Die Seelenkriegerin - 3
belegt, überall lagen Kissen verstreut, und die schweren Wandbehänge vor den glatten Steinwänden deuteten Zeltbahnen an. Colivar war sich nie ganz sicher gewesen, ob Farah diesen Stil tatsächlich schätzte oder lediglich erkannt hatte, wie wertvoll es war, sich vor seinen Untertanen mit dem Nimbus des Wüstenherrschers zu umgeben. Die wilden Stämme des Südens boten viel Stoff für Mythen, umso mehr, als kaum ein Anchasaner jemals einen ihrer Krieger leibhaftig zu Gesicht bekommen hatte. Wenn Farah sein Wüstenerbe hervorkehrte, wurde er selbst zu einem Teil dieses Mythos. Dadurch gewann er in diplomatischen Kreisen an Gewicht und verdarb seinen Konkurrenten die Lust an Drohgebärden: Mit einem Wüstenhäuptling legte man sich nur an, wenn man selbst ein Schwert in der Hand hielt und bereit war, sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Kaum hatte sich Farah auf einem Stapel reich bestickter Kissen niedergelassen und sein langes Gewand um sich gebreitet, als sich auch schon ein halbes Dutzend Frauen in verschiedenen Stadien der Entkleidung zu ihm gesellten. Jede stammte aus einer anderen Provinz seines Reiches, und von der jungen Göttin mit dem Bronzeteint des sonnenverwöhnten Deltas bis zur langbeinigen kohlrabenschwarzen Verführerin waren sämtliche Hautfarben vertreten. Natürlich waren sie alle wunderschön, und ihre Garderobe, eine Kombination aus blitzenden Juwelen und hauchdünner Seide, überließ nicht viel der Phantasie. Auch das war ein Brauch der Wüste, eine Machtdemonstration, die kein Anchasaner missverstehen würde: Du kannst begehren, was mein ist, aber wage nicht, es ohne meine ausdrückliche Erlaubnis zu berühren.
Natürlich hätte Farah seinem Magister keine Frau verweigert, die dieser begehrte. Sobald sich der Magister seinerseits auf einem Kissenstapel niedergelassen hatte, bedeutete der König des Südens auch gleich Safya, einer seiner Lieblingssklavinnen, sich um ihn zu bemühen. Einem geschätzten Diener die eigene Ehefrau oder eine Dienerin zu überlassen, war in der Wüste ebenso selbstverständlich wie das gemeinsame Brotbrechen, und Safya war dem Magister schon früher gefällig gewesen. Heute stand Colivar jedoch nicht der Sinn nach solchen Freuden.
Der Eunuch trat ein und stellte ein Tablett mit Brot und Oliven zwischen die beiden; der feste Laib kam frisch aus dem Ofen, und sein Duft erfüllte den Raum wie edles Parfüm. Farah brach sich selbst ein Stück ab und reichte dann den Laib an Colivar weiter. Der folgte seinem Beispiel. Erst als beide einen symbolischen Bissen gegessen und mit einem rituellen Schluck Bier hinuntergespült hatten, sprach Farah weiter.
»Ihr habt ein größeres Anliegen auf dem Herzen, wenn ich nicht ganz und gar verlernt habe, in Eurem Gesicht zu lesen.«
Colivar senkte ernst den Kopf. »Der Blick Eurer Majestät ist so scharf wie eh und je.«
»Hat es etwas mit den Seelenfressern zu tun, denen Ihr schon so lange nachjagt?«
Colivars Miene verdüsterte sich. »Ganz recht«, antwortete er ruhig. »Damit hat es zu tun.«
Der Magister starrte eine ganze Weile stumm in seinen Becher. Endlich sagte er leise: »Sosehr ich es bedauere, aber ich muss aus Euren Diensten scheiden.«
Farah zog scharf den Atem ein. »Habe ich Euch nicht gut behandelt? Verleihen Euch die Macht und der Ruhm meines Reiches nicht großes Ansehen, ein Ansehen, das Euch bei den Rivalitäten unter Euren Standesgenossen zugutekommt? Solche Dinge waren Euch früher einmal wichtig.«
»Mein Kontrakt mit Euch lässt wahrhaftig keine Wünsche offen. Ich bedauere sehr, Euch verlassen zu müssen.«
Farah lehnte sich zurück. Er wirkte ratlos und verärgert. Einen Magister von Colivars Reputation zu verlieren war keine Kleinigkeit, noch dazu, wenn im Norden ein Krieg drohte. »Ihr könnt von mir haben, was immer Ihr wollt, wenn es in meiner Macht steht, das wisst Ihr. Sogar meine Lieblingsfrau.« Er wies mit weit ausholender Geste auf die Frauen an seiner Seite, den prunkvollen Raum und das ganze riesige Reich jenseits davon. »Habe ich Euch jemals etwas verweigert?«
»Ihr wart immer die Großzügigkeit in Person«, sagte Colivar. »Ihr müsst mir glauben, dass ich diesen Entschluss von ganzem Herzen bedauere.«
Farah stöhnte enttäuscht auf. »Was treibt Euch denn eigentlich fort? Hat es etwas mit Euren Nachforschungen zu tun?«
Colivar presste die Lippen zusammen und nickte.
»Ihr wisst, dass Ihr kommen und gehen könnt, wie es Euch beliebt. So war es von Anfang an zwischen uns
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