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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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tanzen zu lassen. Aber diese Stellung ist an Bedingungen geknüpft, man hat sich verpflichtet, den Befehlen des Königs zu gehorchen und ihm alle Wünsche zu erfüllen, solange sie nicht gegen das Magistergesetz verstoßen.
    Das Gesetz zieht hier natürlich Grenzen. Die Morati dürfen nicht erfahren, woher wir unsere Kräfte beziehen, sonst würden sie bis zum Letzten gegen uns kämpfen, und die Erde schwömme bald in ihrem Blut. Deshalb sind wir bemüht, unsere Macht niemals so einzusetzen, dass damit die Aufmerksamkeit auf unser Geheimnis gelenkt würde, und genau das wäre der Fall, wenn in einer einzigen Nacht zu viele Konjunkten stürben. Deshalb halten wir uns beim Gebrauch unserer Macht sehr zurück und schieben den Königen gegenüber andere Gründe vor. Ist das nicht widersinnig? Denn wenn das Gesetz nicht wäre, könnten wir mit einer Handbewegung alles erreichen, was wir begehrten, und bräuchten keinen König mehr.«
    Er schüttelt den Kopf, während er an jene Nacht zurückdenkt.
    »Ich hätte Nein sagen können. Doch ich tat es nicht.
    Ich forderte ihn nur auf, alles bereitzustellen, was er bräuchte, um das Schauspiel ohne meine Hilfe zu inszenieren. Er dachte, ich wollte mich seinem Befehl widersetzen, und wurde wütend, dabei war ich nur bestrebt, möglichst viel ohne Magie zu bewirken, um den Aufwand niedrig zu halten. Schließlich ließ er von den Meistern dieser Kunst doch das prächtigste Feuerwerk vorbereiten, das mit königlichem Gold zu kaufen war, hörte aber nicht auf, über die Kosten zu klagen.
    Ich hätte ihm sagen müssen: Gold ist billig, Menschenleben sind teuer , aber das konnte ich nicht. Er hätte meine Gründe nicht verstanden, und so erklärte ich ihm, es wäre Magisterbrauch, für einen König nichts zu tun, was er auch selbst vollbringen könne.
    Die Spannungen waren stark in jenen Tagen, er ließ seinem Zorn freien Lauf, ich erfand immer neue Ausflüchte. Ich weiß noch, dass ich Zweifel bekam, ob es richtig gewesen war, diese Stellung anzunehmen. Ob die Annehmlichkeiten am Hof eines Königs ihren Preis wohl wert wären.
    Dann war es so weit. Es gab einen Sieg zu feiern, und die Menschen drängten sich auf den Straßen der Hauptstadt. Auf jedem halbwegs stabilen Dach standen mehr Zuschauer, als es eigentlich fassen konnte, und ich gestehe gern, dass ich immer wieder einen Dachstuhl magisch verstärkte, wenn ich befürchtete, er könnte zusammenbrechen. Aus den entlegenen Teilen des Reiches hatten sich mehrere Magister eingefunden, die für die Unterhaltung der vornehmen Gäste sorgten, während ich meine Vorbereitungen traf. Ich weiß noch, wie mich jeder mit Adleraugen beobachtete, denn ich wusste, dass mich ein jeder von ihnen gern von meinem Platz verdrängt hätte, sei es, weil er die Stellung aufrichtig begehrte, oder auch nur zum Zeitvertreib.«
    »Zum Zeitvertreib?«, fragt sie.
    Sie unterbricht ihn nicht oft. Aber er spürt hinter ihrer Frage den brennenden Wunsch, dieses fremde Gebilde mit dem Namen Magistergesellschaft zu verstehen. Dabei ist die Bezeichnung schon ein Widerspruch in sich , denkt er; der Ausdruck beschwört eine Geschlossenheit unter Männern, die einander so herzlich misstrauen, dass sie nur dann zur Zusammenarbeit bereit sind, wenn es gilt, ihr großes Geheimnis zu wahren.
    Bald , denkt er. Bald wird sie mich verlassen.
    »Wir haben außerhalb unserer eigenen Reihen keine nennenswerten Gegner«, erklärt er ihr. »Die Morati sind dank ihrer Sterblichkeit keine Bedrohung für uns, höchstens ein … Hindernis. Ein Magister braucht einen Morati-Widersacher nur auszusitzen. Er sucht sich eine andere Beschäftigung und wartet ein Jahrhundert, bis ihm durch den Tod der Sieg in den Schoß fällt. Wo ist da der Reiz? Wozu sollte man sich auf eine Konfrontation einlassen, wenn der Ausgang von vornherein feststeht?
    Und so ziehen die Jahrhunderte vorüber. Wir wissen, dass es ohne unser Großes Geheimnis keine Grenzen für uns gäbe und wir alles haben könnten, was wir wollen. Ein Konjunkt nach dem anderen bezahlt für unsere Macht mit seinem Leben, und wir werden kalt und verlieren unsere Menschlichkeit, denn ein Magister, der zu sehr Mensch bleibt, geht an seinem eigenen Mitgefühl zugrunde. Am Ende zählt eigentlich nichts mehr außer den Männern, die das Geheimnis mit uns teilen, die gleiche Macht besitzen und unter der gleichen dumpfen Unruhe leiden.
    Sie waren also gekommen, Brüder und Rivalen in einer Person, und mir war klar, dass jeder Einzelne

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