest du denn?« Er schüttelte den Kopf und schnalzte leise mit der Zunge. »Du solltest mich nicht unterschätzen, Colivar. Eines Tages steht vielleicht mehr als nur ein Abendessen auf dem Spiel.«
    Die Nacht war warm und windstill, aber nicht unerträglich schwül. Die beiden Monde standen an entgegengesetzten Enden des Himmels und beschienen den Markplatz, wo sich Huren und Nachtschwärmer wie üblich bis Tagesanbruch tummeln würden. Ein gewöhnlicher Mensch konnte vom Palast aus zwar nicht so weit sehen, aber für einen Magister war es ein Leichtes, seine Augen entsprechend zu schärfen.
    Ramirus stand an der Festungsmauer und starrte in die Dunkelheit hinaus. Colivar beobachtete ihn zunächst von Weitem, dann löste er sich aus den Schatten des Ostturms und ging mit festen, deutlich hörbaren Schritten auf ihn zu. Der weißhaarige Magister nickte leicht, dreht sich aber nicht um.
    Colivar stellte sich in respektvollem Abstand an die Mauer und schaute ebenfalls über die Landschaft. Von hier oben hatte man einen weiten Blick, in den Wäldern um den Palast tanzten die Schatten, und vom Marktplatz drangen leise die Stimmen der letzten Zecher herauf. Der fremde Geruch des Waldes stieg ihm satt und schwer in die Nase. Regen hatte im Süden Seltenheitswert, und Denkmäler aus behauenem Stein waren ihm vertrauter als dieser wild wuchernde Dschungel. Er wusste noch nicht recht, was er davon zu halten hatte.
    Da Ramirus offensichtlich nicht daran dachte, ihn anzusprechen, ergriff er das Wort. »Weißt du, was man im Süden über dich sagen würde? ›Er setzt seiner Familie Kamelmist vor.‹«
    Ramirus warf ihm

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